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Informationsbrief Oktober 2023

1 Steuerermäßigung  für  energetische  Maßnahmen  bei  Vereinbarung  eines  Vorbehaltsnießbrauchs

Seit 2020 können für energetische Maßnahmen an älteren, zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden (z. B. Wärmedämmung, Heizungsmodernisierung oder neue Fenster) Steuerermäßigungen geltend ge­macht werden. Diese betragen in den ersten beiden Jahren jeweils 7 % der Aufwendungen, höchstens je 14.000 Euro, und im dritten Kalenderjahr 6 %, höchstens 12.000 Euro, woraus sich eine höchstmögliche Steuerermäßigung von 40.000 Euro ergibt. Für ein Objekt können somit insgesamt Aufwendungen von bis zu 200.000 Euro berücksichtigt werden (vgl. § 35c EStG).

Für Eltern, die frühzeitig die Nachfolge regeln wollen und die Übertragung von Vermögen auf ihre Kinder planen, ist z. B. die Übertragung einer selbstgenutzten Wohnung gegen ein (dingliches) Nutzungs- bzw. Wohnrecht zugunsten der Eltern ggf. ein denkbares Modell.

Die Konstellation hat den Vorteil, dass die Kinder die Immobilie bereits übernehmen können, während die Eltern durch den Nießbrauchsvorbehalt gleichzeitig weiterhin z. B. Mieterträge erzielen oder (bis ans Lebens­ende) in „ihrer“ Immobilie wohnen bleiben können.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine derartige Gestaltung nachteilig sein kann, wenn nach der Übertragung energetische Maßnahmen an dem Gebäude durchgeführt werden sollen. Dabei kön­nen die Eltern die Steuerermäßigung nach § 35c EStG regelmäßig nicht in Anspruch nehmen, weil sie weder bürgerlich-rechtlicher Eigentümer noch wirtschaftlicher Eigentümer sind, was von der Finanzverwaltung derzeit gefordert wird.

Aber auch bei den Eigentümern (Kinder) kommt bei dieser Konstellation eine Steuerermäßigung nicht in Betracht, weil diese nur derjenige erhält, der das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken nutzt.

Sind derartige Übertragungen (mittelfristig) geplant, ist ggf. zu prüfen, ob entsprechende energetische Maß­nahmen vorgezogen werden können bzw. sollen, damit die Steuerermäßigung nicht „verloren“ geht.

2  Privates  Veräußerungsgeschäft  nach  Grundstücksteilung

Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Ver­äußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt, sind grundsätzlich als Einkünfte aus privaten Veräußerungs­geschäften im Rahmen der sonstigen Einkünfte einkommensteuerpflichtig; ausgenommen von der Besteue­rung sind u. a. Objekte, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Wird bei einem bebauten und zu eigenen Wohnzwecken genutzten Grundstück ein Teil des Gartens abgeteilt und innerhalb von 10 Jahren nach der Anschaffung veräußert, liegt ein steuerpflichtiges privates Veräuße­rungsgeschäft vor. Dies hat das Niedersächsische Finanzgericht entschieden.

Mit der Grundstücksteilung und Bildung des neuen Flurstücks zum Zwecke des Verkaufs wurde der Zusam­menhang mit dem weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude aufgehoben. Der Grund und Boden „gehörte“ nicht zum eigengenutzten Gebäude und konnte daher auch nicht zu eigenen Wohn­zwecken genutzt werden. Das Gericht verweist insbesondere auf den Zweck der Ausnahmeregelung, nur Grundstücksveräußerungen, die durch einen – im Streitfall nicht gegebenen – Wohnsitzwechsel ausgelöst werden, von der Besteuerung als Veräußerungsgeschäft zu befreien.

3  Handwerkerleistungen  in  unentgeltlich  überlassener  Wohnung

Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisie­rungsmaßnahmen wird unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag eine Steuerermäßigung von 20 % der Aufwendungen, höchstens jedoch 1.200 Euro, durch Abzug von der tariflichen Einkommensteuer ge­währt (§ 35a Abs. 3 EStG). Erforderlich ist u. a., dass die Handwerkerleistung in einem Haushalt des Steuer­pflichtigen erbracht wird.

In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesfinanzhof zu der Frage Stellung genommen, ob ein „Haus­halt“ das Bestehen eines Nutzungsrechts des Steuerpflichtigen – z. B. als Eigentümer oder Mieter – erfor­dert. Nach Ansicht des Gerichts verlangt das Gesetz neben der tatsächlichen Führung eines Haushalts kein besonderes Nutzungsrecht des Steuerpflichtigen; er kann somit auch in unentgeltlich überlassenen Räum­lichkeiten einen Haushalt führen.

Dies gilt – so der Bundesfinanzhof – unabhängig davon, ob sich der Steuerpflichtige gegenüber einem Drit­ten zur Tragung der Aufwendungen für die Handwerkerleistungen verpflichtet hat.

Im Streitfall hatte der Sohn das Dach eines im Eigentum seiner Mutter stehenden Hauses, in dem diese ihm die Dachgeschosswohnung unentgeltlich zur Nutzung überlassen hat, auf seine Kosten neu eindecken lassen und für die Handwerkerleistungen in seiner Einkommensteuererklärung – zutreffend – die Steuerermäßi­gung nach § 35a EStG geltend gemacht.

4  Angemessene  Verzinsung  bei  Gesellschafterkonten

Bei einer GmbH und anderen Kapitalgesellschaften werden Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern regelmäßig darauf überprüft, ob sie dem entsprechen, was auch zwischen Fremden vereinbart worden wäre. Ergeben sich in diesem Zusammenhang zu hohe Entgelte – z. B. für Gehälter oder Mieten –, wird hinsichtlich des unangemessenen Teils eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen. Diese erhöht das körperschaft- und gewerbesteuerpflichtige Einkommen der Gesellschaft und ist beim Gesellschafter als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern.

Aber nicht nur solche Vermögensminderungen führen zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, sondern auch verhinderte Vermögensmehrungen.

Vor diesem Hintergrund können z. B. Verrechnungskonten, die permanent einen Saldo zu Lasten des Gesell­schafters aufweisen, zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen, wenn keine oder eine unangemessen niedrige Verzinsung vorliegt.

Der Bundesfinanzhof hat jetzt Hinweise gegeben, was in diesem Zusammenhang als angemessen beurteilt werden kann. Danach liegt ein solcher Zins zwischen den banküblichen Guthabenzinsen und dem Zinssatz von z. B. Dispo- bzw. Überziehungskrediten. Dabei kann die jeweilige „Marge“ geteilt werden; ein Zinssatz genau zwischen dem Soll- und dem Habenzinssatz wäre also für die Verzinsung eines Verrechnungskontos nicht zu beanstanden und würde eine verdeckte Gewinnausschüttung vermeiden.

5  „Essen  auf  Rädern“:  Aufwendungen  keine  außergewöhnlichen  Belastungen

Entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig – z. B. durch Krankheit, durch eine Behinderung oder durch Pflegebedürftigkeit – höhere Aufwendungen als anderen, können diese grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, soweit die Gesamtaufwendungen die zumutbare Belastung überstei­gen. Für die Lieferung von Mittagessen nach Hause – dem sog. „Essen auf Rädern“ – entstehen regel­mäßig höhere Kosten als für selbst zubereitete Mahlzeiten. Bei Menschen mit einer (krankheitsbedingten) Einschränkung der Selbständigkeit, insbesondere bei Senioren, die auf solche Essenslieferungen angewiesen sind, stellt sich die Frage, ob die Kosten als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

Das Finanzgericht Münster hat in einem aktuellen Urteil die Berücksichtigung von entsprechenden Essen­lieferungen als außergewöhnliche Belastungen abgelehnt, auch wenn man auf einen solchen Menüservice angewiesen ist. Das Gericht sieht in diesen Essenslieferungen nicht berücksichtigungsfähige Kosten, die zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung gehören.

Zu beachten ist, dass ein gesetzliches Abzugsverbot für Diätverpflegung besteht. Der Bundesfinanzhof hat hierzu zuletzt ausgeführt, dass die Diätverpflegung nicht nur an die Stelle einer medikamentösen Be­handlung tritt, sondern auch an die Stelle üblicher Nahrungsmittel, auf deren Verzehr und Beschaffung alle Steuerpflichtigen angewiesen sind. Die Aufwendungen für (eine spezielle) Verpflegung sind damit nicht außergewöhnlich und daher nicht abzugsfähig.

6  Erbschaftsteuerbefreiung  des  „Familienheims“  bei  Selbstnutzung

Das Erbschaftsteuergesetz stellt den Erwerb von Todes wegen einer vom Erblasser selbstgenutzten Immobilie (sog. Familienheim) durch die Kinder steuerfrei. Voraussetzung hierfür ist, dass der Erblasser das Objekt bis zum Erbfall zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert war. Der Erwerber (z. B. ein Kind) muss das Objekt unverzüglich zu eigenen Wohnzwecken nutzen und die Selbstnutzung des Familienheims mindestens 10 Jahre lang aufrechterhalten.

Unverzüglich ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedenfalls ein Zeitraum von 6 Monaten nach dem Erbfall. Bei Aufnahme der Selbstnutzung des Objekts nach Ablauf von 6 Monaten muss der Erwerber in diesem Fall darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat.

In Anwendung dieser Grundsätze hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass bei einer zeitlichen Verzögerung des Einzugs aufgrund von Renovierungsarbeiten, die der Kläger nachweislich umgehend nach Eintritt des Erbfalls in Auftrag gegeben hat, die aber wegen der hohen Auftragslage der beauftragten Hand­werker und schlechter Witterungsbedingungen nicht rechtzeitig ausgeführt werden konnten, die Steuerbe­freiung trotz Überschreitens des 6-Monats-Zeitraums nicht gefährdet ist.

Das Finanzgericht München hat entschieden, dass die Steuerbefreiung auch in Betracht kommt, wenn eine pflegebedürftige Erblasserin ihre Wohnung wegen ihres dauerhaften Aufenthalts in einem Pflegeheim für einen festen Zeitraum von 4 Jahren vermietet hatte. In diesem Fall konnte der Erbe mangels Möglichkeit zur Kündigung des zeitlich befristeten Mietvertrags nicht innerhalb von 6 Monaten, sondern erst nach über 2 Jahren nach dem Erbfall in die Wohnung einziehen.

Steuerpflichtige Erben sollten darauf achten, die Beauftragung von Handwerkern oder anderer Maßnahmen, die die Umsetzung der Absicht zur Selbstnutzung belegen können, frühzeitig in die Wege zu leiten und ent­sprechend zu dokumentieren.

7  Investitionsabzugsbeträge  und  Sonderabschreibungen  bei  kleinen  und  mittleren  Betrieben  –  Investitionsfristen  beachten

Bei Anschaffung und Herstellung von vermieteten oder (fast) ausschließlich betrieblich genutzten beweg­lichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens von Gewerbetreibenden, Selbständigen oder Freibe­ruflern können – neben der normalen Abschreibung – bis zu 20 % der Aufwendungen in den ersten 5 Jahren gesondert abgeschrieben werden. Die Sonderabschreibung kommt bei Anschaffung bzw. Herstellung des Wirtschaftsguts bis zum Jahresende in vollem Umfang für das gesamte Jahr 2023 in Betracht.

Werden entsprechende Investitionen geplant, kann durch Berücksichtigung eines Investitionsabzugs­betrags in Höhe von bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten die steuer­liche Wirkung der Abschreibungen vorgezogen werden; der Abzugsbetrag ist begrenzt auf 200.000 Euro im Wirtschaftsjahr. Die Sonderabschreibung kann im Zeitpunkt der Investition zusätzlich geltend gemacht werden.

Voraussetzung für die Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags ist, dass die Investition innerhalb einer bestimmten Frist erfolgt, da ansonsten der Abzugsbetrag rückgängig gemacht wird. Die Frist beträgt normalerweise 3 Jahre. Allerdings sind die Fristen für in den Jahren 2017 bis 2019 gebildete Abzugsbeträge im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen (mehrmals) verlängert worden.

Somit kommt der Einhaltung der Frist zum 31.12.2023 ggf. auch für Investitionsabzugsbeträge aus mehreren Jahren Bedeutung zu, je nachdem, wann Abzugsbeträge geltend gemacht wurden. 

Geltendmachung des
Investitionsabzugsbetrags
Dauer der Frist Investition bis Ende des
Wirtschaftsjahres
2017 6 Jahre 2023
2018 5 Jahre 2023
2019 4 Jahre 2023
2020              3 Jahre (normal) 2023

Maßgebend für die Inanspruchnahme des Abzugsbetrags ist der Zeitpunkt der Anschaffung, d. h. der Liefe­rung des Wirtschaftsguts. Diese ist regelmäßig erfolgt, wenn der Erwerber die wirtschaftliche Verfügungs­macht erlangt hat; eine bloße Bestellung reicht hierfür nicht aus.

Wird die Investition rechtzeitig bis zum Ende der Frist durchgeführt, bleibt die (vorgezogene) steuerliche Wirkung des Investitionsabzugsbetrags erhalten.

Quelle: Informationsbrief Oktober 2023 Erich Fleischer Verlag