1 Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022
Im Rahmen eines Jahressteuergesetzes 2022 sind u. a. ab 2023 folgende Änderungen geplant:
- Der Sparer-Pauschbetrag für Kapitaleinkünfte wird von 801 Euro (Ehepartner: 1.602 Euro) auf 1.000 Euro (Ehepartner: 2.000 Euro) pro Jahr angehoben.
- Der Ausbildungsfreibetrag für in Berufsausbildung befindliche und auswärtig untergebrachte volljährige Kinder wird von 924 Euro auf 1.200 Euro erhöht.
- Die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen als Werbungskosten bzw. als Betriebsausgaben im Zusammenhang mit Homeoffice-Arbeitsplätzen wird verbessert:
Die Tagespauschale für berufliche Arbeiten in der häuslichen Wohnung in Höhe von 5 Euro kann ab 2023 für bis zu 200 Arbeitstage (= bis zu 1.000 Euro pro Jahr) in Anspruch genommen werden.
Wird ein anerkanntes häusliches Arbeitszimmer für berufliche Tätigkeiten genutzt (d. h. regelmäßig dann, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht), kommt für entstandene Aufwendungen bislang ein Höchstbetrag von 1.250 Euro jährlich in Betracht. Dieser Betrag kann ab 2023 als Jahrespauschale (d. h. ohne Nachweis der Aufwendungen) berücksichtigt werden.
- Für den Neubau von privaten Gebäuden oder Wohnungen, die ab dem 01.07.2023 fertig gestellt werden, erhöht sich der lineare Abschreibungssatz von bisher 2 % auf 3 %.
- Der Sonderausgabenabzug von Beiträgen zur Altersversorgung (z. B. zur gesetzlichen Rentenversicherung, für Versorgungseinrichtungen oder für private Leibrentenversicherungen) steigt bereits im Jahr 2023 (statt erst im Jahr 2025) auf 100 %.
- Die Einkommensteuerbefreiung von kleineren Photovoltaikanlagen wird erweitert. Ab 2023 erzielte Einnahmen im Zusammenhang mit Anlagen auf, an oder in Einfamilienhäusern oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden bleiben bei einer installierten Bruttoleistung von bis zu 30 kW steuerfrei; bei überwiegend zu Wohnzwecken genutzten sonstigen Gebäuden gilt eine Grenze von bis zu 15 kW je Einheit.
Für die Lieferung an Endabnehmer und die Installation von Solarmodulen bzw. Photovoltaikanlagen etc. wird ab 2023 der Umsatzsteuersatz auf 0 % herabgesetzt.
2 Sachzuwendungen an Arbeitnehmer (z. B. anlässlich von Betriebs- oder Weihnachtsfeiern)
Aufwendungen des Arbeitgebers für Sachleistungen oder Geschenke an seine Arbeitnehmer können regelmäßig als Betriebsausgaben geltend gemacht werden; sie sind allerdings grundsätzlich beim Arbeitnehmer lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig. Unter anderem gelten für die folgenden Sachzuwendungen aber steuer- und sozialversicherungsrechtliche Vergünstigungen:
Übliche Aufmerksamkeiten aus einem besonderen persönlichen Anlass (z. B. Blumen, Wein oder ein Buch zum Geburtstag oder zur Hochzeit) bleiben lohnsteuerfrei, wenn der Wert des Geschenks die Freigrenze von 60 Euro brutto je Anlass nicht überschreitet; Sozialversicherungsbeiträge fallen ebenfalls nicht an.
Sonstige Sachbezüge (z. B. auch Gutscheine oder Geldkarten) bleiben grundsätzlich steuerfrei, wenn der Wert – ggf. zusammen mit weiteren Sachbezügen – die Freigrenze von 50 Euro brutto monatlich nicht übersteigt (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG); die Zuwendungen sind dann auch sozialversicherungsfrei.
Für teurere Sachzuwendungen (z. B. im Rahmen von Incentive-Veranstaltungen oder für VIP-Eintrittskarten) kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer für alle betroffenen Arbeitnehmer pauschal mit 30 % übernehmen (vgl. § 37b EStG). Nach § 37b EStG pauschal versteuerte Zuwendungen sind regelmäßig nicht sozialversicherungsfrei.
Zuwendungen an Arbeitnehmer anlässlich von Betriebsveranstaltungen (z. B. Bewirtungen auf einer Weihnachtsfeier) bleiben lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei, soweit der Wert der Zuwendungen bei höchstens zwei Veranstaltungen jährlich für den einzelnen Arbeitnehmer nicht mehr als 110 Euro pro Veranstaltung beträgt.
Für einen übersteigenden Teil kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer pauschal mit 25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) übernehmen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG); die pauschal versteuerten Zuwendungen sind dann beitragsfrei in der Sozialversicherung.
Weihnachtsgeschenke an Arbeitnehmer, die nicht bei einer Weihnachtsfeier überreicht werden, können ggf. im Rahmen der monatlichen Freigrenze von 50 Euro steuerfrei sein oder nach § 37b EStG mit 30 % pauschal versteuert werden; in diesem Fall ist die Pauschalversteuerung einheitlich für alle Zuwendungen im Jahr vorzunehmen.
Die Überlassung von betrieblichen Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräten (einschließlich der Software, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt) sowie deren Zubehör an Arbeitnehmer zur privaten Nutzung ist lohnsteuerfrei (§ 3 Nr. 45 EStG) und unterliegt nicht der Sozialversicherung; das gilt z. B. auch für damit im Zusammenhang stehende Telekommunikationskosten. Bei einer unentgeltlichen oder verbilligten Übereignung dieser Geräte liegt allerdings Arbeitslohn vor, der mit 25 % pauschal (zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) versteuert werden kann (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG); bei Pauschalversteuerung liegt insoweit Sozialversicherungsfreiheit vor.
3 Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen bei kleinen und mittleren Betrieben – Verlängerte Investitionsfristen
Bei Anschaffung und Herstellung von beweglichen, vermieteten oder (fast) ausschließlich betrieblich genutzten Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens von Gewerbetreibenden, Selbständigen oder Freiberuflern können neben der normalen Abschreibung bis zu 20 % der Aufwendungen in den ersten 5 Jahren gesondert abgeschrieben werden. Die Sonderabschreibung kommt bei Anschaffung bzw. Herstellung des Wirtschaftsguts bis zum Jahresende in vollem Umfang für das gesamte Jahr 2022 in Betracht.
Werden entsprechende Investitionen geplant, kann durch Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags in Höhe von bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten – maximal bis zu einem Betrag von 200.000 Euro im Wirtschaftsjahr – die steuerliche Wirkung der Abschreibungen vorgezogen werden; die Sonderabschreibung kann dann im Zeitpunkt der Investition zusätzlich geltend gemacht werden.
Voraussetzung für die Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags ist, dass die Investition innerhalb einer bestimmten Frist erfolgt, da ansonsten der Abzugsbetrag rückgängig gemacht wird. Die Frist beträgt normalerweise 3 Jahre. Allerdings sind die Fristen für in den Jahren 2017 bis 2019 gebildete Abzugsbeträge im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen (mehrmals) verlängert worden und lauten nunmehr wie folgt:
Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags |
Dauer der Frist | Investition bis Ende des Wirtschaftsjahres |
2017 6 Jahre 2023
2018 5 Jahre 2023
2019 4 Jahre 2023
2020 3 Jahre (normal) 2023
Wird die Investition rechtzeitig bis zum Ende der Frist durchgeführt, bleibt die (vorgezogene) steuerliche Wirkung des Investitionsabzugsbetrags erhalten.
Der Investitionsabzugsbetrag und die Sonderabschreibungen können nur dann in Anspruch genommen werden, wenn eine einheitliche Gewinngrenze von 200.000 Euro nicht überschritten wird. Zu beachten ist, dass im Hinblick auf die Geltendmachung von Sonderabschreibungen die Gewinngrenze für das Jahr gilt, das der Anschaffung des Wirtschaftsguts vorangeht.
4 Verlängerung Kurzarbeitergeld
Die Bundesregierung hat beschlossen, die Zugangserleichterungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld über den 30.09.2022 hinaus für weitere drei Monate bis zum 31.12.2022 zu verlängern.
Das bedeutet, dass weiterhin Kurzarbeitergeld bereits gezahlt werden kann, wenn mindestens 10 % statt regulär ein Drittel der Beschäftigten von einem Entgeltausfall betroffen sind; außerdem müssen Beschäftigte auch wie bisher keine Minusstunden vor Bezug von Kurzarbeitergeld aufbauen.
Das Kurzarbeitergeld ist gemäß § 3 Nr. 2 EStG steuerfrei, unterliegt aber gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG dem Progressionsvorbehalt. Die anfallenden Sozialversicherungsbeiträge trägt der Arbeitgeber allein. Die vorübergehende pauschalierte Erstattung der Beiträge an den Arbeitgeber durch die Bundesanstalt für Arbeit ist über den 31.03.2022 hinaus nicht mehr verlängert worden; lediglich bei Absolvierung beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen während der Kurzarbeit können längstens bis zum 31.07.2023 50 % der Sozialversicherungsbeiträge erstattet werden. Sofern der Arbeitgeber Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld gewährt, waren diese nur für vor dem 01.07.2022 endende Lohnzahlungszeiträume bis zu 80 % des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt gemäß § 3 Nr. 28a EStG steuer- und gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 8 SvEV grundsätzlich sozialversicherungsfrei. Ob auch diese Regelung entsprechend verlängert wird, bleibt abzuwarten.
Zu beachten ist, dass bei einem Bezug von Kurzarbeitergeld und anderen Lohnersatzleistungen von mehr als 410 Euro im Jahr gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG eine Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung besteht.
5 Lohnsteuer-Ermäßigung
Freibetrag beim Lohnsteuerabzug
Erhöhte Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen können bei Arbeitnehmern bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden. Die steuermindernde Wirkung tritt dann sofort bei der monatlichen Lohn-/Gehaltszahlung und nicht erst im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung ein. Der Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung ist mit amtlichem Vordruck beim Finanzamt zu stellen; die Finanzverwaltung speichert diese Lohnsteuerabzugsdaten in der ELStAM-Datenbank.
Ab dem 01.10.2022 kann ein Lohnsteuer-Freibetrag für 2023 beantragt werden, der für längstens zwei Kalenderjahre gilt. Bis zum 30.11.2022 kann auch noch ein Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung für das laufende Jahr 2022 gestellt werden, damit ein Freibetrag z. B. noch bei der Ermittlung der Lohnsteuer für Dezember berücksichtigt werden kann.
Berücksichtigungsfähige Aufwendungen
Werbungskosten werden nur insoweit berücksichtigt, als sie den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 Euro (bei Versorgungsbezügen: 102 Euro) übersteigen. Ein Freibetrag z. B. für Werbungskosten und Sonderausgaben ist aber nur möglich, wenn die Summe der zu berücksichtigenden Aufwendungen die Antragsgrenze von 600 Euro übersteigt.
Nach § 39a EStG kommen insbesondere folgende Aufwendungen in Betracht:
- Werbungskosten (Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, doppelte Haushaltsführung usw.),
- Sonderausgaben (Ausbildungskosten, Unterhalt an geschiedene oder getrennt lebende Ehepartner, Spenden usw. sowie Kinderbetreuungskosten),
- außergewöhnliche Belastungen (ggf. nach Abzug einer zumutbaren Belastung).
Folgende Beträge sind ohne Beachtung der Antragsgrenze zu berücksichtigen:
- Pauschbeträge für Menschen mit Behinderungen und Hinterbliebene (§ 33b EStG),
- Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungen und Dienstleistungen; als Freibetrag wird das Vierfache der nach § 35a EStG maßgebenden Ermäßigungsbeträge berücksichtigt,
- Verluste aus anderen Einkunftsarten (z. B. aus Vermietung und Verpachtung).
Zu beachten ist, dass dem Finanzamt eine Änderung der Verhältnisse (z. B. durch Verringerung von Aufwendungen) mitzuteilen ist, wenn dies zu einer Reduzierung des Freibetrags führt.
Faktorverfahren bei Ehepartnern
Berufstätige Ehepartner können beantragen, dass beim Lohnsteuerabzug das sog. Faktorverfahren berücksichtigt wird (§ 39f EStG). Dieser Antrag ist umso sinnvoller, je unterschiedlicher die Arbeitslöhne bei jeweils berufstätigen Ehepartnern sind. Die Lohnsteuer nach Lohnsteuerklasse IV wird dann durch einen Faktor verringert, der sich an der voraussichtlichen Jahreseinkommensteuer orientiert.
6 Geringwertige Wirtschaftsgüter noch bis Jahresende anschaffen
Abnutzbare bewegliche und selbständig nutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (z. B. Büroeinrichtungen) können im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abgeschrieben werden, wenn die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Wirtschaftsguts 800 Euro21 nicht übersteigen. Entscheidend für den Zeitpunkt der Anschaffung ist regelmäßig die Lieferung, d. h., wenn der Erwerber über das Wirtschaftsgut verfügen kann.
Damit sich die Aufwendungen für diese sog. geringwertigen Wirtschaftsgüter noch im laufenden Kalenderjahr in voller Höhe auswirken, muss die Anschaffung bis zum 31.12.2022 erfolgen.
Für Wirtschaftsgüter bis 1.000 Euro ist bei Gewinneinkünften (wahlweise) die Bildung eines mit 20 % jährlich abzuschreibenden Sammelpostens möglich; in diesem Fall ist für alle anderen in diesem Jahr angeschafften Wirtschaftsgüter eine Sofortabschreibung nur bei Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bis zur Höhe von 250 Euro21 zulässig.
Für private Überschusseinkünfte (z. B. nichtselbständige Arbeit, Vermietung und Verpachtung) gilt nicht die Sammelposten-, sondern ausschließlich die 800 Euro-Regelung.
Quelle: Informationsbrief November 2022 Erich Fleischer Verlag