1 Solidaritätszuschlag für die Jahre 2020 und 2021 (noch) nicht verfassungswidrig
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass es sich bei dem aktuell geltenden Solidaritätszuschlag in den Jahren 2020 und 2021 um eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe handelt.
Der Solidaritätszuschlag sollte bei seiner Einführung im Jahr 1995 der Abdeckung der im Zusammenhang mit der deutschen Vereinigung entstandenen finanziellen Lasten dienen. Auch wenn wichtige Maßnahmen in diesem Zusammenhang (z. B. der Solidarpakt II und die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs) zum Jahresende 2019 ausgelaufen sind, hat nach Auffassung des Gerichts der Solidaritätszuschlag seine Rechtfertigung als Ergänzungsabgabe nicht verloren.
Der Bundesfinanzhof sieht auch nach einem Zeitraum von 26 bzw. 27 Jahren nach wie vor einen vereinigungsbedingten Finanzbedarf des Bundes (z. B. im Bereich der Rentenversicherung und des Arbeitsmarkts). Eine Ergänzungsabgabe dürfe – so das Gericht – zwar nicht unbegrenzt erhoben werden, sondern nur für eine Übergangszeit. Aus der Regelung zur Rückführung des Solidaritätszuschlags ab 2021 würde auch deutlich, dass dies vom Gesetzgeber beabsichtigt ist.
Erst wenn sich die Verhältnisse, die für die Einführung maßgeblich waren, grundsätzlich und dauerhaft ändern, könne eine Ergänzungsabgabe verfassungswidrig werden; dies sieht der Bundesfinanzhof aber (noch) nicht als gegeben an.
Der Solidaritätszuschlag für die Jahre 2020 und 2021 sei eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe; eine Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht sei daher nicht geboten.
2 Veräußerung/Aufgabe eines Betriebs gegen wiederkehrende Bezüge
Bei der Veräußerung eines Betriebs oder dessen Aufgabe (Überführung der wesentlichen Betriebsgrundlagen in das Privatvermögen) werden die im Betrieb enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt und ein dabei entstehender Gewinn unterliegt der Einkommensteuer. Zur Abmilderung der Progressionswirkung des Einkommensteuertarifs kommen in diesen Fällen ein Freibetrag und eine Steuerermäßigung in Betracht.
Wird ein Betrieb gegen wiederkehrende Bezüge (z. B. eine Leibrente) veräußert, besteht ein Wahlrecht:
- Der Veräußerungsgewinn kann insgesamt sofort versteuert werden (ggf. nach Abzug eines Freibetrags und mit einem ermäßigten Steuersatz),
oder
- es werden nur die im jeweiligen Kalenderjahr zugeflossenen (Renten-)Zahlungen als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuert, aber ohne Berücksichtigung von Freibetrag und Steuersatzermäßigung (sog. Zuflussbesteuerung).
Wird bei einer Betriebsübergabe gegen wiederkehrende Bezüge nicht das gesamte Betriebsvermögen veräußert, sondern auch wesentliche Betriebsgrundlagen (z. B. ein Grundstück) in das Privatvermögen überführt, wird der Vorgang insgesamt als Betriebsaufgabe angesehen. Unklar war, ob das Wahlrecht zur Zuflussbesteuerung auch dann besteht, wenn bei einer Betriebsaufgabe einzelne Wirtschaftsgüter veräußert werden.
Der Bundesfinanzhof hat nun klargestellt, dass die Zuflussbesteuerung nicht nur bei einer Betriebsveräußerung im Ganzen gegen wiederkehrende Bezüge möglich ist, sondern auch, wenn im Rahmen einer Betriebsaufgabe betriebliche Wirtschaftsgüter gegen wiederkehrende Bezüge veräußert werden.
3 Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen
Für Buchhaltungsunterlagen gelten bestimmte Aufbewahrungsfristen (vgl. § 147 AO). Im Jahresabschluss kann ggf. für die zukünftigen Kosten der Aufbewahrung dieser Unterlagen eine Rückstellung gebildet werden.
Mit Ablauf der gesetzlichen Fristen können nach dem 31.12.2022 insbesondere folgende Unterlagen vernichtet werden:
10-jährige Aufbewahrungsfrist:
- Bücher, Journale, Konten usw., in denen die letzte Eintragung 2012 und früher erfolgt ist
- Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen und Inventare, die 2012 oder früher aufgestellt wurden, sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Unterlagen
- Buchungsbelege (z. B. Rechnungen, Bescheide, Zahlungsanweisungen, Kontoauszüge, Lohn- bzw. Gehaltslisten, Reisekostenabrechnungen, Bewirtungsbelege) aus dem Jahr 2012
6-jährige Aufbewahrungsfrist:
- Lohnkonten und Unterlagen (Bescheinigungen) zum Lohnkonto mit Eintragungen aus 2016 oder früher
- Sonstige Dokumente (z. B. Ausfuhr- bzw. Einfuhrunterlagen, Auftragsbücher, Frachtbriefe, abgelaufene Darlehensverträge, Versicherungspolicen) sowie Geschäftsbriefe aus dem Jahr 2016 oder früher
Aufzubewahren sind alle Unterlagen, die zum Verständnis und zur Überprüfung der Aufzeichnungspflichten von Bedeutung sind. Dies gilt sowohl für Unterlagen in Papierform als auch für Unterlagen in Form von Daten, Datensätzen und elektronischen Dokumenten; die Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung sind einzuhalten. Während des Aufbewahrungszeitraums muss der Zugriff auf diese Daten, die Lesbarkeit und die maschinelle Auswertbarkeit möglich sein.
Eingehende elektronische Rechnungen, Handels- und Geschäftsbriefe oder sonstige bedeutsame Dokumente sind in dem Format unverändert aufzubewahren, in dem sie empfangen wurden (z. B. im PDF- oder Bildformat); sie dürfen nicht vor Ablauf der Aufbewahrungspflicht gelöscht werden.
Werden Papierdokumente in elektronische Dokumente umgewandelt („gescannt“), muss das Verfahren dokumentiert werden, durch das insbesondere die inhaltliche Übereinstimmung mit dem Original sowie die Lesbarkeit und Vollständigkeit sichergestellt werden.
Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.
Die Vernichtung von Unterlagen ist allerdings dann nicht zulässig, wenn die Frist für die Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist (vgl. §§ 169, 170 AO).
Bei der Entscheidung über die Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen ist grundsätzlich auch zu prüfen, ob und welche Unterlagen evtl. als Beweise für eine spätere Betriebsprüfung bzw. für ein ggf. noch zu führendes Rechtsmittel – trotz der offiziellen Vernichtungsmöglichkeit – weiterhin aufbewahrt werden sollten.
4 Handel auf Internetplattformen wie eBay – Neue Meldepflicht für Betreiber ab 2023
Wer regelmäßig auf Internetplattformen – wie z. B. eBay, amazon marketplace, etsy, vinted oder airbnb – Waren, Dienstleistungen oder die kurzfristige Vermietung von Wohnungen usw. anbietet, sollte beachten, dass ab 2023 automatisch eine Meldung durch den Plattformbetreiber mit den persönlichen Daten und den an den Anbieter gezahlten Vergütungen an die Finanzverwaltung erfolgt. Beträgt der Jahresumsatz des Anbieters aus dem Verkauf von Waren (abzüglich aller Plattformgebühren, Provisionen, Steuern etc.) weniger als 2.000 Euro bei weniger als 30 Rechtsgeschäftsabschlüssen auf derselben Plattform, ist eine Meldung nicht vorgesehen. Bei befristeter Vermietung von privaten Immobilien sind entsprechende Vergütungen regelmäßig, d. h. auch bei gelegentlicher Tätigkeit, zu melden.
Die Einnahmen und Ausgaben sollten ggf. dokumentiert werden, um diese auf Nachfrage des Finanzamts vorlegen zu können bzw. um den Umfang einer etwaigen Besteuerung zu klären.
Tätigt der Anbieter eine Vielzahl von Transaktionen, ist zu prüfen, ob es sich um eine nachhaltige unternehmerische Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG handelt und die Umsätze der Umsatzsteuer unterliegen; dabei wird auf die Einnahmenerzielungsabsicht abgestellt. Die Umsatzsteuer wird nach der sog. Kleinunternehmerregelung regelmäßig nicht erhoben, wenn die Umsätze im vorangegangenen Jahr 22.000 Euro und im laufenden Jahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen (§ 19 UStG).
Überschreitet der Gesamtumsatz die Kleinunternehmergrenze, kommt beim Handel mit Waren, für die beim Einkauf (z. B. von Privatleuten) keine Umsatzsteuer anfiel, die sog. Differenzbesteuerung in Betracht. Beim Wiederverkauf wird die Umsatzsteuer dann nach der Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis bemessen.
Bei einer selbständigen nachhaltigen Handelstätigkeit werden regelmäßig Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, die der Einkommensteuer und ggf. der Gewerbesteuer unterliegen können.
5 Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenkassen
Krankenkassenbeiträge können als Sonderausgaben steuermindernd geltend gemacht werden. Beitragsrückerstattungen mindern die abziehbaren Sonderausgaben.
Werden von der gesetzlichen Krankenkasse z. B. im Rahmen eines Bonusprogramms Kosten für Gesundheitsmaßnahmen (teilweise) erstattet oder pauschale Boni gezahlt, ist zu prüfen, ob insoweit eine Beitragsrückerstattung vorliegt.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt regelmäßig eine Beitragsrückerstattung vor, soweit sich der Bonus auf aufwandsunabhängige Maßnahmen bzw. ein Verhalten bezieht, wie z. B. Nichtraucherstatus, gesundes Körpergewicht oder gesundheitliche Vorsorgemaßnahmen, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst sind.
Unschädlich für den Sonderausgabenabzug ist dagegen, wenn zusätzliche Aufwendungen des Versicherten für konkrete Gesundheitsmaßnahmen (teilweise) erstattet werden, die nicht im regulären Versicherungsumfang enthalten sind bzw. der Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens dienen (z. B. professionelle Zahnreinigung, Osteopathie, Alternativmedizin, Mitgliedsbeiträge für einen Sportverein bzw. ein Fitnessstudio).
Für bis zum 31.12.2023 geleistete Zahlungen gilt eine Vereinfachungsregelung. Danach sind Bonuszahlungen bis zur Höhe von 150 Euro jährlich pro versicherte Person steuerlich unbeachtlich, auch wenn die Zahlungen für aufwandsunabhängige Maßnahmen erfolgen. Der übersteigende Betrag mindert den Sonderausgabenabzug, sofern nicht nachgewiesen wird, dass Bonuszahlungen von mehr als 150 Euro auf kostenbasierten Gesundheitsmaßnahmen beruhen.
Die Finanzverwaltung hat Regelungen festgelegt, wie noch nicht bestandskräftige Einkommensteuerbescheide geändert werden sollen, in denen Bonuszahlungen von gesetzlichen Krankenkassen ganz oder teilweise zu Unrecht als Beitragsrückerstattung behandelt worden sind. Danach erfolgen Änderungen für die Jahre bis einschließlich 2020 grundsätzlich nur auf Antrag; für die Jahre ab 2017 sind dafür auch entsprechende von den Krankenkassen ausgestellte Bescheinigungen erforderlich.
6 Erlass von Grundsteuer wegen Ertragsminderung
Ein Erlass von Grundsteuer wegen einer Ertragsminderung bei bebauten Grundstücken kommt nicht nur bei außergewöhnlichen und vorübergehenden Umständen in Betracht, sondern z. B. auch bei schwacher Mietnachfrage bzw. Unvermietbarkeit der Immobilie aufgrund der allgemein schwierigen Wirtschaftslage.
Der Erlass der Grundsteuer ist abhängig von der Minderung des Rohertrags (bei Mietwohngrundstücken die Jahresrohmiete) und kann erst ab einer Ertragsminderung von über 50 % beantragt werden:
Minderung des Rohertrags | Erlass |
um mehr als 50 % bis 99 % | 25% |
um 100 % | 50% |
Ein Erlass kommt nur in Betracht, wenn der Vermieter die Minderung des Ertrags nicht zu vertreten hat. Bei einer leer stehenden Wohnung muss der Vermieter nachweisen, dass er sich nachhaltig und ernsthaft um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat.
Hierfür ist es notwendig, dass der Grundstückseigentümer versucht haben muss, den Kreis der möglichen Interessenten möglichst umfassend zu erreichen. Angesichts der weitreichenden Nutzung des Internets ist es im Regelfall erforderlich, dass eine Bewerbung leer stehender Immobilien über dieses Medium – und zwar auch in den einschlägigen Suchportalen – erfolgt. Nicht ausreichend ist dagegen das Anbieten z. B. lediglich auf der Homepage des Vermieters oder des beauftragten Maklers.
Der Antrag auf Erlass der Grundsteuer für das Jahr 2022 ist bis zum 31.03.2023 zu stellen; die Frist kann grundsätzlich nicht verlängert werden (vgl. Abschn. 41 GrStR).
Quelle: Informationsbrief März 2023 Erich Fleischer Verlag