1 Steuerliche Behandlung von Erstausbildungskosten verfassungsgemäß
Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder für ein Studium können nur dann als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn bereits zuvor eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen wurde oder wenn die Ausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgt. Handelt es sich um eine Erstausbildung, können die Kosten lediglich im Rahmen der Sonderausgaben bis zu einem Höchstbetrag von 6.000 Euro pro Kalenderjahr berücksichtigt werden. Hinzu kommt, dass der Sonderausgabenabzug oft ins Leere läuft, da während der Erstausbildung regelmäßig keine oder nur geringe Einkünfte erzielt werden und die Aufwendungen als Sonderausgaben nicht auf Folgejahre vortragsfähig sind.
Das Bundesverfassungsgericht hat diese steuerliche Behandlung von Erstausbildungskosten für verfassungsgemäß erklärt. Das Gericht hält die unterschiedliche Behandlung von Ausbildungskosten für gerechtfertigt, da die Erstausbildung auch zur Entwicklung der Persönlichkeit beitrage und daher als privat (mit-)veranlasst zu qualifizieren sei. Ebenso hat das Gericht klargestellt, dass die Begrenzung des Sonderausgabenabzugs nicht zu beanstanden ist, denn ein über den Höchstbetrag von 6.000 Euro hinausgehender Ausbildungsaufwand sei nicht mehr dem steuerfrei zu stellenden Existenzminimum zuzurechnen.
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2 Gehaltsumwandlung: Reaktion des Gesetzgebers auf neue Rechtsprechung
Bestimmte Leistungen des Arbeitgebers (z. B. Fahrtkostenzuschüsse, Zuschüsse für Kinderbetreuung oder zur betrieblichen Gesundheitsförderung) können nach bisheriger Rechtslage regelmäßig lohnsteuer- und ggf. sozialversicherungsfrei gezahlt werden, wenn die Leistungen „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht werden.
Der Bundesfinanzhof hatte dazu entschieden, dass es dabei nicht darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer auf den zusätzlichen Arbeitslohn einen arbeitsrechtlichen Anspruch hat. Nach Auffassung des Gerichts sei jede Leistung „zusätzlicher“ Arbeitslohn, die verwendungs- bzw. zweckgebunden erbracht wird. Danach könnten bestimmte Leistungen des Arbeitgebers auch durch Gehaltsumwandlung finanziert werden, ohne die Steuerfreiheit zu gefährden.
Als Reaktion auf diese Rechtsprechung plant der Gesetzgeber eine einschränkende gesetzliche Regelung. Danach sollen Sachbezüge oder Zuschüsse des Arbeitgebers nur dann unter die Steuerbegünstigungen fallen, wenn
- der Wert der Arbeitgeberleistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
- der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt oder
- die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wird.
Dies würde bedeuten, dass bei einer Gehaltsumwandlung für die genannten Leistungen regelmäßig die Lohnsteuerfreiheit oder eine Lohnsteuerpauschalierung nicht in Betracht kommt. Die Finanzverwaltung wendet diese Regelung bereits in allen offenen Fällen an.
Aufgrund einer bereits beschlossenen Gesetzesänderung hat diese Regelung auch Auswirkungen auf die Besteuerung von sonstigen Sachbezügen, wie z. B. bei der Überlassung von (Tank-)Gutscheinen an Arbeitnehmer. Da die Anwendung der 44 Euro-Freigrenze seit dem 01.01.2020 davon abhängig ist, dass die o. a. Voraussetzungen für eine „zusätzliche“ Leistung erfüllt sind, würden die Steuerbegünstigungen für sonstige Sachbezüge im Rahmen einer Gehaltsumwandlung regelmäßig nicht mehr in Betracht kommen.
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3 Berücksichtigung von Verlusten bei Kapitalforderungen
Seit 2009 sind nicht nur private Erträge aus Kapitalvermögen, wie z. B. Zinsen, Dividenden oder Gewinnausschüttungen, sondern grundsätzlich auch Gewinne aus der Veräußerung des Kapitalvermögens selbst (z. B. Aktien, Wertpapiere oder GmbH-Anteile) der Besteuerung zu unterwerfen. Dies bedeutet andererseits aber auch, dass regelmäßig entsprechende Verluste z. B. aus dem Ausfall von Kapitalforderungen damit steuerlich wirksam geltend gemacht werden können.
Handelt es sich um ein Darlehen, das ein Gesellschafter „seiner“ GmbH zur Unterstützung in einer wirtschaftlichen Krise gewährt, war umstritten, wie der Ausfall des Darlehens im Insolvenzfall steuerlich zu behandeln ist. Durch eine Gesetzesänderung ist nunmehr geregelt, dass Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war – ebenso wie Kapitaleinlagen –, zu den (nachträglichen) Anschaffungskosten der Kapitalbeteiligung i. S. des § 17 EStG führen. Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung liegt regelmäßig vor, wenn ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen zurückgefordert oder nicht gewährt hätte.
Das bedeutet, dass in diesen Fällen der Wert des Darlehensausfalls einen späteren Veräußerungs- oder Auflösungsgewinn mindert bzw. einen Veräußerungsverlust erhöht. Der Darlehensverlust ist dann zwar auch mit anderen Einkünften verrechenbar, eine steuerliche Berücksichtigung kommt aber nur in Höhe von 60 % im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens in Betracht.
Andere Verluste aus der Veräußerung von privatem Kapitalvermögen – wie z. B. aus Termin- oder Aktiengeschäften – waren bisher schon nur mit anderen Kapitaleinkünften (bei Aktienverlusten nur mit Aktiengewinnen) verrechenbar. Dies gilt jetzt auch für den Ausfall einer nach Auffassung des Bundesfinanzhofs als Kapitalverlust zu berücksichtigenden privaten Darlehensforderung.
Allerdings hat der Gesetzgeber hier eine weitere Einschränkung eingeführt: Eine Verrechnung von Verlusten aus dem Ausfall von Kapitalforderungen (z. B. bei Insolvenz des Schuldners) mit anderen Kapitaleinkünften ist künftig regelmäßig nur noch bis zur Höhe von 10.000 Euro jährlich möglich; diese Begrenzung gilt auch bei Geltendmachung von nicht verrechneten Verlusten in Folgejahren.
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4 Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten: Voraussetzungen erweitert
Für die Umsatzsteuer gilt der Grundsatz der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten. Dabei entsteht die Umsatzsteuer regelmäßig bereits dann, wenn die Leistung erbracht wird. Somit wird die Umsatzsteuer ggf. schon fällig, bevor der Rechnungsbetrag eingegangen ist. Eine Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist nur zulässig,
- wenn der Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt werden kann, oder
- es sich um Umsätze eines Freiberuflers handelt, oder
- eine Umsatzgrenze nicht überschritten wird (vgl. § 20 UStG). Diese Umsatzgrenze ist jetzt ab 2020 von 500.000 Euro auf 600.000 Euro angehoben worden.
Die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist beim Finanzamt zu beantragen. Dieser Antrag gilt mindestens für ein Kalenderjahr und kann ggf. auch noch rückwirkend mit Wirkung ab Beginn des Jahres 2020 gestellt werden.
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5 Grundsteuer-Erlass wegen Ertragsminderung
Ein Grundsteuer-Erlass wegen einer Ertragsminderung bei bebauten Grundstücken kommt nicht nur bei außergewöhnlichen und vorübergehenden Umständen in Betracht, sondern z. B. auch bei schwacher Mietnachfrage bzw. Unvermietbarkeit der Immobilie aufgrund der allgemeinen schwierigen Wirtschaftslage.
Der Grundsteuer-Erlass ist abhängig von der Minderung des Rohertrags (bei Mietwohngrundstücken die Jahresrohmiete) und kann erst ab einer Ertragsminderung von über 50 % beantragt werden:
Minderung des Rohertrags | Grundsteuer-Erlass |
um mehr als 50 % bis 99 % | 25% |
um 100 % | 50% |
Ein Grundsteuer-Erlass kommt nur in Betracht, wenn der Vermieter die Minderung des Ertrags nicht zu vertreten hat. Bei einer leer stehenden Wohnung muss der Vermieter nachweisen, dass er sich nachhaltig und ernsthaft um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat.
Hierfür ist es notwendig, dass der Grundstückseigentümer versucht haben muss, den Kreis der möglichen Interessenten möglichst umfassend zu erreichen. Angesichts der weitreichenden Nutzung des Internets ist es im Regelfall erforderlich, dass eine Bewerbung leer stehender Immobilien über dieses Medium – und zwar auch in den einschlägigen Suchportalen – erfolgt. Nicht ausreichend ist dagegen das Anbieten z. B. lediglich auf der Homepage des beauftragten Maklers.
Der Antrag auf Erlass der Grundsteuer für das Jahr 2019 ist bis zum 31.03.2020 zu stellen; die Frist kann grundsätzlich nicht verlängert werden (vgl. Abschn. 41 GrStR).
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6 Vorsteuerabzug bei Bahntickets
Durch das Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht wurde der Umsatzsteuersatz für Bahnfernreisen (über 50 km) ab dem 01.01.2020 auf den schon für den Nahverkehr geltenden Steuersatz in Höhe von 7 % gesenkt. Die Finanzverwaltung hat nun zu den dabei entstehenden Umstellungsproblemen Stellung genommen.
Bei bis zum 31.12.2019 gültigen Bahntickets wurde der Umsatzsteuersatz von 19 % (bei mehr als 50 km) bzw. die Tarifentfernung ausgewiesen, sodass ein entsprechender Vorsteuerabzug möglich war.
Bei ab dem 01.01.2020 gültigen Bahntickets ist der ermäßigte Steuersatz von 7 % anzuwenden. Dieser Steuersatz muss nicht gesondert angegeben werden; der Vorsteuerabzug ist trotzdem möglich.
Bei über den 31.12.2019 hinaus geltenden Tickets, die 2019 ausgestellt und bezahlt wurden, bleibt es aus Praktikabilitätsgründen bei 19 % Umsatzsteuer; das Bahnunternehmen braucht die Rechnung nicht zu berichtigen und der Kunde behält den Vorsteuerabzug von 19 %.
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7 Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen
Für Buchhaltungsunterlagen gelten bestimmte Aufbewahrungsfristen (vgl. § 147 Abgabenordnung). Im Jahresabschluss kann ggf. für die zukünftigen Kosten der Aufbewahrung dieser Unterlagen eine Rückstellung gebildet werden.
Mit Ablauf der gesetzlichen Fristen können nach dem 31.12.2019 insbesondere folgende Unterlagen vernichtet werden:
10-jährige Aufbewahrungsfrist:
- Bücher, Journale, Konten usw., in denen die letzte Eintragung 2009 und früher erfolgt ist
- Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen und Inventare, die 2009 oder früher aufgestellt wurden, sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Unterlagen
- Buchungsbelege (z. B. Rechnungen, Bescheide, Zahlungsanweisungen, Kontoauszüge, Lohn- bzw. Gehaltslisten, Reisekostenabrechnungen, Bewirtungsbelege) aus dem Jahr 2009
6-jährige Aufbewahrungsfrist:
- Lohnkonten und Unterlagen (Bescheinigungen) zum Lohnkonto mit Eintragungen aus 2013 oder früher
- Sonstige Dokumente (z. B. Ausfuhr- bzw. Einfuhrunterlagen, Auftragsbücher, Frachtbriefe, abgelaufene Darlehensverträge, Versicherungspolicen) sowie Geschäftsbriefe aus dem Jahr 2013 oder früher
Aufzubewahren sind alle Unterlagen, die zum Verständnis und zur Überprüfung der Aufzeichnungspflichten von Bedeutung sind; dies gilt sowohl für Unterlagen in Papierform als auch für alle Unterlagen in Form von Daten, Datensätzen und elektronischen Dokumenten, aus denen hervorgeht, dass die Ordnungsvorschriften und deren Einhaltung umgesetzt wurden.
Eingehende elektronische Rechnungen, Handels- und Geschäftsbriefe oder sonstige bedeutsame Dokumente sind in dem Format unverändert aufzubewahren, in dem sie empfangen wurden (z. B. im pdf- oder Bildformat); sie dürfen nicht vor Ablauf der Aufbewahrungspflicht gelöscht werden.
Eine Umwandlung in ein anderes Format ist nur zulässig, wenn die maschinelle Auswertbarkeit (durch die Finanzverwaltung) nicht eingeschränkt wird und keine inhaltlichen Veränderungen vorgenommen werden. Entsprechendes gilt für selbst erzeugte Dokumente, wie z. B. Ausgangsrechnungen.
Werden Papierdokumente in elektronische Dokumente umgewandelt („gescannt“), muss das Verfahren dokumentiert werden, durch das insbesondere die inhaltliche Übereinstimmung mit dem Original sowie die Lesbarkeit und Vollständigkeit sichergestellt werden.
Die Aufbewahrungsfristen gelten auch für die steuerlich und sozialversicherungsrechtlich relevanten Daten der betrieblichen EDV (Finanz-, Anlagen- und Lohnbuchhaltung). Während des Aufbewahrungszeitraums muss der Zugriff auf diese Daten möglich sein.
Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.
Die Vernichtung von Unterlagen ist allerdings dann nicht zulässig, wenn die Frist für die Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist (vgl. §§ 169, 170 AO).
Bei der Entscheidung über die Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen ist grundsätzlich auch zu prüfen, ob und welche Unterlagen evtl. als Beweise für eine spätere Betriebsprüfung bzw. für ein ggf. noch zu führendes Rechtsmittel – trotz der offiziellen Vernichtungsmöglichkeit – weiterhin aufbewahrt werden sollten.
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Quelle: Informationsbrief März 2020 Erich Fleischer Verlag
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