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Informationsbrief Oktober 2024

1 Aufzeichnungspflichten  beim  häuslichen  Arbeitszimmer

Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). In § 4 Abs. 5 EStG sind jedoch Betriebsausgaben aufgelistet, die den Gewinn nur zum Teil oder gar nicht mindern dürfen. Danach ist z. B. der Abzug von Aufwendungen für Geschenke ausgeschlossen, wenn ihr Wert pro Person und Jahr mehr als 50 Euro beträgt, bei der Bewirtung von Geschäftsfreunden sind nur 70 % der Auf­wendungen abzugsfähig und beim häuslichen Arbeitszimmer gelten besondere Abzugsbeschränkungen.

Auch wenn bei den genannten Betriebsausgaben die in § 4 Abs. 5 EStG festgelegten Voraussetzungen für den Abzug der Aufwendungen erfüllt sind, ist ein Betriebsausgabenabzug nur zulässig, wenn diese Aufwendungen „einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben“ aufgezeichnet werden (vgl. § 4 Abs. 7 EStG). Wird die Aufzeichnungspflicht nicht erfüllt, dürfen diese Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern.

Das Hessische Finanzgericht hat zu Aufzeichnungspflichten bei einem Arbeitszimmer im Rahmen der Ein­künfte aus selbständiger Arbeit Stellung genommen. Danach sind auch bei Gewinnermittlung durch Ein­nahmenüberschussrechnung die betrieblichen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer fortlaufend und zeitnah gesondert aufzuzeichnen. Das gilt auch für „Bagatellfälle“ bei Freiberuflern. Nach Auffassung des Gerichts genügte eine reine Belegsammlung, bei der die einzelnen Positionen erst im Folgejahr aufaddiert wurden, dieser Aufzeichnungspflicht nicht. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs bleibt abzuwarten.

Zu beachten ist allerdings, dass die hier angesprochene gesonderte Aufzeichnungspflicht nicht für die ab 2023 geltende Jahrespauschale für Arbeitszimmer und auch nicht für den Werbungskostenabzug (z. B. für ein Arbeitszimmer eines Arbeitnehmers) gilt.

2  Verlustausgleichsverbot  bei  Termingeschäften  verfassungswidrig?

Einkünfte aus Termingeschäften oder aus der Veräußerung eines als Termingeschäft ausgestalteten Finanz­instruments gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (vgl. § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG). Werden allerdings entsprechende Verluste erzielt, sind diese nur sehr eingeschränkt mit anderen Einkünften ausgleichsfähig (§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG). Eine Verrechnung ist nur mit Überschüssen aus anderen Termingeschäften, aus der Veräußerung eines als Termingeschäft ausgestalteten Finanzinstruments oder mit Überschüssen aus Still­halteprämien (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG) möglich; dabei ist der Ausgleich auf 20.000 Euro beschränkt. Nicht ausgeglichene Verluste können vorgetragen, aber in Folgejahren auch nur bis maximal 20.000 Euro mit ent­sprechenden positiven Einkünften verrechnet werden. Darüber hinaus sind Überschüsse aus Termingeschäften auch nur eingeschränkt mit anderen Verlusten aus Kapitalvermögen verrechenbar.

Der Bundesfinanzhof hält diese Einschränkungen in einem vorläufigen Verfahren eventuell für verfassungs­widrig und hat Aussetzung der Vollziehung gewährt, zudem ist noch ein weiteres Verfahren in der Haupt­sache anhängig. Entsprechende Fälle sollten daher offengehalten werden. Die endgültige Entscheidung des Gerichts bleibt abzuwarten.

3  Kindergeld: Aufnahme einer erwachsenen schwerbehinderten Person in einen Haushalt

Für volljährige Kinder, die wegen einer Behinderung nicht in der Lage sind, sich selbst zu unterhalten und deren Behinderung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist, steht den Eltern weiterhin Kindergeld oder der Kinderfreibetrag zu. Insbesondere nach dem Versterben oder der Pflegebedürftigkeit der Eltern kann sich die Situation ergeben, dass die Person mit Behinderung in einen anderen Haushalt als den elterlichen aufgenommen wird, wie in den eines Geschwisterteils, eines Pflegegeschwisterteils oder im Rahmen eines betreuten Wohnens in Gastfamilien. Der Pflegefamilie steht allerdings nur Kindergeld zu, wenn ein „Pflegekindschaftsverhältnis“ i. S. von § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG besteht; dies setzt ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Verhältnis voraus, und die Aufnahme in den Haushalt darf nicht zu Erwerbszwecken erfolgen. Das Vorliegen eines familienähnlichen Bandes bei Volljährigen ergibt sich jedoch nur bei Vorliegen besonderer Umstände.

Das Finanzgericht Münster hatte über das Vorliegen eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Fall des betreuten Wohnens in einer Gastfamilie zu entscheiden. Die Klägerin nahm eine schwerbehinderte Frau aus ihrem Bekanntenkreis auf; diese sollte für längere Zeit oder womöglich lebenslang in deren Obhut bleiben. Vor der Aufnahme wurde kein familienähnlicher Umgang gepflegt und keine Aufsichts-, Er­ziehungs- oder Betreuungsfunktionen wahrgenommen, sodass weder ein dem Eltern-Kind-Verhältnis vergleichbares Autoritätsverhältnis noch eine familienähnliche Beziehung bestand. Die umfangreiche Über­wachung, Anweisung und Unterstützung nach der Haushaltsaufnahme reichen für sich genommen nicht aus, um das erforderliche familienähnliche Band zu begründen. Somit kam ein Kindergeldanspruch nicht in Betracht.

4  Veranstaltung  zur  Verabschiedung  eines  Arbeitnehmers

Bei einer Veranstaltung des Arbeitgebers anlässlich einer Verabschiedung eines Arbeitnehmers, einer Dienst­einführung, eines Amts- bzw. Funktionswechsels oder eines runden Jubiläums geht die Finanzverwaltung bisher davon aus, dass die Aufwendungen des Arbeitgebers Arbeitslohn des Arbeitnehmers sind und der Lohnsteuer unterliegen, wenn die Aufwendungen mehr als 110 Euro (einschließlich Umsatzsteuer) je teil­nehmender Person betragen.

Hinsichtlich des Empfangs anlässlich eines runden Geburtstags eines Arbeitnehmers geht die Finanzver­waltung dagegen regelmäßig davon aus, dass es sich lediglich bei den Aufwendungen für den Arbeitnehmer selbst, seine Familienangehörigen und seine privaten Gäste um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelt, wenn diese 110 Euro je teilnehmender Person übersteigen.

Nach der Verwaltungsauffassung wird die erste Gruppe der Anlässe schlechter gestellt, obwohl diese im Ver­gleich zu einem runden Geburtstag eher einen betrieblichen Bezug haben. Vor dem Hintergrund dieser Unterscheidung hat das Niedersächsische Finanzgericht darüber entschieden, ob die Aufwendungen für eine Veranstaltung zur Verabschiedung eines Arbeitnehmers (hier: ein Vorstandsvorsitzender) bei diesem zu Arbeitslohn führen.

Die Arbeitgeberin hat als Einladende die Gästeliste bestimmt und den Empfang in den eigenen Geschäfts­räumen durchgeführt. Zudem stand der Zahl von insgesamt ca. 300 Gästen nur eine einstellige Zahl von privaten Gästen des verabschiedeten Arbeitnehmers gegenüber. Der Empfang stellte damit eine betriebliche Veranstaltung dar.

Die in den Lohnsteuer-Richtlinien vorgesehene Unterscheidung ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Entsprechend der dieser Regelung zugrunde liegenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für eine Veranstaltung zum runden Geburtstag des Arbeitnehmers kann nach Ansicht des Gerichts unter Berücksich­tigung der gleichen Grundsätze auch im Fall der Verabschiedung eines Arbeitnehmers eine betriebliche Veranstaltung vorliegen.

Danach waren im vorliegenden Fall (antragsgemäß) lediglich die auf den Arbeitnehmer und seine privaten Gäste entfallenden Aufwendungen als Arbeitslohn bzw. Sachzuwendung zu berücksichtigen, für die der Arbeitgeber die Pauschalversteuerung nach § 37b Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 EStG beantragt hatte.

5  Mindestpflegedauer  beim  Pflege-Pauschbetrag

Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Pflege einer anderen Person entstehen, können im Rahmen des § 33 EStG nach Abzug einer sog. zumutbaren Belastung steuerlich geltend gemacht werden. Stattdessen kann aus Vereinfachungsgründen auch der Pflege-Pauschbetrag in Anspruch genommen werden, wenn die Pflege entweder in der eigenen Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen persönlich durchge­führt wird.

Die Höhe des Pauschbetrags richtet sich im Wesentlichen allein nach dem Pflegegrad (vgl. § 33b Abs. 6 EStG):

bei Pflegegrad 2                                       600 Euro

bei Pflegegrad 3                                     1.100 Euro

bei Pflegegrad 4 oder 5                           1.800 Euro

Damit stellt sich die Frage, ob der Pauschbetrag auch dann in Betracht kommt, wenn nur geringfügige Pflege­leistungen erbracht werden. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage liegt nicht vor. Die Finanz­gerichte setzen allerdings voraus, dass ein gewisser Mindestumfang an Pflegeleistungen erbracht werden muss, um den Pflege-Pauschbetrag zu erhalten.

Das Sächsische Finanzgericht hat jetzt bestätigt, dass dafür mindestens 10 % der insgesamt erforderlichen Pflegeleistungen erbracht werden müssen.

6  Ertragsteuerrechtliche  Behandlung  von  Influencern

Influencer nutzen soziale Plattformen wie YouTube, Instagram oder TikTok zur Vermarktung eigener oder fremder Produkte. Sie erzielen dabei Betriebseinnahmen z. B. in Form von Provisionen, wenn ihre „Follower“ die hinterlegten Links zu Produkten kommerzieller und nichtkommerzieller Anbieter nutzen. Auch durch das Schalten von Werbung zwischen oder während der von den Influencern präsentierten Inhalte werden Einnahmen erzielt.

Ebenso führt der Verkauf eigener Produkte oder eine Beratungstätigkeit zu Einnahmen. Erhalten Influencer Produkte oder Dienstleistungen zur Verfügung gestellt, damit sie über diese berichten, handelt es sich eben­falls um Betriebseinnahmen und nicht etwa um Geschenke.

Einkommensteuerrechtlich sind die Einnahmen von Influencern regelmäßig bei den Einkünften aus Gewer­bebetrieb (§ 15 EStG) zu berücksichtigen; dies gilt insbesondere hinsichtlich der Werbeeinnahmen sowie für den Handel mit eigenen Produkten. Denkbar – aber in der Praxis eher selten – ist auch die Erzielung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit (§ 18 EStG), etwa durch eine beratende Tätigkeit als Influencer in einem im Gesetz ausdrücklich genannten Beruf mit entsprechender Ausbildung oder vergleichbarer Qualifi­kation oder durch eine schriftstellerische Tätigkeit, z. B. als Travel-Influencer.

Eine künstlerische Tätigkeit des Influencers, die zu Einkünften aus selbständiger Tätigkeit führen kann, liegt dagegen bei der Bewerbung von Produkten mangels ausreichenden Spielraums für die Entfaltung einer eigenen schöpferischen Leistung von künstlerischem Rang nicht vor.

Zu den typischen Ausgaben eines Influencers gehören u. a. die Kosten für ein Studio oder ein Büro und des­sen Ausstattung sowie Reisekosten. Sind die Reisekosten sowohl betrieblich als auch privat veranlasst und sind die getätigten Aufwendungen anhand objektiver Kriterien z. B. nach Zeitanteilen zu ermitteln, kann der betrieblich veranlasste Teil der Reisekosten als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Bei aufwendigeren Reisen muss abgewogen werden, ob die Aufwendungen im Verhältnis zur Größe und Bedeutung des Betriebs und im Hinblick auf die Reisedauer angemessen erscheinen.

Bei Berufsbekleidung gilt, dass nur Aufwendungen für typische Berufskleidung, die nicht auch zu privaten Anlässen getragen werden, als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig sind, während Aufwendungen für bürgerliche Kleidung, selbst wenn sie ausschließlich bei der Berufsausübung getragen wird, nicht als Betriebs­ausgaben abzugsfähig sind.

7  Adoptionskosten  keine  außergewöhnlichen  Belastungen

Entstehen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands, können diese im Rahmen des § 33 Abs. 1 EStG steuermindernd geltend gemacht werden. Zwangsläufig entstehen Aufwendungen, wenn man sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Bei Krankheitskosten geht der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sie zwangs­läufig in diesem Sinne erwachsen. Allerdings werden nur Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglich zu machen. Insoweit können Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung bei Empfängnisunfähigkeit einer Frau oder Zeugungsunfähigkeit eines Mannes Krankheitskosten darstellen.

Das Finanzgericht Münster hatte aktuell in einem Fall zu entscheiden, in dem ein ungewollt kinderloses Ehepaar nach mehreren gescheiterten Kinderwunschbehandlungen zwei Kinder adoptierte und die damit verbundenen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung geltend machte. Das Gericht hat unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entschieden, dass Adoptionskosten nicht als außer­gewöhnliche Belastung abziehbar sind.

Adoptionen sind mangels medizinischer Indikation keine Heilbehandlung und können einer solchen auch nicht gleichgestellt werden. Vielmehr sind sie in erster Linie Maßnahmen zur Begründung rechtlicher Ver­wandtschaftsverhältnisse, die auf dem freiwilligen Entschluss beruhen, Kinder anzunehmen. Ferner sind Adoptionskosten nicht zwangsläufig erwachsen. Der Entschluss zur Adoption beruht – auch nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung – auf einer eigenen, vom Willen getragenen freien Entscheidung, die ungewollte Kinderlosigkeit nunmehr durch die Adoptionen zu beenden. Diese Entscheidung war der individuellen Gestaltung der Kläger nicht entzogen, denn sie hätten sich auch gegen eine Adoption entscheiden können.

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, da der VI. Senat des Bundesfinanzhofs in einem Vorlage­beschluss an den Großen Senat angekündigt hat, Aufwendungen für eine Adoption als außergewöhnliche Belastungen anerkennen zu wollen.

Quelle: Informationsbrief Oktober 2024 Erich Fleischer Verlag