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Informationsbrief April 2022

1 Betriebsgewöhnliche  Nutzungsdauer  für  Computerhardware  und  Software
nur  noch  ein  Jahr

Das Bundesfinanzministerium hat sein Schreiben, nach dem für „Computerhardware“ sowie für „Software“ eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden kann (statt z. B. von drei Jahren), konkretisiert. Darin wird klargestellt, dass im Jahr der Anschaffung oder Fertigstellung die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Hard- und Software in voller Höhe (ggf. bis auf einen Erinne­rungswert von 1 Euro) abgeschrieben werden können; eine zeitanteilige Abschreibung ist bei unterjähriger Anschaffung nicht erforderlich. Bei der Inventur sind diese abgeschriebenen Wirtschaftsgüter aber zu erfassen.

Der Begriff „Computerhardware“ umfasst auch Peripheriegeräte (z. B. Drucker) und wird in dem Schreiben genau definiert. Tablets gehören dazu, Handys werden nicht erwähnt.

Unter „Software“ wird Betriebs- und Anwendersoftware verstanden, wozu neben Standardanwendungen auch individuell hergestellte Programme wie ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme oder sons­tige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung gehören.

Die neue einjährige Nutzungsdauer kann erstmals bei Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre angewendet werden, die nach dem 31.12.2020 enden, d. h. erstmals für den Veranlagungszeitraum 2021.

Sofern aus früheren Anschaffungen von Computerhard- oder Software noch Restbuchwerte vorhanden sind, können diese in Wirtschaftsjahren, die nach dem 31.12.2020 enden, d. h. erstmals im Jahr 2021, in vollem Umfang (ggf. bis zu einem Erinnerungswert von 1 Euro) abgeschrieben werden.

Diese Grundsätze gelten ab dem Veranlagungszeitraum 2021 entsprechend auch für den Werbungskostenabzug z. B. von Arbeitnehmern im Homeoffice.

2  Zufluss  von  Tantiemen  an  Gesellschafter-Geschäftsführer

Grundsätzlich sind Sonderzahlungen an Arbeitnehmer dann steuerpflichtig, wenn sie zugeflossen sind. Das gilt auch für Tantiemen. Bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH wird jedoch davon ausgegangen, dass ihm diese bereits mit deren Fälligkeit zufließen. Denn der beherrschende Gesell-
schafter kann regelmäßig selbst entscheiden, wann er sich eine fällige Forderung auszahlen lässt, also bereits mit der Fälligkeit darüber verfügen kann.

Vor diesem Hintergrund kann die Versteuerung einer Tantieme bei einem beherrschenden Gesellschafter nicht dadurch vermieden werden, dass die Auszahlung der fälligen Tantiemen ganz oder teilweise zurückge-
stellt wird. Der Bundesfinanzhof hat bestätigt, dass in diesen Fällen Tantiemen bereits dann als zugeflossen gelten, wenn der Jahresabschluss durch die Gesellschafterversammlung festgestellt wird. Denn damit wird auch der Tantiemeanspruch festgestellt.

Das gilt jedenfalls dann, wenn im Anstellungsvertrag keine anderweitigen fremdüblichen Regelungen zur Fälligkeit der Tantieme enthalten sind. Vereinbarungen, die die Fälligkeit letztlich in die Entscheidungs-
befugnis des (Gesellschafter-)Geschäftsführers stellen, sind dabei nicht zu beachten.

3  Vorläufige  Steuerfestsetzungen  im  Hinblick  auf  anhängige  Musterverfahren

Nach einer Information der Finanzverwaltung sind aktuell zwei Punkte in die sog. Vorläufigkeitsliste auf-genommen worden:

a) Besteuerung bei Altersrenten ab 2005

Der Bundesfinanzhof hatte darauf hingewiesen, dass eine „Zuvielbelastung“ von Altersbezügen vorliegen könne, wenn die Steuerbelastung der gesetzlichen Altersrente gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppel­buchst. aa EStG höher ist als die im Rahmen des Sonderausgabenabzugs steuerfrei gestellten Rentenversiche­rungsbeiträge.

Die Finanzverwaltung nimmt entsprechende Einkommensteuerfestsetzungen ab 2005 zwar vorläufig vor, stellt aber klar, dass eine Überprüfung dieser Frage von Amts wegen durch die Finanzämter ohne Mit-
wirkung der betroffenen Steuerzahler nicht möglich ist. Betroffene müssen daher „weitere Unterlagen“ vor­legen, damit eine eventuelle günstigere Besteuerung – z. B. nach einer Entscheidung des Bundesverfassungs­gerichts – in Betracht kommen kann.

b) Verrechnungsbeschränkung für Verluste aus der Veräußerung von Aktien

Private Erträge aus der Veräußerung von Kapitalvermögen werden seit 2009 grundsätzlich der Einkommen­steuer unterworfen; für entsprechende Verluste gilt dagegen eine wesentliche Einschränkung: Diese dürfen regelmäßig nur mit Gewinnen aus anderem Kapitalvermögen verrechnet werden. Noch restriktiver ist die Regelung für Verluste aus Aktiengeschäften. Hier dürfen Verluste ausschließlich nur mit Gewinnen aus anderen Aktiengeschäften verrechnet werden (siehe § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG).

Der Bundesfinanzhof hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die zu­sätzliche Beschränkung für Aktienverluste eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darstellt.

Die Finanzverwaltung nimmt entsprechende Einkommensteuerfestsetzungen ab 2009 vorläufig vor. Ein Ein­spruch im Hinblick auf die zu erwartende Klärung durch das Bundesverfassungsgericht ist somit nicht mehr erforderlich.

4  Entwurf  eines  Vierten  Gesetzes  zur  Umsetzung  steuerlicher  Hilfsmaßnahmen  zur
Bewältigung  der  Corona-Krise

Zur weiteren Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie sind weitere steuerliche Maßnahmen geplant:

  • Die Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen (z. B. Einkommen-, Körperschaft-, Umsatzsteuer) werden teilweise in einer weiteren Stufe verlängert. Für von Beratern erstellte Erklärungen ergeben sich folgende Fristen: 
 Fristen
Veranlagungszeitraumbisherverlängert
202031.05.202231.08.2022 (31.01.2023)
2021Ende Februar 202330.06.2023 (30.11.2023)
2022Ende Februar 202430.04.2024 (30.09.2024)
  • Die mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz eingeführte degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird um ein Jahr verlängert und gilt auch noch für Wirtschafts-
    güter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden.
  • Die Frist für die Durchführung von Investitionen im Zusammenhang mit den Investitionsabzugsbeträgen im Sinne des § 7g EStG, die in 2022 auslaufen, wird um ein weiteres Jahr verlängert. Dies gilt ebenfalls für die Reinvestitionsfrist nach § 6b EStG.
  • Die erweiterte Verlustverrechnung (Höchstbetrag 10 Mio. Euro bzw. 20 Mio. Euro für Ehepartner) wird über das Jahr 2021 hinaus auf die Veranlagungszeiträume 2022 und 2023 verlängert. Der Verlustrücktrag wird ab 2022 auf zwei Jahre in die beiden vorangegangenen Jahre ausgeweitet.
  • Arbeitgeber können an in bestimmten Einrichtungen – insbesondere in Krankenhäusern – tätige Arbeit­nehmer zusätzlich zum Arbeitslohn Sondervergütungen im Zeitraum vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022 bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei zahlen.
  • Die Möglichkeit auch ohne steuerlich anerkanntes Arbeitszimmer für jeden Kalendertag, den ein Arbeit­nehmer seine berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung ausübt eine Homeoffice-Pauschale von 5 Euro täglich, höchstens 600 Euro im Jahr, steuerlich geltend zu machen, soll bis Ende 2022 verlängert werden.

5  Keine  Schenkungsteuer  auf  Abfindung  bei  Scheidung

Jede Schenkung unterliegt grundsätzlich als sog. freigebige Zuwendung der Schenkungsteuer, soweit der Bedachte dadurch auf Kosten des Schenkers bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Diese Voraussetzung gilt als erfüllt, wenn im Zusammenhang mit der Eheschließung ein Ehevertrag geschlossen und u. a. pauschal vor Eheschließung eine „Abfindung“ als Ersatz für eventuell zukünftig entstehenden nachehelichen Unterhalt gezahlt wird. Der Verzicht auf möglicherweise später entstehende Ansprüche wird dann nicht als Gegenleistung für die Abfindung beurteilt; die Abfindung ist vielmehr schenkungsteuerpflichtig. Das gilt auch für eine Ab­­findung, die vorab für mögliche Zugewinnausgleichsansprüche gezahlt wird. Denn insoweit ist zum Zeitpunkt der Abfindung unklar, ob diese Ansprüche überhaupt entstehen werden; der Verzicht ist keine Gegenleistung für die Abfindung.

Etwas anderes gilt aber dann, wenn eine pauschale Abfindung erst bei Scheidung gezahlt und diese insoweit als Gegenleistung für den Verzicht auf die durch die Scheidung entstehenden Ansprüche anzusehen ist. Dabei ist es nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs unschädlich, wenn eine solche Abfindung bereits vor der Eheschließung – auch der Höhe nach – vereinbart wurde, aber erst im Fall der Scheidung fällig wird. Schenkungsteuer fällt dann nicht an.

6  Erbschaftsteuer:  Billigkeitsmaßnahmen  zur  Lohnsummenregelung 
wegen  der  Corona-Krise

Betriebsvermögen ist unter bestimmten Voraussetzungen beim Erben bis zu 85 % steuerfrei (sog. Regelver­schonung, § 13a ErbStG). Voraussetzung dafür ist, dass der Betrieb im Wesentlichen weitergeführt wird. Die Begünstigung wird daher nachträglich gemindert, wenn sich die durchschnittliche Lohnsumme in den fünf Jahren nach der Erbschaft wesentlich verringert. Die Lohnsumme muss in den folgenden fünf Jahren zusam­men mindestens 400 % der durchschnittlichen Lohnsumme vor der Erbschaft betragen, um eine Kürzung des Verschonungsabschlags zu vermeiden.

Dabei wird Kurzarbeitergeld nicht zur Lohnsumme gerechnet. Finanzämter können daher im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme insoweit auf die Anwendung der Lohnsummenregelung verzichten, als ein Unternehmen in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 30.06.2022 diese Grenzen allein wegen der Corona-Pandemie nicht einhalten konnte. Diese Voraussetzung gilt als erfüllt, wenn

    • für den o. g. Zeitraum Kurzarbeitergeld an den Betrieb gezahlt wurde und
    • der Betrieb einer Branche angehörte, die von einer verordneten Schließung wegen der Corona-Pandemie unmittelbar betroffen war.

Die Finanzämter prüfen das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Billigkeitsmaßnahme jedoch immer im Einzelfall.

7  Vernichtung  von  Buchhaltungsunterlagen

Für Buchhaltungsunterlagen gelten bestimmte Aufbewahrungsfristen (vgl. § 147 AO). Im Jahresabschluss kann ggf. für die zukünftigen Kosten der Aufbewahrung dieser Unterlagen eine Rückstellung gebildet werden.

Mit Ablauf der gesetzlichen Fristen können nach dem 31.12.2021 insbesondere folgende Unterlagen vernichtet werden:

10-jährige Aufbewahrungsfrist:

    • Bücher, Journale, Konten usw., in denen die letzte Eintragung 2011 und früher erfolgt ist
    • Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen und Inventare, die 2011 oder früher aufgestellt wurden, sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Unterlagen
    • Buchungsbelege (z. B. Rechnungen, Bescheide, Zahlungsanweisungen, Kontoauszüge, Lohn- bzw. Gehaltslisten, Reisekostenabrechnungen, Bewirtungsbelege) aus dem Jahr 2011

6-jährige Aufbewahrungsfrist:

    • Lohnkonten und Unterlagen (Bescheinigungen) zum Lohnkonto mit Eintragungen aus 2015 oder früher
    • Sonstige Dokumente (z. B. Ausfuhr- bzw. Einfuhrunterlagen, Auftragsbücher, Frachtbriefe, abgelaufene Darlehensverträge, Versicherungspolicen) sowie Geschäftsbriefe aus dem Jahr 2015 oder früher

Aufzubewahren sind alle Unterlagen, die zum Verständnis und zur Überprüfung der Aufzeichnungspflich­ten von Bedeutung sind. Dies gilt sowohl für Unterlagen in Papierform als auch für Unterlagen in Form von Daten, Datensätzen und elektronischen Dokumenten; die Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung sind einzuhalten. Während des Aufbewahrungszeitraums muss der Zugriff auf diese Daten, die Lesbarkeit und die maschinelle Auswertbarkeit möglich sein.

Eingehende elektronische Rechnungen, Handels- und Geschäftsbriefe oder sonstige bedeutsame Dokumente sind in dem Format unverändert aufzubewahren, in dem sie empfangen wurden (z. B. im PDF- oder Bild­format); sie dürfen nicht vor Ablauf der Aufbewahrungspflicht gelöscht werden.

Werden Papierdokumente in elektronische Dokumente umgewandelt („gescannt“), muss das Verfahren dokumentiert werden, durch das insbesondere die inhaltliche Übereinstimmung mit dem Original sowie die Lesbarkeit und Vollständigkeit sichergestellt werden.

Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.

Die Vernichtung von Unterlagen ist allerdings dann nicht zulässig, wenn die Frist für die Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist (vgl. §§ 169, 170 AO).

Bei der Entscheidung über die Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen ist grundsätzlich auch zu prüfen, ob und welche Unterlagen evtl. als Beweise für eine spätere Betriebsprüfung bzw. für ein ggf. noch zu führen­des Rechtsmittel – trotz der offiziellen Vernichtungsmöglichkeit – weiterhin aufbewahrt werden sollten.

Quelle: Informationsbrief April 2022 Erich Fleischer Verlag