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Informationsbrief März 2024

1 Verfassungswidrigkeit  der  Grundsteuerwertermittlung?

Infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Ermittlung der für die Grundsteuer maßgeblichen Grundstückswerte werden zum 01.01.2025 alle Grundstücke in Deutschland neu bewertet. Die Berechnung der neuen Grundsteuerwerte für Grundstücke erfolgt jedoch nicht bundeseinheitlich. Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen sowie die Länder Saarland und Sachsen haben die „Länderöffnungsklausel“ in Anspruch genommen und vom sog. Bundesmodell abweichende Regelungen geschaffen.

Das Bundesmodell steht im Verdacht, verfassungswidrig zu sein. Ein Finanzgericht hat in zwei Beschlüssen erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Bewertungsmethode geäußert. Das Gericht bean­standete insbesondere, dass die gewählte Regelung eine gleichheitswidrige Nivellierung der Grundstücks­bewertung bewirkt, die zu einer systematischen Unterbewertung hochwertiger Immobilien und zu einer systematischen Überbewertung von Immobilien mit schlechten Ausstattungsmerkmalen bzw. in schlechteren Lagen führt. Außerdem wurde das rechtmäßige Zustandekommen der Bodenrichtwerte wegen großer Daten­lücken bei deren Ermittlung angezweifelt. Inzwischen sind die Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig, sodass die weitere Entwicklung abzuwarten ist.

2  Veräußerung  von  Nachlassvermögen  nach  Erwerb  von  Anteilen  an  einer  Erbengemeinschaft

Gewinne aus der Veräußerung einer privaten, nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzten Immobilie sind regel­mäßig dann steuerpflichtig, wenn zwischen dem Erwerb und dem Verkauf nicht mehr als 10 Jahre liegen. Der Erbfall stellt grundsätzlich keinen entgeltlichen Erwerb und damit keine Anschaffung dar. Sofern die Veräußerungsfrist des Erblassers abgelaufen ist, liegt beim Verkauf eines geerbten Grundstücks somit kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vor.

Der Bundesfinanzhof hatte zu entscheiden, ob der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer (Mit-)Erben­gemeinschaft zu einer anteiligen Anschaffung eines zur Gemeinschaft gehörenden Grundstücks führt.

Beispiel:

A ist Mitglied einer aus 3 Erben bestehenden Erbengemeinschaft. A kaufte die Anteile der Miterben und veräußerte anschließend die zur Erbengemeinschaft gehörende Immobilie. Das Finanzamt besteuerte den Verkauf als steuerpflichtiges privates Veräuße­rungsgeschäft.

Dieser Auffassung ist der Bundesfinanzhof jetzt entgegengetreten. Ein steuerpflichtiges Veräußerungs­geschäft liegt nach Auffassung des Gerichts nicht vor, da das veräußerte Vermögen hierfür zuvor auch „ange­schafft“ sein müsse. Dies sei aber nicht der Fall. Der Kauf von Anteilen an einer Erbengemeinschaft stehe nicht dem anteiligen Erwerb der im Gesamthandsvermögen enthaltenen Wirtschaftsgüter gleich. Danach liegt kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vor.

3  Kinderbetreuungskosten nur bei Haushaltszugehörigkeit – Regelung verfassungswidrig?

Bei getrenntlebenden Elternteilen werden die Kinderfreibeträge grundsätzlich aufgeteilt. Das heißt, auch der Elternteil erhält den halben Kinderfreibetrag, bei dem das Kind nicht lebt.

Neben dem Kinderfreibetrag können bis zum 14. Lebensjahr des Kindes auch Aufwendungen für Dienst­leistungen zur Betreuung des Kindes steuerlich als Sonderausgaben berücksichtigt werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Das gilt nicht für Unterricht, Sport und Freizeitaktivitäten, aber z. B. für den Kindergarten. Abzugs­fähig sind 2/3 der Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro jährlich pro Kind. Der Sonderausgabenabzug setzt aber eine Haushaltszugehörigkeit des Kindes voraus, er kann also nicht von dem getrenntlebenden Elternteil geltend gemacht werden, auch wenn dieser seiner Unterhaltspflicht durch entsprechende Zahlungen nach­kommt. Der Bundesfinanzhof hatte darin keine unzulässige steuerliche Benachteiligung dieses Elternteils gesehen und die Regelung für verfassungsgemäß gehalten.

Gegen die Entscheidung des höchsten Finanzgerichts wurde jetzt Verfassungsbeschwerde eingelegt, sodass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten ist.

4  Vernichtung  von  Buchhaltungsunterlagen

Für Buchhaltungsunterlagen gelten bestimmte Aufbewahrungsfristen (vgl. § 147 AO). Im Jahresabschluss kann ggf. für die zukünftigen Kosten der Aufbewahrung dieser Unterlagen eine Rückstellung gebildet werden.

Mit Ablauf der gesetzlichen Fristen können nach dem 31.12.2023 insbesondere folgende Unterlagen vernichtet werden:

10-jährige Aufbewahrungsfrist:

  • Bücher, Journale, Konten usw., in denen die letzte Eintragung 2013 und früher erfolgt ist
  • Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen und Inventare, die 2013 oder früher aufgestellt wurden, sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Unterlagen
  • Buchungsbelege (z. B. Rechnungen, Bescheide, Zahlungsanweisungen, Kontoauszüge, Lohn- bzw. Gehaltslisten, Reisekostenabrechnungen, Bewirtungsbelege) aus dem Jahr 2013

6-jährige Aufbewahrungsfrist:

  • Lohnkonten und Unterlagen (Bescheinigungen) zum Lohnkonto mit Eintragungen aus 2017 oder früher
  • Sonstige Dokumente (z. B. Ausfuhr- bzw. Einfuhrunterlagen, Auftragsbücher, Frachtbriefe, abgelaufene Darlehensverträge, Versicherungspolicen) sowie Geschäftsbriefe aus dem Jahr 2017 oder früher

Aufzubewahren sind alle Unterlagen, die zum Verständnis und zur Überprüfung der Aufzeichnungspflich­ten von Bedeutung sind. Dies gilt sowohl für Unterlagen in Papierform als auch für Unterlagen in Form von Daten, Datensätzen und elektronischen Dokumenten; die Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung sind einzuhalten. Während des Aufbewahrungszeitraums muss der Zugriff auf diese Daten, die Lesbarkeit und die maschinelle Auswertbarkeit möglich sein.

Eingehende elektronische Rechnungen, Handels- und Geschäftsbriefe oder sonstige bedeutsame Dokumente sind in dem Format unverändert aufzubewahren, in dem sie empfangen wurden (z. B. im PDF- oder Bild­format); sie dürfen nicht vor Ablauf der Aufbewahrungspflicht gelöscht werden.

Werden Papierdokumente in elektronische Dokumente umgewandelt („gescannt“), muss das Verfahren dokumentiert werden, durch das insbesondere die inhaltliche Übereinstimmung mit dem Original sowie die Lesbarkeit und Vollständigkeit sichergestellt werden.

Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.

Die Vernichtung von Unterlagen ist allerdings dann nicht zulässig, wenn die Frist für die Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist (vgl. §§ 169, 170 AO).

Bei der Entscheidung über die Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen ist grundsätzlich auch zu prüfen, ob und welche Unterlagen evtl. als Beweise für eine spätere Betriebsprüfung bzw. für ein ggf. noch zu führen­des Rechtsmittel – trotz der offiziellen Vernichtungsmöglichkeit – weiterhin aufbewahrt werden sollten.

5  Verfassungsmäßigkeit  der  Säumniszuschläge

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2021 entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforde­rungen und -erstattungen in Höhe von 0,5 % pro Monat für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 ver­fassungswidrig ist. Bis zum 31.12.2018 gilt die Regelung dennoch fort, während der Gesetzgeber für Verzin­sungszeiträume ab 2019 zu einer Neuregelung verpflichtet wurde. Aktuell erfolgt diese Verzinsung mit 0,15 % pro Monat.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezog sich jedoch ausdrücklich nur auf die Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen, sodass Unsicherheit bestand, ob die Grundsätze dieser Ent­scheidung auch auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen, die bei verspäteter Zahlung einer fälligen Steuer entstehen, anzuwenden sind und die Festsetzung von Säumniszuschlägen damit gleichfalls verfas­sungswidrig ist.

Mit fünf aktuell veröffentlichten Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof jetzt – wohl abschließend – klargestellt, dass auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Säumniszuschläge bestehen. Dies gilt sowohl für Entstehungszeiträume bis zum 31.12.2018 als auch für Zeiträume ab 2019.

6  Geltendmachung  des  Pflege-Pauschbetrags

Ist eine Person pflegebedürftig, wird die Pflege in vielen Fällen zumindest teilweise von den Angehörigen übernommen, damit der Pflegebedürftige weiterhin zu Hause in seinem bisherigen Umfeld wohnen bleiben kann. Pflegende Angehörige wie z. B. Kinder oder andere pflegende Personen (wie z. B. der Lebenspartner), die ein enges persönliches Verhältnis zum Pflegebedürftigen haben, können hierfür im Rahmen der außer­gewöhnlichen Belastungen den Pflege-Pauschbetrag geltend machen.

Die Pflege muss unentgeltlich, in der Wohnung des Gepflegten oder in der des Pflegenden erfolgen; Hilfe durch einen ambulanten Pflegedienst ist hierbei unschädlich.

Bis einschließlich 2020 kam der Pflege-Pauschbetrag von 924 Euro lediglich bei der Pflege von Personen mit Pflegegrad 4 oder 5 bzw. hilflosen Personen (Merkzeichen H) in Betracht. Seit 2021 können bereits ab dem Pflegegrad 2 folgende Pflege-Pauschbeträge durch den Pflegenden geltend gemacht werden:

          bei Pflegegrad 2                                                          600 Euro

          bei Pflegegrad 3                                                        1.100 Euro

          bei Pflegegrad 4 oder 5 bzw. Merkzeichen H                1.800 Euro

Eine zumutbare Belastung wird nicht angerechnet. Erfolgt die Pflege durch mehrere Personen, ist der Pauschbetrag gleichmäßig auf die tatsächlich pflegenden Personen aufzuteilen.

Der Pauschbetrag kann auch mehrfach gewährt werden, wenn mehrere Personen wie z. B. beide Elternteile gepflegt werden.

Insbesondere bei der erstmaligen Geltendmachung oder einer höheren Einstufung wird ein Nachweis über die Pflegebedürftigkeit benötigt. Für die Geltendmachung des Pauschbetrags sind Angaben zum Pflegegrad, die Steuer-Identifikationsnummer des Pflegebedürftigen sowie ggf. Name und Anschrift der weiteren pflegen­den Person erforderlich. Die entsprechenden Unterlagen bzw. Angaben sollten vorab beschafft werden.

7  Erlass  von  Grundsteuer  wegen  Ertragsminderung

Ein Erlass von Grundsteuer wegen einer Ertragsminderung bei bebauten Grundstücken kommt nicht nur bei außergewöhnlichen und vorübergehenden Umständen in Betracht, sondern z. B. auch bei schwacher Mietnachfrage bzw. Unvermietbarkeit der Immobilie aufgrund der allgemein schwierigen Wirtschaftslage.

Der Erlass der Grundsteuer ist abhängig von der Minderung des Rohertrags (bei Mietwohngrundstücken die Jahresrohmiete); Voraussetzung ist eine Ertragsminderung von über 50 %:

Minderung des Rohertrags

Erlass

um mehr als 50 % bis 99 %

25%

um 100 %

50%

Ein Erlass kommt nur in Betracht, wenn der Vermieter die Minderung des Ertrags nicht zu vertreten hat. Bei einer leer stehenden Wohnung muss der Vermieter nachweisen, dass er sich nachhaltig und ernsthaft um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat.

Hierfür ist es notwendig, dass der Grundstückseigentümer versucht haben muss, den Kreis der möglichen Interessenten möglichst umfassend zu erreichen. Angesichts der weitreichenden Nutzung des Internets ist es im Regelfall erforderlich, dass eine Bewerbung leer stehender Immobilien über dieses Medium – und zwar auch in den einschlägigen Suchportalen – erfolgt.

Nicht ausreichend ist dagegen das Anbieten z. B. lediglich auf der Homepage des Vermieters oder des beauf­tragten Maklers.

Der Antrag auf Erlass der Grundsteuer für das Jahr 2023 ist bis zum 31.03.2024 zu stellen; die Frist kann grundsätzlich nicht verlängert werden (vgl. Abschn. 41 GrStR).

Quelle: Informationsbrief März 2024 Erich Fleischer Verlag