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Informationsbrief Juni 2023

1 Höhe  der  Säumniszuschläge  und  Aussetzungszinsen  rechtmäßig?

Bei nicht rechtzeitiger Zahlung von Steuern werden Säumniszuschläge fällig. Diese betragen 1 % pro ange­fangenen Monat für den auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren abgerundeten fälligen Steuerbetrag (§ 240 Abs. 1 AO). Dies entspricht einem Jahreszinssatz von 12 % und ist insbesondere in einer Niedrigzinsperiode relativ hoch.

Der Bundesfinanzhof hat hier allerdings keinen unmittelbaren Zusammenhang gesehen, da die Säumnis­zuschläge in erster Linie dazu dienen, pünktliche Steuerzahlungen zu gewährleisten, und der Charakter als Zins dahinter zurücktritt. Letztlich hat es der Steuerzahler in der Hand, Säumniszuschläge durch pünktliche Zahlungen zu vermeiden. Die Höhe der Säumniszuschläge wird daher vom Bundesfinanzhof als recht­mäßig angesehen.

Die Funktion der Säumniszuschläge ist insofern auch nicht mit der von sog. Steuerzinsen nach § 233a AO vergleichbar. Diese sind als Folge einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 0,5 % (ab dem 01.01.2019) auf 0,15 % pro Monat herabgesetzt worden. Fraglich bleibt damit, ob der Zinssatz von 0,5 % pro Monat für Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen (§§ 234, 235 und 237 AO) ab 2019 noch rechtmäßig ist. Dazu hatte sich das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich nicht geäußert.

Für Aussetzungszinsen, die auf Antrag bei Aufschieben der Fälligkeit von durch Einspruch angefochtenen Steuerbeträgen anfallen, haben Finanzgerichte die Rechtmäßigkeit bejaht. Die weitere Entwicklung bleibt allerdings abzuwarten.

2 MoPeG:  Neuregelungen  bei  der  GbR

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), das am 01.01.2024 in Kraft tritt, werden insbesondere zahlreiche Regelungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geändert bzw. erstmalig in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen. Die wichtigsten Neuerungen sind:

  • Differenzierung zwischen rechtsfähiger (Außen-)GbR und nicht rechtsfähiger (Innen-)GbR im Bürger-lichen Gesetzbuch;
  • Errichtung eines Gesellschaftsregisters, in das sich die rechtsfähige GbR eintragen lassen kann; z. B. für den Erwerb oder die Veräußerung von GmbH-Beteiligungen oder Grundstücken ist die Eintragung in das neue Register verpflichtend;
  • Aufgabe des Gesamthandsprinzips: Das Gesellschaftsvermögen wird nicht mehr den Gesellschaftern zur gesamten Hand zugewiesen, sondern unmittelbar der Gesellschaft; damit sind aus einem Titel gegen die GbR Zwangsvollstreckungen nur noch gegen die Gesellschaft möglich. Für die Inanspruchnahme der Gesellschafter ist ein gesonderter Titel erforderlich.
  • Die Beteiligung an Gewinn und Verlust sowie die Stimmrechte der Gesellschafter richten sich nicht mehr nach Köpfen, sondern grundsätzlich nach den Beteiligungsverhältnissen, sofern der Gesellschafts-
    vertrag nichts anderes regelt.

Etwaige steuerliche Auswirkungen der Neuregelungen sind aktuell noch unklar. Nach dem Willen des Ge-
setzgebers sollen die zivilrechtlichen Änderungen nicht zu Änderungen der ertragsteuerlichen Grundsätze bei der Besteuerung von Personengesellschaften führen.

3  Erstattung  von  Vorsteuerbeträgen  aus  sog.  Drittstaaten  (Nicht-EU-Staaten)

In Deutschland ansässige Unternehmer bzw. Unternehmen, die ausländische Leistungen in einem Nicht-EU-Staat bezogen und entsprechende Vorsteuerbeträge (z. B. anlässlich von Geschäftsreisen) entrichtet und selbst keine steuerpflichtigen Umsätze in dem jeweiligen Staat erbracht haben, können sich die ausländische Vor­steuer erstatten lassen (Vorsteuer-Vergütungsverfahren). Eine Vergütung der Vorsteuer erfolgt jedoch regel­mäßig nur in den Drittstaaten, zu denen bezüglich der Vorsteuererstattung eine sog. Gegenseitigkeit besteht.

Im Gegensatz zum elektronischen Verfahren bei der Erstattung von Vorsteuerbeträgen aus EU-Mitglied­staaten (über das BZSt-Online-Portal) können Vergütungsanträge gegenüber Drittstaaten nur direkt bei der ausländischen Erstattungsbehörde oder über die entsprechende ausländische Handelskammer eingereicht werden. Eine hierfür regelmäßig erforderliche Bestätigung der Unternehmereigenschaft stellt das zuständige Finanzamt aus; die Bescheinigung wird aber nur erteilt, wenn der Unternehmer vorsteuerabzugsberechtigt ist, also nicht, wenn er nur steuerfreie Umsätze ausführt oder Kleinunternehmer ist.

Vergütungsanträge sind spätestens bis zum 30. Juni des auf das Jahr der Ausstellung der Rechnung folgenden Kalenderjahres zu stellen. Beizufügen sind neben der Unternehmerbescheinigung Originalrechnungen bzw. Einfuhrbelege. Regelmäßig ausgeschlossen ist die Erstattung von Vorsteuerbeträgen, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Zu beachten ist, dass ggf. länderweise unterschiedliche Mindestvergütungsbeträge erreicht werden müssen.

4  Photovoltaik-Anlagen:  Umsatzsteuer  bei  Anschaffung,  Entnahme  und  Reparatur

Die Lieferung und Installation von Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) unterlag bis zum 31.12.2022 einem Umsatzsteuersatz von 19 %. Bei unternehmerischer Verwendung der Anlage konnte die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen werden.

Wird im Zusammenhang mit der Installation einer PV-Anlage auch das Dach eines zu eigenen Wohn­zwecken genutzten Gebäudes neu eingedeckt, kann der Vorsteuerabzug aus der Dacherneuerung scheitern, wenn der Nutzung durch die PV-Anlage nur ein Anteil von weniger als 10 % zugerechnet wird (im Verhältnis zur Nutzung des Daches zur Wohnungsnutzung).

Wurde das Dach jedoch bei der Installation der PV-Anlage beschädigt und wurde der Schaden erst nach Jahren bemerkt, kann nach einem neueren Urteil des Bundesfinanzhofs ein Vorsteuerabzug (entsprechend dem bei der PV-Anlage) aus der Reparatur bzw. der Schadensbeseitigung in Betracht kommen.

Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde der Umsatzsteuersatz für die Lieferung und Installation von PV-Anlagen ab 01.01.2023 auf 0 % gesenkt (vgl. § 12 Abs. 3 UStG). Die Finanzverwaltung hat dazu jetzt Stellung genommen. Unternehmer können danach eine vor dem 01.01.2023 erworbene PV-Anlage vollständig ihrem Unternehmen zuordnen und im vollen Umfang den Vorsteuerabzug geltend machen; im Gegenzug unterliegt der privat verbrauchte Strom der Wertabgabenbesteuerung. Dies gilt auch weiterhin.

Neu ist, dass eine vor 2023 erworbene PV-Anlage ab 2023 mit einem Umsatzsteuersatz von 0 % entnommen werden kann. Die Entnahme der gesamten PV-Anlage ist aber nur zulässig, wenn zukünftig mehr als 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische (d. h. private) Zwecke verwendet werden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn der Betreiber beabsichtigt, zukünftig mehr als 90 % des mit der Anlage erzeugten Stroms für private Zwecke zu verwenden. Davon ist aus Vereinfachungs-gründen auch auszugehen, wenn ein Teil des mit der PV-Anlage erzeugten Stroms z. B. in einer Batterie gespeichert wird. Ausreichend ist auch, wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmens-fremde Zwecke von über 90 % nahelegt.

Eine Vorsteuerberichtigung erfolgt im Fall einer Entnahme mit 0 % Umsatzsteuer nicht.19

Die Entnahme eines Teils einer ursprünglich zulässigerweise dem Unternehmen zugeordneten PV-Anlage ist nicht zulässig.

5  Erhöhung  der  Betriebsausgabenpauschalen  für  bestimmte  Berufsgruppen  ab  2023

Bestimmte freiberuflich bzw. selbständig tätige Berufsgruppen haben die Möglichkeit, statt der tatsächlichen Kosten eine Betriebsausgabenpauschale zu berücksichtigen. Dies soll der Vereinfachung dienen und bietet den Vorteil, dass die einzelnen Ausgaben nicht detailliert aufgezeichnet werden müssen. Der Abzug tatsäch­licher Betriebsausgaben kann jedoch günstiger sein, zumal dann auch Fahrt- bzw. Reisekosten, Verpflegungs­mehraufwendungen und die Kosten bzw. Pauschalen für das häusliche Arbeitszimmer oder den Heim­arbeitsplatz einbezogen werden können.

Aufgrund der Inflation steigen die tatsächlichen Betriebsausgaben, während betragsmäßig begrenzte Pauscha­len gleichbleibend sind und somit einen Teil ihrer positiven Wirkung verlieren. Daher hat die Finanzverwal­tung die Höchstbeträge bzw. die Pauschalen ab 2023 teilweise erhöht. Dies betrifft folgende Berufsgruppen:

  • Für eine hauptberufliche selbständige schriftstellerische oder journalistische Tätigkeit beträgt die Betriebs­ausgabenpauschale 30 % der Einnahmen, künftig höchstens 3.600 Euro (bisher: 2.455 Euro) jährlich.
  • Für eine wissenschaftliche, künstlerische oder schriftstellerische Nebentätigkeit (auch Vortrags- oder nebenberufliche Lehr- und Prüfungstätigkeit) beträgt die Pauschale künftig 25 % der Betriebseinnahmen, begrenzt auf 900 Euro (bisher: 614 Euro) jährlich für alle Nebentätigkeiten dieser Vereinfachungsregelung zusammen. Insbesondere für eine nebenberufliche Vortrags-, Lehr- und Prüfungstätigkeit sowie eine künstlerische Nebentätigkeit kann auch die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG (sog. Übungsleiterpau­schale) in Betracht kommen. Danach sind Einnahmen derzeit bis zur Höhe von 3.000 Euro im Jahr steuer­frei; die Betriebsausgabenpauschale ist insoweit nicht anzuwenden.
  • Für die selbständige Tätigkeit als Kindertagespflegeperson beträgt die Pauschale 400 Euro (bisher: 300 Euro) je betreutes Kind und Monat und für sog. Freihalteplätze 50 Euro (bisher: 40 Euro) je Platz und Monat.

6  Steuerermäßigung  für  haushaltsnahe  Dienstleistungen  und  Handwerkerleistungen

Für Aufwendungen im Zusammenhang mit Erhaltungs-, Renovierungs-, Instandsetzungs- und Modernisie-rungsarbeiten in einem im EU-/EWR-Raum liegenden privaten Haushalt oder der Pflege des dazugehörigen Grundstücks kann eine Steuerermäßigung in Form eines Abzugs von der Einkommensteuer in Anspruch genommen werden (siehe § 35a Abs. 2 und 3 EStG).

Die Steuerermäßigung beträgt 20 % der Arbeitskosten für

  höchstmögliche Steuer-
ermäßigung im Jahr
 • haushaltsnahe Dienstleistungen (bis zu 20.000 €):  
z. B. Putz-, Reinigungsarbeiten in der Wohnung, Gartenpflege wie  
Rasenmähen, Heckenschneiden usw., Betreuung von Haustieren;  
haushaltsnahe Pflege- und Betreuungsleistungen (auch durch Angehörige)  
sowie Dienstleistungen bei eigener Heimunterbringung 4.000 €
 • Handwerkerleistungen (bis zu 6.000 €):  
Renovierungs-, Modernisierungs- und Erweiterungsarbeiten durch  
Handwerker, Gartengestaltung, Reparatur bzw. Wartung von Heizung,  
Küchengeräten usw., Schornsteinfegerleistungen 1.200 €

Nach § 35a Abs. 4 EStG ist die Steuerermäßigung auf Leistungen begrenzt, die im eigenen Haushalt oder bei Pflege- und Betreuungsleistungen im Haushalt des Betreuten erbracht werden. Zum „Haushalt“ können auch mehrere räumlich voneinander getrennte Orte (z. B. Zweit-, Wochenend- oder Ferienwohnungen) gehören. Auch Leistungen, die außerhalb der Grundstücksgrenzen erbracht werden, können begünstigt sein, wenn die Arbeiten z. B. auf angrenzendem öffentlichen Grund durchgeführt werden. Hierunter fallen auch Kosten für die Reinigung und Schneeräumung des angrenzenden öffentlichen Gehwegs (z. B. Winter­dienst), nicht jedoch der Fahrbahn einer öffentlichen Straße. Öffentlich-rechtliche Abgaben für Straßen­reinigung oder für Müll- und Abwasserentsorgung können nicht berücksichtigt werden.

Der Begriff „im Haushalt“ ist allerdings nicht in jedem Fall mit dem tatsächlichen Bewohnen gleichzusetzen. So können beim Umzug in eine andere Wohnung nicht nur die Umzugsdienstleistungen und Arbeits­kosten im Zusammenhang mit der „neuen“ Wohnung, sondern z. B. auch die Renovierungsarbeiten an der bisherigen Wohnung berücksichtigt werden.

Die Steuerermäßigung kann nicht nur von (Mit-)Eigentümern einer Wohnung, sondern auch von Mietern in Anspruch genommen werden. Dies setzt voraus, dass das gezahlte Hausgeld bzw. die gezahlten Neben­kosten Beträge umfassen, die für begünstigte haushaltsnahe Dienstleistungen und handwerkliche Tätigkeiten abgerechnet wurden. Der auf den Mieter entfallende Anteil an den Aufwendungen muss aus einer Jahres­abrechnung hervorgehen oder durch eine Bescheinigung (des Vermieters bzw. Verwalters) nachgewiesen werden.

Nicht begünstigt sind handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme; hierunter fallen Arbeiten, die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung anfallen.

Das bedeutet, dass z. B. Arbeitskosten für einen nachträglichen Dachgeschossausbau (auch bei einer Nutz-/ Wohnflächenerweiterung), für eine nachträgliche Errichtung eines Carports, einer Fertiggarage, eines Wintergartens oder einer Terrassenüberdachung, für eine spätere Gartenneuanlage sowie für Außenanlagen wie Wege, Einzäunungen usw. grundsätzlich nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt sind.

Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist u. a., dass eine entsprechende Rechnung vorliegt und die Zah­lung unbar (auf das Konto des Dienstleisters) erfolgt ist; dies gilt auch für Abschlagszahlungen.

Für die Berücksichtigung der Steuerermäßigung im jeweiligen Kalenderjahr kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zahlung an.

Quelle: Informationsbrief Juni 2023 Erich Fleischer Verlag