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Informationsbrief März 2022

1 Zweifel  an  der  Verfassungsmäßigkeit  der  Höhe  von  Säumniszuschlägen

Säumniszuschläge entstehen, wenn eine festgesetzte bzw. angemeldete Steuer nicht pünktlich zum Fällig­keitstag gezahlt wurde; bei einer Säumnis von bis zu drei Tagen (Schonfrist) werden diese regelmäßig nicht erhoben. Für jeden angefangenen Monat der Säumnis fallen automatisch 1 % (12 % pro Jahr) des rückstän­digen Steuerbetrags an. Neben ihrer Funktion als Druckmittel erfüllen Säumniszuschläge auch eine zinsähnliche Funktion für die Zeit des Zahlungsrückstands.

Vor dem Hintergrund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus hat der Bundesfinanzhof in einem kürzlich be­kannt gewordenen Beschluss Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen geäußert. Der Bundesfinanzhof entschied, dass für den hälftigen Betrag der Säumniszuschläge die Voll­ziehung auszusetzten ist, da insofern der Zinscharakter gegeben ist.

Der Beschluss ist jedoch zeitlich vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergangen, mit dem die Höhe der Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen für verfassungswidrig erklärt wurde. Das Bundesverfassungsgericht schloss jedoch eine Erweiterung auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aus­setzungszinsen ausdrücklich aus. Diese Einschränkung begründete das Gericht damit, dass hierbei grundsätzlich eine Möglichkeit besteht, den Zinstatbestand nicht zu verwirklichen.

Die Frage, inwieweit dies auch auf Säumniszuschläge zutrifft, die durch pünktliche Zahlung vermieden wer­den können, hat das Bundesverfassungsgericht offengelassen.

2  Entfernungspauschale  bei  Nutzung  verschiedener  Verkehrsmittel

Arbeitnehmer können für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte unabhängig vom ge­wählten Verkehrsmittel eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte als Werbungskosten geltend machen, höchstens jedoch 4.500 Euro im Kalenderjahr. Die Begrenzung auf den Höchstbetrag gilt nicht bei Verwendung eines PKW. Bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel können die tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden, wenn diese höher sind als die gesamte Entfernungspauschale.

Infolge der Einführung der CO2-Steuer wurde die Entfernungspauschale ab 2021 ab dem 21. Entfernungs­kilometer auf jeweils 0,35 Euro und ab 2024 auf 0,38 Euro angehoben. Bei der Verwendung verschiedener Verkehrsmittel für den Arbeitsweg kann wie folgt vorgegangen werden.

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer fährt im Jahr 2021 an 220 Arbeitstagen mit dem eigenen PKW 30 km zum nächsten Bahnhof und von dort
90 km mit der Bahn zu seiner ersten Tätigkeitsstätte. Die kürzeste maßgebende Entfernung (Straßenverbindung) beträgt 100 km.
Die Aufwendungen für die Bahnfahrten betragen 2.160 € (monatlich 180 € × 12) im Jahr.

Von der maßgebenden Entfernung von 100 km ist zunächst eine Teilstrecke von 30 km den Fahrten mit dem PKW (die ohne
Höchstbetrag abzugsfähig sind) und der Rest von 70 km den Fahrten mit der Bahn zuzuordnen.

Für die 70 km mit der Bahn beträgt die Entfernungspauschale:

220 Arbeitstage × 20 km × 0,30 € =                           1.320 €

zuzüglich

220 Arbeitstage × 50 km × 0,35 € =                           3.850 €

Summe                                                                   5.170 €

höchstens jedoch                                                                     4.500 €

Für die 30 km mit dem PKW beträgt die Entfernungspauschale:

220 Arbeitstage × 30 km × 0,35 € =                                         2.310 €

Insgesamt beträgt die anzusetzende
Entfernungspauschale                                                              6.810 €

Die tatsächlichen Aufwendungen für die Bahnfahrten in Höhe von 2.160 € wirken sich nicht aus, weil sie niedriger sind als die für das Kalenderjahr insgesamt anzusetzende Entfernungspauschale.

3  Fehlende  allgemeine  Registrierkassenpflicht  nicht  verfassungswidrig

Unternehmer bzw. Händler mit bargeldintensiven Betrieben (z. B. auf Wochenmärkten oder in der Gastro­nomie), die keine Registrierkasse verwenden, können ihre Bareinnahmen mit Hilfe einer sog. offenen Laden­kasse erfassen.

Diese Praxis hat der Bundesfinanzhof jetzt bestätigt. Das Gericht hat hierzu entschieden, dass das Fehlen einer gesetzlichen Verpflichtung zur Führung einer elektronischen Kasse nicht verfassungswidrig sei. Danach liege kein strukturelles Vollzugsdefizit vor, was eine Verfassungswidrigkeit begründen könne; auch bei einer offenen Ladenkasse bestehe ein Entdeckungsrisiko bei Manipulationen.

Zumindest für das Jahr 2015 bestand nach Auffassung des Gerichts auch für bargeldintensive Geschäfts­betriebe eine Rechtslage, die auf Durchsetzung der geltenden Steuergesetze abzielte. Unternehmer, die elektronische Registrierkassen einsetzen, können sich danach nicht auf Verletzung des Rechts auf Gleich­behandlung berufen.

4  Fremdübliche  Zinsen  auf  Konzerndarlehen

Insbesondere in grenzüberschreitenden Konstellationen versuchen Konzerne, Gewinne in einen Staat mit niedrigen Steuersätzen zu transferieren. Eine Methode der Gewinnverlagerung kann darin bestehen, dass ein Konzernunternehmen einem anderen Konzernunternehmen ein Darlehen gewährt und dabei steuerlich unzulässig überhöhte – d. h. keine fremdüblichen – Zinsen berechnet.

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Fremdüblichkeit des vereinbarten Zinssatzes für ein Kon­zerndarlehen vorrangig so zu ermitteln ist, dass der vereinbarte Zins mit dem Zins verglichen wird, der z. B. bei vergleichbaren Bankdarlehen vereinbart worden wäre (Preisvergleichsmethode). Das gilt auch für un­besichert gewährte Konzerndarlehen. Für die Beurteilung des Risikos ist nicht die durchschnittliche Kredit­würdigkeit des Gesamtkonzerns, sondern die Bonität der darlehensnehmenden Konzerngesellschaft maßgebend („Stand-alone“-Rating).

Erst wenn ein derartiger Preisvergleich nicht möglich ist, kann die sog. Kostenaufschlagsmethode angewen­det werden, bei der die Selbstkosten des Darlehensgebers ermittelt und um einen angemessenen Gewinnauf­schlag erhöht werden. Diese von der Finanzverwaltung gern benutzte Methode führt regelmäßig zu niedri­geren Vergleichszinsen.

5  Grundsteuer-Erlass  wegen  Ertragsminderung

Ein Grundsteuer-Erlass wegen einer Ertragsminderung bei bebauten Grundstücken kommt nicht nur bei außergewöhnlichen und vorübergehenden Umständen in Betracht, sondern z. B. auch bei schwacher Miet­nachfrage bzw. Unvermietbarkeit der Immobilie aufgrund der allgemein schwierigen Wirtschaftslage.

Der Grundsteuer-Erlass ist abhängig von der Minderung des Rohertrags (bei Mietwohngrundstücken die Jahresrohmiete) und kann erst ab einer Ertragsminderung von über 50 % beantragt werden:

Minderung des Rohertrags Grundsteuer-Erlass
um mehr als 50 % bis 99 % 25%
um 100 % 50%

Ein Grundsteuer-Erlass kommt nur in Betracht, wenn der Vermieter die Minderung des Ertrags nicht zu vertreten hat. Bei einer leer stehenden Wohnung muss der Vermieter nachweisen, dass er sich nachhaltig und ernsthaft um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat.

Hierfür ist es notwendig, dass der Grundstückseigentümer versucht haben muss, den Kreis der möglichen Interessenten möglichst umfassend zu erreichen. Angesichts der weitreichenden Nutzung des Internets ist es im Regelfall erforderlich, dass eine Bewerbung leer stehender Immobilien über dieses Medium – und zwar auch in den einschlägigen Suchportalen – erfolgt. Nicht ausreichend ist dagegen das Anbieten z. B. lediglich auf der Homepage des beauftragten Maklers.

Der Antrag auf Erlass der Grundsteuer für das Jahr 2021 ist bis zum 31.03.2022 zu stellen; die Frist kann grundsätzlich nicht verlängert werden (vgl. Abschn. 41 GrStR).

6  Bonuszahlungen  der  gesetzlichen  Krankenkassen

Beitragszahlungen an Krankenkassen sind als Sonderausgaben abzugsfähig. Erfolgen umgekehrt Zahlungen der Krankenkasse an ihr Mitglied, ist zu prüfen, ob insoweit eine den Sonderausgabenabzug mindernde Bei­tragsrückerstattung vorliegt.

Werden von der gesetzlichen Krankenkasse z. B. im Rahmen eines Bonusprogramms Kosten für Gesundheits­maßnahmen (teilweise) erstattet oder wird eine Pauschalzahlung geleistet, liegt keine den Sonderausgabenab­zug mindernde Beitragsrückerstattung vor, sofern damit konkret einer Gesundheitsmaßnahme zuzuordnende Kosten ausgeglichen werden.

In einer aktuellen Stellungnahme hat die Finanzverwaltung diese Rechtsprechung umgesetzt. Eine Beitrags­rückerstattung liegt danach nicht vor, wenn die zusätzlichen Aufwendungen des Versicherten für konkrete Gesundheitsmaßnahmen (teilweise) erstattet werden. Dies betrifft Maßnahmen, die nicht im regulären Versicherungsumfang enthalten sind bzw. der Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens dienen (z. B. pro­fessionelle Zahnreinigung, Osteopathie, Alternativmedizin, Mitgliedsbeiträge für einen Sportverein bzw. ein Fitnessstudio).

Dagegen liegt eine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragsrückerstattung vor, soweit sich der Bonus auf aufwandsunabhängige Maßnahmen bzw. ein Verhalten bezieht, wie z. B. Nichtraucherstatus, gesundes Körpergewicht oder gesundheitliche Vorsorge- bzw. Schutzmaßnahmen, die vom Basiskrankenversiche­rungsschutz umfasst sind.

Des Weiteren wurde eine Vereinfachungsregelung getroffen. Bonuszahlungen bis zur Höhe von 150 Euro jährlich pro versicherte Person führen danach nicht zu einer Beitragsrückerstattung, auch wenn die Zahlungen für aufwandsunabhängige Maßnahmen erfolgen. Der übersteigende Betrag mindert den Sonder­ausgabenabzug, sofern nicht nachgewiesen wird, dass Bonuszahlungen von mehr als 150 Euro auf kosten­basierten Gesundheitsmaßnahmen beruhen. Diese Vereinfachungsregelung gilt für bis zum 31.12.2023 geleistete Zahlungen.

7  Häusliches  Arbeitszimmer  in  einer  gemeinsamen  Wohnung  von  Ehepartnern

Aufwendungen für ein beruflich genutztes sog. häusliches Arbeitszimmer sind in der Regel bis zu einem Be­trag von 1.250 Euro als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht; ein unbegrenzter Abzug der Aufwendun­gen ist möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG). Fraglich ist aber, welche Aufwendungen überhaupt abzugs­fähig sind, wenn sich das Arbeitszimmer in einer gemeinsamen Wohnung von Ehepartnern befindet, ein Teil des Arbeitszimmers also rechnerisch dem anderen Ehepartner gehört.

Hinsichtlich der nutzungsorientierten Aufwendungen (Energie, Reinigung, Reparaturen im Arbeitszimmer usw.) ist unstrittig, dass diese vom Arbeitszimmer nutzenden Ehepartner in vollem Umfang abgezogen wer­den dürfen.

Hinsichtlich der grundstücksorientierten Aufwendungen (Zinsen, Abschreibungen, Versicherungen, Grundsteuer usw.) hatte der Bundesfinanzhof jedoch entschieden, dass ein Abzug nur in Höhe des Mit­eigentumsanteils in Betracht kommt. Die Finanzverwaltung hat diese Auffassung allerdings relativiert. Danach können die gesamten Aufwendungen regelmäßig dem das Arbeitszimmer nutzenden Ehepartner zugeordnet werden; Voraussetzung dafür ist aber, dass die Aufwendungen vom eigenen oder vom gemein­samen Konto bezahlt werden. Für Arbeitszimmer in gemieteten Wohnungen gilt Entsprechendes.

8  Grundsteuerreform:  Steuererklärungspflichten  noch  in  diesem  Jahr

Das Bundesverfassungsgericht hatte die der Grundsteuer zugrunde liegenden Einheitswerte für Grund­stücke für verfassungswidrig erklärt, dem Gesetzgeber allerdings eine Übergangsfrist eingeräumt. Eine Grundsteuerreform soll zum 01.01.2025 in Kraft treten. Bis dahin müssen alle Grundstücke in der Bundes­republik neu bewertet werden und erhalten neue Einheitswerte.

Zu diesem Zweck muss jeder Eigentümer eines Grundstücks – das gilt auch für Teileigentum und Eigen­tumswohnungen – grundsätzlich eine elektronische Steuererklärung zur Wertermittlung abgeben. Maßge­bend sind dafür die Verhältnisse am 01.01.2022. Momentan ist davon auszugehen, dass für die Abgabe dieser Erklärungen nur ein Zeitraum vom 01.07. bis zum 31.10.2022 vorgesehen ist. Einige Bundesländer planen bereits, in einem Informationsschreiben an die Eigentümer auf deren Pflichten hinzuweisen.

In dieser Erklärung sind für die Grundsteuer B (Grundstücke ohne Land- und Forstwirtschaft) insbeson­dere die folgenden, für die Wertermittlung erforderlichen Angaben vorzunehmen:

  • Lage des Grundstücks   Gebäudeart
  • Grundstücksfläche   Wohnfläche
  • Bodenrichtwert   Baujahr des Gebäudes

Das gilt für alle Bundesländer, die hinsichtlich der Bewertung dem sog. Bundesmodell folgen. Einige Bun­desländer haben abweichende Regelungen für die Wertermittlung vorgesehen, die einige Angaben entbehr­lich machen:

  • Baden-Württemberg: Modifiziertes Bodenwertmodell (Fläche und Bodenrichtwert)
  • Bayern: Flächenmodell (Grundstücks- bzw. Wohn-/Nutzfläche)
  • Hamburg: Wohnlagemodell (Flächen unter Berücksichtigung der Wohnlage)
  • Hessen: Flächen-Faktor-Verfahren (Grundstücks- und Gebäudeflächen unter Berücksichtigung der Lagequalität)
  • Niedersachsen: Flächen-Lage-Modell (Flächen unter Berücksichtigung des Bodenrichtwerts)

Quelle: Informationsbrief März 2022 Erich Fleischer Verlag