1 Übertragung des Kinderfreibetrags und des BEA-Freibetrags
Eltern, die zusammen veranlagt werden, erhalten für jedes steuerlich anzuerkennende Kind einen Kinderfreibetrag in Höhe von (seit 2021) 5.460 Euro sowie einen Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA) des Kindes in Höhe von 2.928 Euro, wenn die steuerliche Entlastung höher ist als das Kindergeld. Werden die Eltern nicht zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, erhält jeder Elternteil grundsätzlich die Hälfte der Freibeträge (siehe § 32 Abs. 6 EStG).
Kommt allerdings bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern ein Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind nicht im Wesentlichen (d. h. zu weniger als 75 %) nach, kann der andere Elternteil beantragen, dass der (hälftige) Kinderfreibetrag auf ihn übertragen wird.
Die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des (hälftigen) Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA).
Dabei ist zu beachten: Bei minderjährigen Kindern kommt eine Übertragung des BEA-Freibetrags grundsätzlich nur auf den Elternteil in Betracht, in dessen Wohnung das Kind gemeldet ist. Der andere Elternteil (bei dem das Kind nicht gemeldet ist) kann aber der Übertragung widersprechen, wenn er Kinderbetreuungskosten (z. B. in Form von Kindergartengebühren) getragen oder das Kind in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut hat (auch ohne Unterhalt gezahlt zu haben). Hierzu reicht es allerdings nicht aus, wenn der Elternteil lediglich einen kurzzeitigen, anlassbezogenen Kontakt (z. B. zum Geburtstag oder zu Feiertagen) unterhält.
Eine Betreuung in einem nicht unwesentlichen Umfang – und damit der Anspruch auf den BEA-Freibetrag – setzt vielmehr einen fortdauernden und nachhaltigen Kontakt zu dem Kind voraus. Hiervon ist typischerweise auszugehen, wenn z. B. der regelmäßige Umgang an Wochenenden und in den Ferien durch eine gerichtliche oder außergerichtliche Vereinbarung zwischen den Eltern geregelt wird.
2 Steuerliche Hilfsmaßnahmen für die Opfer der Hochwasserkatastrophe
Die Finanzverwaltung hat steuerliche Hilfsmaßnahmen bekannt gegeben, um den Wiederaufbau der Wirtschaft und Privatpersonen, die durch die Hochwasserkatastrophe geschädigt worden sind, zu unterstützen. Insbesondere auf folgende Maßnahmen ist hinzuweisen:
- Nachweislich und nicht unerheblich betroffene Steuerpflichtige können bis zum 10.2021 Anträge auf Stundung fälliger oder fällig werdender Steuern stellen; die Stundungen werden längstens bis zum 31.01.2022 gewährt. Auf die Erhebung entsprechender Stundungszinsen soll verzichtet werden.
- Für Spenden, die bis zum 31.10.2021 im Zusammenhang mit entsprechenden Hilfsmaßnahmen auf (Sonder-)Konten eingezahlt werden, gelten im Hinblick auf den steuerlichen Abzug Erleichterungen über den Nachweis.
- Aus dem Verlust von Buchführungsunterlagen und sonstigen Aufzeichnungen sollen steuerlich keine nachteiligen Folgerungen gezogen werden.
- Der Wiederaufbau zerstörter Gebäude (Ersatzherstellung) wird durch eine Sonderabschreibung von bis zu 30 % der (Wieder-)Herstellungskosten in den ersten 3 Jahren gefördert. Für bewegliche Anlagegüter, die als Ersatz für vernichtete oder verloren gegangene Anlagegüter angeschafft oder hergestellt werden, kommt in den ersten 3 Jahren eine Sonderabschreibung von bis zu 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Betracht. Gewinnminderungen durch entsprechende Sonderabschreibungen dürfen die Grenzen von jährlich 200.000 Euro und insgesamt 600.000 Euro nicht übersteigen. Höhere Abschreibungen sind im Einzelfall möglich.
- Aufwendungen für die Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude sowie beschädigter Anlagegüter sollen ohne nähere Prüfung als Erhaltungsaufwand anerkannt werden; bei Gebäuden gilt eine Höchstgrenze von 70.000 Euro (vor Berücksichtigung von Entschädigungen). Ein steuerlicher Abzug kommt nur in Betracht, soweit die Aufwendungen etwaige Entschädigungen übersteigen.
- Für Ertragsausfälle in der Land- und Forstwirtschaft kommt z. B. der Erlass von Einkommensteuer in Betracht; Aufwendungen für Wiederanpflanzungen können ohne nähere Prüfung als sofort abziehbare Betriebsausgaben behandelt werden.
- Hinsichtlich des Wiederaufbaus zerstörter vermieteter Privatgebäude gelten die Regelungen zu den Sonderabschreibungen für betriebliche Gebäude entsprechend.
Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden an vermieteten Gebäuden können ohne nähere Nachprüfung als Erhaltungsaufwendungen behandelt werden, wenn der Betrag von 70.000 Euro insgesamt nicht überschritten wird.
- Des Weiteren bestehen lohnsteuerliche Erleichterungen bei Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine vom Hochwasser betroffenen Arbeitnehmer.
- Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und für die Beseitigung von Schäden am eigengenutzten Wohneigentum können im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG berücksichtigt werden; dies gilt auch, wenn keine sog. Elementarschadensversicherung abgeschlossen wurde.
3 Privates Veräußerungsgeschäft: Verkauf einer selbst genutzten Wohnung
einschließlich eines häuslichen Arbeitszimmers
Wird eine private Immobilie erworben und innerhalb von 10 Jahren veräußert, ist ein dabei entstehender Gewinn regelmäßig einkommensteuerpflichtig; entsprechende Verluste dürfen nur mit gleichartigen Gewinnen im selben Jahr bzw. mit Gewinnen im vorangegangenen oder in den folgenden Jahren verrechnet werden.
Eine Ausnahme gilt allerdings für Wohnungen, die eine gewisse Zeit vor dem Verkauf zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Gewinne aus derartigen Objekten bleiben auch beim Verkauf innerhalb der 10-Jahres-Frist regelmäßig steuerfrei.
Bislang war umstritten, ob ein beruflich geltend gemachtes häusliches Arbeitszimmer, das in der veräußerten Eigentumswohnung enthalten ist, dazu führt, dass insoweit eine „anteilige“ Steuer anfällt. Der Bundesfinanzhof hat hierzu – entgegen der Praxis der Finanzverwaltung – aktuell entschieden, dass die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers durch einen Arbeitnehmer auch eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ darstellt, mit der Folge, dass der Veräußerungsgewinn auch insoweit steuerbefreit ist, als er auf ein häusliches Arbeitszimmer entfällt.
Eine „schädliche“ Nutzung in diesem Sinne läge – so das Gericht – allenfalls dann vor, wenn z. B. ein Zimmer in der Wohnung fremdvermietet ist. Dagegen sei (typisierend) davon auszugehen, dass ein häusliches Arbeitszimmer stets auch zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird; der Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers zu eigenen Wohnzwecken sei in diesem Zusammenhang nicht erheblich, selbst wenn dieser weniger als 10 % beträgt.
Im Streitfall blieb daher der Gewinn aus der Veräußerung einer Eigentumswohnung mit häuslichem Arbeitszimmer in vollem Umfang steuerfrei.
4 Zahlungen der Krankenkassen als Beitragsrückerstattung
Aufwendungen für eine gesetzliche oder private Kranken- und Pflegeversicherung können unbegrenzt als Sonderausgaben geltend gemacht werden, soweit mit den Beiträgen ein Basisversicherungsschutz erlangt wird.
Beitragsrückerstattungen der Krankenkasse, die auf diese Basisabsicherung entfallen, mindern die abzugsfähigen Krankenversicherungsbeiträge – unabhängig von ihrer Bezeichnung – in dem Jahr, in dem sie zufließen. Auch Prämienzahlungen oder Bonusleistungen der Krankenkasse können als (schädliche) Beitragserstattung angesehen werden, soweit die Bonusleistungen nicht lediglich eine Erstattung tatsächlich entstandener Aufwendungen des Versicherten darstellen.
Werden z. B. im Rahmen eines Bonusprogramms der Krankenkasse zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens dem Versicherten zusätzliche Aufwendungen erstattet (für eine Brille oder Kontaktlinsen, Behandlungen bei einem Heilpraktiker, Massagen, Rückenschule), besteht jedoch kein Zusammenhang mit den Beiträgen zur Basisvorsorge, sodass eine Kürzung der Sonderausgaben insoweit nicht in Betracht kommt.
Nach aktueller Rechtsprechung mindern auch solche Boni nicht den Sonderausgabenabzug, die nicht den konkreten Nachweis vorherigen Aufwands des Versicherten für eine bestimmte Gesundheitsmaßnahme erfordern, sondern nur pauschal gewährt werden. Voraussetzung für die Nichtkürzung der Sonderausgaben ist allerdings weiterhin, dass die jeweils geförderte Maßnahme beim Versicherten Kosten auslöst und die hierfür gezahlte und realitätsgerecht ausgestaltete Pauschale geeignet ist, den eigenen Aufwand ganz oder teilweise auszugleichen.
Der Bundesfinanzhof hat jetzt klargestellt, dass Bonuszahlungen einer privaten Krankenversicherung aber dann die abzugsfähigen Sonderausgaben mindern, wenn diese unabhängig davon gezahlt werden, ob dem Versicherungsnehmer finanzieller Gesundheitsaufwand entstanden ist oder nicht.
Im Streitfall erhielt der Versicherungsnehmer von seiner Krankenversicherung einen zusätzlichen pauschalen Bonus, der zwar mit den zur Erstattung angemeldeten Gesundheitsaufwendungen verrechnet wurde. Soweit der Bonus allerdings erhalten blieb, weil keine Aufwendungen zur Erstattung eingereicht wurden, behandelte das Gericht die Zahlungen wie Beitragsrückerstattungen, die den Sonderausgabenabzug mindern. Die Boni stellten keine von den Versicherungsbeiträgen unabhängige Leistung der Krankenversicherung dar, sondern minderten vielmehr laufend die Gegenleistung, um den vertraglich vereinbarten Krankenversicherungsschutz zu erhalten.
Auch ein Anreiz für ein gesundheits- oder kostenbewusstes Verhalten des Versicherten sei nicht gegeben, da die Boni garantiert waren.
5 Überlassung eines Feuerwehreinsatzfahrzeugs bei „ständiger“ Bereitschaft als
geldwerter Vorteil?
In der Regel handelt es sich bei der Überlassung eines betrieblichen Kfz durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer auch zu dessen Privatnutzung bzw. für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte um einen geldwerten Vorteil, der zu steuer- und sozialversicherungspflichtigem Arbeitslohn führt.
Erweist sich die Kfz-Gestellung jedoch unter objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers, so wird der Vorteil nicht „für“ die Beschäftigung gewährt und stellt deshalb keinen Arbeitslohn dar.
Im Fall der Nutzungsmöglichkeit des PKW für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte während des Bereitschaftsdienstes in Versorgungsunternehmen vertraten Finanzverwaltung und Bundesfinanzhof22 bereits die Ansicht, dass darin kein zu versteuernder geldwerter Vorteil zu sehen ist, da das betriebliche Interesse überwiege.
Der Bundesfinanzhof hatte darüber zu entscheiden, ob ein geldwerter Vorteil auch bei der (dauerhaften) Überlassung eines Feuerwehreinsatzwagens während einer ständigen Bereitschaft zu versteuern ist, wenn der Wagen neben den Feuerwehreinsätzen auch für Privatfahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird.
Es handelte sich um ein Kfz mit entsprechender Ausstattung für die Nutzung als „Kommandowagen“ der Freiwilligen Feuerwehr, der dem Einsatzleiter überlassen wurde. Das Fahrzeug war von diesem auch privat mitzuführen, damit er in Notfällen (im Streitfall ca. 160 Einsätze im Jahr) jederzeit an den Einsatzort gelangen konnte. War der Leiter durch Urlaub oder Krankheit verhindert, wurde der Wagen für diese Zeiten dem Stellvertreter übergeben.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass in diesem Fall kein zu versteuernder geldwerter Vorteil vorlag, da die Überlassung des Fahrzeugs nicht der Entlohnung diente, sondern im Zusammenhang mit der (feuerwehr-) funktionalen Verwendung erfolgte.
6 Erstattung von Vorsteuerbeträgen aus EU-Mitgliedstaaten
In Deutschland ansässige Unternehmer, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und im Zusammenhang mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit im Ausland Vorsteuerbeträge entrichtet haben (z. B. anlässlich einer Geschäftsreise oder als Aussteller bei einer Messe), können diese regelmäßig in einem besonderen Verfahren vergütet bekommen.
Das Vergütungsverfahren ist grundsätzlich für Unternehmer vorgesehen, die in dem Staat, in dem die Erstattung beantragt wird, keine steuerpflichtigen Umsätze erzielen, d. h. somit nicht dem „normalen“ Besteuerungsverfahren unterliegen und deshalb in diesem Staat keine Umsatzsteuer-Anmeldungen abzugeben haben.
Anträge auf Erstattung von Vorsteuerbeträgen aus anderen EU-Ländern sind ausschließlich in elektronischer Form über das Portal des Bundeszentralamtes für Steuern (www.bzst.de) einzureichen; liegen die Voraussetzungen vor, leitet das Bundeszentralamt den Antrag an den Erstattungsstaat weiter.
Im Vergütungsantrag sind neben den unternehmerischen Daten und Erklärungen besondere Angaben für jede Rechnung oder jedes Einfuhrdokument zu machen. Beträgt das Entgelt für den Umsatz bzw. die Einfuhr 1.000 Euro oder mehr (bei Rechnungen über Kraftstoffe: mindestens 250 Euro), sind in einigen Staaten elektronische Kopien der Originalrechnungen und Einfuhrbelege dem Vergütungsantrag beizufügen.
Der Vergütungsantrag ist spätestens bis zum 30. September des auf das Jahr der Ausstellung der Rechnung folgenden Kalenderjahres zu stellen (maßgebend ist der Eingang beim Bundeszentralamt für Steuern).
Zu beachten ist, dass regelmäßig nur die Vorsteuer vergütet werden kann, die auch ein im jeweiligen Erstattungsland ansässiger Unternehmer geltend machen könnte; hier gelten in einigen Mitgliedstaaten zum Teil erhebliche Einschränkungen (z. B. bei Repräsentations- und Bewirtungskosten, Fahrzeugen, Kraftstoffen).
Der Vergütungsbetrag muss mindestens 50 Euro (bzw. den entsprechenden Betrag in der Landeswährung) betragen.
Quelle: Informationsbrief September 2021 Erich Fleischer Verlag