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Informationsbrief Mai 2023

1 Gewinne  und  Verluste  aus  der  Veräußerung  von  Kryptowährungen

Werden im Privatvermögen gehaltene virtuelle Währungen bzw. Kryptowährungen (z. B. Bitcoin, Ethereum) innerhalb eines Jahres nach ihrer Anschaffung veräußert, geht die Finanzverwaltung davon aus, dass die Gewinne und Verluste als private Veräußerungsgeschäfte zu berücksichtigen sind (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Auch bei einem Tausch in eine andere virtuelle Währung liegt ein Anschaffungs- bzw. Veräußerungsvorgang vor und die einjährige Veräußerungsfrist beginnt mit jedem Tauschvorgang erneut. Eine Verlängerung der Veräußerungsfrist auf zehn Jahre im Fall der Einkunftserzielung durch „Lending“ und „Staking“ kommt nicht (mehr) in Betracht.

Gewinne bleiben lediglich dann steuerfrei, wenn die insgesamt in einem Kalenderjahr erzielten Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften weniger als 600 Euro betragen. Verluste können nur mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften desselben Jahres bzw. im Rahmen des Verlustrück- oder Vortrags steuer­mindernd verrechnet werden.

Auch die Rechtsprechung der Finanzgerichte geht bei der Veräußerung von Kryptowährungen von einem privaten Veräußerungsgeschäft aus. Der Bundesfinanzhof hat diese Auffassung in einem aktuellen Urteil bestätigt; Kryptowährungen gehören zu den „anderen“ Wirtschaftsgütern im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Eine Anschaffung bzw. Veräußerung liegt danach vor, wenn die „Token“ im Tausch gegen Euro, gegen eine Fremdwährung oder gegen andere virtuelle Währungen erworben bzw. veräußert werden. Ein struktu­relles Vollzugsdefizit, das der Erhebung der Steuer entgegenstünde, verneinte das Gericht.

Im Zusammenhang mit Kryptowährungen gibt es zudem auch Fälle, in denen Anleger ihr Geld bzw. ihre „Token“ durch betrügerische Plattformen verlieren. Die Finanzverwaltung verneint jedoch eine Berück­sichtigung solcher Verluste im Rahmen von privaten Veräußerungsgeschäften, da sie nicht durch Veräuße­rung entstanden sind.

2 Steuerermäßigung  bei  Vergütungen  für  mehrjährige  Tätigkeiten

Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten können als außerordentliche Einkünfte begünstigt sein, wenn diese Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und sich durch die Zusammenballung von Ein­künften erhöhte steuerliche Belastungen ergeben können. Die Rechtsprechung hat von diesem Grundsatz z. B. folgende Ausnahmen zugelassen:

  • bei Auszahlung einer nur geringfügigen Teilleistung (max. 10 %) im Folgejahr neben der überwiegenden, in einem Betrag gezahlten Leistung;
  • bei Entschädigungszusatzleistungen in Jahren nach der Hauptleistung aus Gründen der sozialen Fürsorge;
  • bei Festsetzung der Zahlung von vornherein in einer Summe und Verteilung der Zahlung auf zwei Jahre wegen ungewöhnlicher Höhe und besonderer Verhältnisse des Zahlungspflichtigen oder
  • wenn der Zahlungsempfänger dringend auf den Bezug von Vorauszahlungen angewiesen ist.

Erteilt eine GmbH ihrer langjährigen mitarbeitenden Gesellschafterin die Zusage, mit Erreichen des Pen­sionsalters ein einmaliges „Alterskapital“ statt einer regelmäßigen Altersrente zu zahlen, kommt bei Auszah­lung des „Alterskapitals“ die ermäßigte Besteuerung für Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht (sog. Fünftelregelung). Erfolgt die Auszahlung entgegen der vertraglichen Vereinbarung jedoch nicht als Einmalzahlung, sondern in nicht nur geringfügigen Teilzahlungen über drei Kalenderjahre, greift die Tarifbegünstigung nicht. In diesem Fall fehlt es nach aktueller Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs13 an einer zusammengeballten Arbeitslohnzahlung.

Eine der vorgenannten Ausnahmen von dem Grundsatz, dass nur einmalige Zuflüsse als außerordentliche Einkünfte anerkannt werden können, hielt der Bundesfinanzhof im Urteilsfall für nicht gegeben.

3  Kennzeichenwerbung  auf  privaten  Arbeitnehmerfahrzeugen

Arbeitgeber können mit ihren Arbeitnehmern grundsätzlich weitere eigenständige Rechtsbeziehungen eingehen und z. B. auch Mietverträge abschließen, ohne dass die Zahlungen daraus als Arbeitslohn zu be­handeln sind. Die daraus erzielten Einkünfte sind der jeweiligen Einkunftsart zuzuordnen. Solche Vertrags­verhältnisse können z. B. die Vermietung einer Garage zum Unterstellen eines Dienstwagens oder die Ver­mietung eines Arbeitszimmers sein.

Auch bei Vereinbarungen über Fahrzeugwerbung auf privaten Arbeitnehmerfahrzeugen kommt ein geson­dertes Vertragsverhältnis in Betracht. Bei dessen Anerkennung erzielen die Arbeitnehmer sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG; diese sind steuerfrei, wenn sie im Kalenderjahr insgesamt unter 256 Euro liegen. In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesfinanzhof die Anbringung von Kennzeichenhaltern mit Werbe­schriftzug gegen ein pauschales Entgelt jedoch als Arbeitslohn gewertet, weil die mit den Arbeitnehmern geschlossenen Mietverträge für Werbeflächen einem Fremdvergleich nicht standhielten.

Den Vereinbarungen kam kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zu, da die Erzielung einer Werbe­wirkung nach Ansicht des Gerichts nicht sichergestellt war; zudem orientierte sich das jährliche Entgelt von 255 Euro an der Steuerfreigrenze und nicht am erzielbaren Werbeeffekt. Die Laufzeit war außerdem an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses geknüpft.

Inwieweit Vereinbarungen über umfangreichere Fahrzeugwerbung steuerlich anerkannt werden können, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen. Für die Anerkennung müssen die Verträge jedoch – u. a. im Hin­blick auf Werbewirksamkeit und Entgeltbemessung – wie unter fremden Dritten ausgestaltet sein.

4  Vorsteuerabzug  aus  dem  Erwerb  von  Luxusfahrzeugen?

Eine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, dass der Unternehmer die Leistung für sein Unternehmen bezieht, d. h. für die Ausführung von Umsätzen im Rahmen seiner „wirtschaftlichen Tätigkeiten“ verwendet (bzw. zu verwenden beabsichtigt). Unklar war, ob die beim gelegentlichen Kauf von Luxusfahrzeugen ange­fallenen Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer geltend gemacht werden können.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs steht der Vorsteuerabzug aus dem nur gelegentlichen Ankauf eines PKW einem Unternehmer mit andersartiger wirtschaftlicher Haupttätigkeit nur dann zu, „wenn er damit eine wirtschaftliche Tätigkeit begründet oder seine bisherige wirtschaftliche Haupttätigkeit damit unmittel­bar, dauernd und notwendig erweitert.“

Im Streitfall ging das Gericht davon aus, dass die betreffenden Luxusfahrzeuge, die in einer Halle mehrere Jahre verschlossen, abgedeckt und nicht zugelassen abgestellt waren, als Wertanlage und nicht zum baldigen Wiederverkauf angeschafft wurden, und verglich diese Handhabung mit der eines Autosammlers, der im Regelfall nicht als Unternehmer anzusehen ist. Da die Fahrzeuge nicht direkt für das Unternehmen genutzt und über Jahre auch keine aktiven Schritte zum Verkauf unternommen wurden, hat das Gericht den Vor­steuerabzug für unzulässig erklärt.

5  Schenkungsteuer  bei  Eheverträgen

Im Zusammenhang mit der Eheschließung können Vereinbarungen getroffen werden, mit denen sich ein Partner zu Zahlungen verpflichtet und der andere dafür auf eventuelle Ansprüche nach Beendigung der Ehe verzichtet.

Werden in einem solchen Fall schon bei Eheschließung Beträge gezahlt, sind diese regelmäßig schenkung­steuerpflichtig, weil die Gegenleistung – der Verzicht auf Ansprüche im Fall der Scheidung – noch nicht genügend konkretisiert ist. Das hat der Bundesfinanzhof sowohl für eine vorab gezahlte „Abfindung“ zur Abgeltung von nachehelichem Unterhalt als auch für Zahlungen im Hinblick auf einen etwaigen späteren Zugewinnausgleichsanspruch entschieden.

Positiv hat das Gericht aber beurteilt, wenn eine solche Abfindung – im Streitfall wegen Ausschluss des Ver­sorgungsausgleichs und Begrenzung des nachehelichen Unterhalts – erst nach Beendigung der Ehe gezahlt wird. Das gilt auch, wenn die zugrunde liegende Vereinbarung schon Jahre vorher getroffen wurde und eine solche „Bedarfsabfindung“ nicht exakt nach den abzugeltenden Ansprüchen bemessen ist. Eine Schenkung­steuerpflicht sei insoweit nicht gegeben.

Diese Rechtsprechung wendet die Finanzverwaltung allerdings nicht an. Sie ist der Auffassung, dass bei einer solchen Abfindung nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass diese mit einer ent­sprechenden Gegenleistung – dem Verzicht auf Ansprüche – im Zusammenhang steht und damit als unent­geltlich und deshalb nicht als schenkungsteuerfrei anzusehen ist.

6  Umsatzsteuerrechtliche  Organschaft

Eine umsatzsteuerliche Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG liegt vor, wenn eine juristische Person (Organgesellschaft) nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und orga­nisatorisch in ein Unternehmen (Organträger) eingegliedert ist.

Bei einer Organschaft sind die untergeordneten Organgesellschaften (Tochtergesellschaften) ähnlich wie An­gestellte des übergeordneten Unternehmens (Organträger, Muttergesellschaft) als unselbständig anzusehen; Unternehmer ist der Organträger, der auch z. B. die Umsatzsteuervoranmeldungen für die gesamte Organ­schaft übermittelt. Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der Organschaft unterliegen nicht der Umsatzsteuer.

Eine finanzielle Eingliederung ist gegeben, wenn die Muttergesellschaft die Anteilsmehrheit an der Tochter­gesellschaft besitzt. Voraussetzung für eine wirtschaftliche Eingliederung ist, dass die Beteiligung an der Tochtergesellschaft dem unternehmerischen Bereich der Muttergesellschaft zugeordnet werden kann. Die organisatorische Eingliederung setzt regelmäßig die personelle Verflechtung der Geschäftsführungen beider Gesellschaften voraus.

Der Bundesfinanzhof hat seine Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung nun geändert und ent­schieden, dass sie auch dann vorliegt, wenn der Organträger zwar nur 50 % der Stimmrechte innehat, aber mehrheitlich am Kapital der Organgesellschaft beteiligt ist und auch deren einzigen Geschäftsführer stellt, sodass der Organträger seinen Willen in der Organgesellschaft durchsetzen kann.

In einer weiteren Entscheidung hat der Bundesfinanzhof den Europäischen Gerichtshof angerufen, um zu klären, ob entgeltliche Leistungen zwischen Mitgliedern einer Organschaft – anders als nach deutschem Um­satzsteuerrecht – nach EU-Recht der Umsatzsteuer unterliegen oder eventuell nur dann, wenn der Leistungs­empfänger nicht (oder nur teilweise) zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

7  Private  Kapitalerträge  in  der  Einkommensteuer-Erklärung

Die Besteuerung von privaten Kapitalerträgen ist grundsätzlich durch einen Kapitalertragsteuerabzug in Höhe von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer abgegolten. Kapitalerträge müssen daher regelmäßig nicht in der Einkommensteuer-Erklärung angegeben werden.

Die Angabe von privaten Kapitalerträgen in der Steuererklärung kann aber zwingend erforderlich oder empfehlenswert sein; siehe dazu folgende Beispiele:

Die Angabe der Kapitalerträge ist erforderlich, wenn

  • für Kapitalerträge keine Kapitalertragsteuer einbehalten wurde (z. B. bei Darlehen an Angehörige,27 Gesellschafter-Darlehen, Steuererstattungszinsen nach § 233a AO, Zinsen von ausländischen Banken). Der Steuersatz für diese Erträge im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung entspricht dann regelmäßig dem Abgeltungsteuersatz von 25 % (vgl. § 32d EStG).
  • trotz Kirchensteuerpflicht keine Kirchensteuer von den Kapitalerträgen einbehalten wurde (z. B. wegen Abgabe eines Sperrvermerks). In diesem Fall reicht es aus, nur die darauf entfallende Kapitalertragsteuer anzugeben. Die Kirchensteuer wird dann im Rahmen der Veranlagung festgesetzt.

Eine Minderung der Abgeltungsteuer wegen Kirchensteuerpflicht26 kann in diesen Fällen nur erreicht werden, wenn die gesamten Kapitalerträge angegeben werden.

Die Angabe der Kapitalerträge ist sinnvoll, wenn

  • die Besteuerung von Gewinnausschüttungen aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von 60 % der Erträge mit dem persönlichen Steuersatz (sog. Teileinkünfteverfahren) günstiger ist als der Kapitalertragsteuerabzug. Das Teileinkünfteverfahren kann auch dann vorteilhaft sein, wenn z. B. Zinsen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Kapitalanteils angefallen sind und (teilweise) als Werbungs­kosten berücksichtigt werden sollen.

Ein entsprechender Antrag ist möglich bei einer Kapitalbeteiligung von mindestens 25 % oder bei mindes­tens 1 % und beruflicher Tätigkeit mit maßgeblichem unternehmerischen Einfluss auf die Gesellschaft.

  • die Besteuerung sämtlicher Kapitalerträge mit dem persönlichen Einkommensteuersatz günstiger ist als der 25 %ige Kapitalertragsteuerabzug (sog. Günstigerprüfung). Dies kann z. B. auch durch Berücksich­tigung von Verlusten aus anderen Einkunftsarten eintreten.
  • der Kapitalertragsteuerabzug zu hoch gewesen ist; das ist u. a. möglich, wenn kein Freistellungsauftrag erteilt wurde und deshalb der Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro (Ehepartner: 1.602 Euro) nicht – oder nicht vollständig – berücksichtigt werden konnte.
  • (Veräußerungs-)Verluste aus Kapitalvermögen mit positiven Kapitaleinkünften verrechnet werden sollen.

Soweit z. B. Banken, Sparkassen oder Finanzdienstleister bei privaten Kapitalerträgen Steuerbescheinigun­gen teilweise nicht mehr automatisch ausstellen, sind diese ggf. anzufordern, wenn die Einbeziehung von Kapitalerträgen in die Einkommensteuer-Veranlagung beabsichtigt ist.

Für Verluste, die in einem Bankdepot angefallen sind und nicht in diesem Depot zur zukünftigen Verlust­verrechnung vorgetragen, sondern im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung mit anderen (Veräuße­rungs-)Gewinnen verrechnet werden sollen, ist eine entsprechende Bescheinigung der Bank erforderlich.

Quelle: Informationsbrief Mai 2023 Erich Fleischer Verlag