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Informationsbrief September 2024

1 Neue  Verwaltungsanweisung  zur  Grundsteuerwertfeststellung  –
Nachweis  eines  niedrigeren  Verkehrswerts

Aufgrund der Verfassungswidrigkeit der bisherigen Ermittlung der Grundsteuer hat der Gesetzgeber im Rahmen einer umfassenden Gesetzesreform die Grundstücksbewertung unter Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts neu geregelt. Sofern die Länder nicht von ihrer Möglichkeit einer abweichenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht haben, gilt für die Grundstücksbewertung das sog. Bundesmodell. Dies sieht – anders als das alte Recht – keine Möglichkeit mehr vor, dem Finanzamt in Abweichung zu der stan­dardisierten gesetzlichen Wertermittlung einen tatsächlich geringeren Immobilienwert insbesondere durch ein Gutachten nachzuweisen.

Der Bundesfinanzhof hat kürzlich jedoch in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen diese Möglichkeit zum Nachweis eines unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden tatsächlichen Werts des Grundstücks bestehen muss.

Hierauf hat zwischenzeitlich die Finanzverwaltung mit einem Erlass reagiert. Dieser eröffnet nun die Mög­lichkeit, einen geringeren Grundstückswert zu berücksichtigen, wenn der Grundsteuerwert den Verkehrswert um mindestens 40 % übersteigt. Hierfür trifft den Steuerpflichtigen die Nachweispflicht. Außerdem werden die Finanzämter angewiesen, ab sofort in diesen Fällen bei schlüssiger Darstellung auf Antrag Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Der Erlass ist auf alle offenen Fälle anzuwenden. Bei bestandskräftigen Grund­steuerwertfeststellungen ist ggf. eine sog. fehlerbeseitigende Wertfortschreibung vorzunehmen (§ 222 BewG).

2  Entfernungspauschale  ist  verfassungsgemäß

Arbeitnehmer können für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte unabhängig vom gewähl­ten Verkehrsmittel eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte als Werbungskosten geltend machen, höchstens jedoch 4.500 Euro im Kalender­jahr. Die Begrenzung auf den Höchstbetrag gilt nicht bei Verwendung eines PKW. Bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel können die tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden, wenn diese höher sind als die gesamte Entfernungspauschale.

Die Entfernungspauschale beträgt:

                                                                                  im Besteuerungszeitraum

                                                                        2021                           2022 bis 2026 (jeweils)

für die ersten 20 km für jeden km                        0,30 €                                       0,30 €

ab dem 21. km für jeden weiteren km                  0,35 €                                       0,38 €

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat aktuell entschieden, dass die Differenzierung der Entfernungs­pauschale für die ersten 20 km und die darüber hinaus gehende Wegstrecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte verfassungsgemäß ist.

Das Gericht begründet dies damit, dass die Entfernungen bis zu 20 km noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder sogar mit dem Fahrrad zu bewältigen sind. Im Streitfall verkehrte auf der Wegstrecke zweimal pro Stunde ein Regionalexpress. Gerade bei größeren Entfernungen – so das Gericht – wird die Möglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, aber regelmäßig nicht immer unter zumutbaren Bedingungen bestehen.

Da der Gesetzgeber einen weiten Ermessensspielraum bei der Bemessung von Pauschalen hat und die Pau­schale für die ersten 20 km auch nicht völlig realitätsfern ist, liegt nach Auffassung des Finanzgerichts somit insbesondere kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot vor.

3  Zuordnung  einer  Leasingsonderzahlung  im  Rahmen  einer  Nutzungseinlage

Wird ein Leasingfahrzeug sowohl privat als auch betrieblich genutzt, können die Fahrzeugkosten grundsätz­lich anteilig als Betriebsausgaben abziehbar sein. Bei einer betrieblichen Nutzung von mehr als 50 % ist das Leasingfahrzeug wie ein Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens zu behandeln. Abzustellen ist dabei nach aktueller Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht nur auf die Nutzungsverhältnisse im An­schaffungsjahr, sondern auf die dauerhaft beabsichtigte eigenbetriebliche Nutzung. Bei einer dauerhaften betrieblichen Nutzungsabsicht von mehr als 50 % stellt die Leasingsonderzahlung in voller Höhe eine Be­triebsausgabe dar. Für die Privatnutzung des Fahrzeugs ist eine Nutzungsentnahme anzusetzen; dafür wird regelmäßig die 1 %-Regelung angewendet, damit ist auch der Aufwand für eine Leasingsonderzahlung abgegolten.

Bei dauerhafter betrieblicher Nutzung bis zu 50 % ist dieses Verfahren nicht zulässig. Die auf die betriebliche Nutzung des Leasingfahrzeugs entfallenden Aufwendungen sind dann als Nutzungseinlage zu erfassen. Eine Leasingsonderzahlung ist dabei nicht im Zeitraum der Zahlung zu berücksichtigen, sondern auf die Leasing­dauer zu verteilen. Der betriebliche Anteil kann dann nach dem Verhältnis der betrieblichen zu den privaten Fahrleistungen ermittelt werden.

4  Einkommensteuersenkung  für  2024  bis  2026

Die Bundesregierung plant, die Einkommensteuer für die Jahre 2024 (rückwirkend), 2025 und 202613 zu senken, weil der einkommensteuerliche Grundfreibetrag an das inflationsbedingt gestiegene Existenzmini­mum anzupassen ist. Die weiteren Eckpunkte im Tarifverlauf sollen entsprechend angeglichen werden; nur der Grenzbetrag für den Beginn der sog. Reichensteuer mit dem Steuersatz von 45 % soll unverändert bei 277.826 Euro (Ehepartner: 555.652 Euro) bleiben.

Darüber hinaus sollen auch der Kinderfreibetrag und das Kindergeld angehoben werden. Einzelheiten kön­nen der folgenden Tabelle entnommen werden:

  Steuerentlastungen 2024 bis 2026
  2024 alt 2024 neu 2025 2026
Grundfreibetrag 11.604 € 11.784 € 12.084 € 12.336 €
Anhebung um …   180 € 300 € 252 €
„Spitzensteuersatz“ von 42 % ab 66.761 € 66.761 € 68.430 € 69.799 €
maximale Steuerentlastung im Jahr   34 € 267 € 220 €
Kinderfreibetrag pro Kind 6.384 € 6.612 € 6.672 € 6.828 €
Anhebung um …   228 € 60 € 156 €
Kindergeld monatlich 250 € 250 € 255 € 259 €

Beim Lohnsteuerabzug sollen die Auswirkungen der Tarifanpassung für das Jahr 2024 erst in der Gehalts­abrechnung für den Dezember 2024 berücksichtigt werden.

Neben weiteren Änderungen sieht das Steuerfortentwicklungsgesetz vor, dass ab 2030 die Lohnsteuerklassen­kombination III und V abgeschafft wird. Das Splittingverfahren bleibt bei der Einkommensteuer-Veranlagung aber erhalten. Betroffene Ehepartner erhalten dann die Lohnsteuerklassenkombination IV/IV mit Faktor. Durch die Anwendung des Faktors soll die für das laufende Jahr voraussichtlich anfallende Einkommensteuer bereits beim Lohnsteuerabzug nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne aufgeteilt werden. Für das Jahr 2030 soll der Faktor automatisch aufgrund der Arbeitslöhne aus dem Jahr 2029 gebildet werden; das soll auch für den Fall gelten, in dem bei Verwitweten nach bisherigem Recht die Lohnsteuerklasse III anzuwenden wäre.

Auch die Freigrenzen für den Solidaritätszuschlag für die Veranlagungszeiträume 2025 und 2026 sollen angehoben werden.

5  Zufluss  einer  Tantieme  bei  einem  beherrschenden  Gesellschafter-Geschäftsführer

Überschusseinkünfte sind grundsätzlich in dem Jahr zu versteuern, in dem diese zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 EStG). Dies gilt nach allgemeiner Auffassung allerdings nicht für eine Tantieme zugunsten eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers. Diese ist auch dann zu versteuern, wenn eine Auszahlung (noch) nicht erfolgt ist. Denn ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschul­dete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist. Eine Tantieme gilt daher in diesen Fällen mit der Feststellung des Jahresabschlusses in Form von Arbeitslohn als zugeflossen, sofern nicht zivilrechtlich und fremdüblich eine andere Fälligkeit vereinbart ist (z. B. im Anstellungsvertrag). Diese Auffassung hat der Bundesfinanzhof jetzt bestätigt.

Die Finanzverwaltung hat bisher die Auffassung vertreten, dass es für die Versteuerung der Tantieme beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht darauf ankommt, ob in der Bilanz der Gesellschaft dafür gewinnmindernd auch eine Rückstellung gebildet wurde; sie hielt es für ausreichend, wenn eine solche Rückstellung hätte gebildet werden müssen. Dieser Auffassung hat der Bundesfinanzhof18 allerdings wider­sprochen. Danach ist der Tantiemeanspruch nicht zu versteuern, wenn dafür in dem festgestellten Jahres­abschluss keine Rückstellung gebildet wurde. Denn in diesem Fall wird die Tantieme auch nicht fällig. Ob die Tantiemeverpflichtung nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung hätte passiviert werden müssen, ist danach unerheblich.

Ist der Ausweis einer Verbindlichkeit zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers allerdings unterblieben, weil dieser auf die entstandene Tantieme verzichtet hat, ist der Verzicht als Verfügung über die Tantieme zu beurteilen; dann würde insoweit ein Zufluss vorliegen.

6  Umsatzsteuer:  Innenleistungen  bei  Organschaft  nicht  steuerbar

Juristische Personen des Privatrechts (z. B. AG, GmbH) gelten grundsätzlich als selbständig tätige Unterneh­mer. Die von ihnen im Inland im Rahmen ihrer Unternehmen ausgeführten Umsätze unterliegen der deut­schen Umsatzsteuer und die Umsätze sind steuerbar. Die Umsätze sind auch umsatzsteuerpflichtig, soweit keine Umsatzsteuerbefreiung anzuwenden ist.

Ist eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen (Organträger) eingegliedert, ist sie nicht mehr selbständig; es liegt eine Organschaft vor. Organträger und Organgesellschaft(en) bilden umsatzsteuerlich ein Unterneh­men. Das bedeutet, dass die Umsätze der Organgesellschaft(en) und deren Leistungsbezüge dem Organträger zugerechnet werden. Der Organträger ist für die Anmeldung und Abführung der Umsatzsteuer für den gesamten Organkreis verantwortlich. Die Wirkungen der Organschaft sind auf das Inland beschränkt.

Nach deutschem Umsatzsteuerrecht werden Leistungsabgaben innerhalb eines Organkreises als nichtsteuer­bare „Innenleistungen“ behandelt, d. h., dass Lieferungen und sonstige Leistungen zwischen Organgesell­schaft und Organträger bzw. zwischen verschiedenen Organgesellschaften nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Unklar war, ob diese Regelung gegen EU-Recht verstößt.

Der Europäische Gerichtshof hat nun auf eine Anfrage des Bundesfinanzhofs geantwortet und festgestellt, dass entgeltliche Leistungen zwischen den Beteiligten einer Organschaft nicht dem Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer nach EU-Recht unterliegen. Das gilt selbst dann, wenn einzelne Mitglieder des Organ­kreises nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Damit wird klargestellt, dass die deutschen Regelungen zur Organschaft nicht gegen EU-Recht verstoßen und weiter angewendet werden können.

7  Erstattung  von  Vorsteuerbeträgen  aus  EU-Mitgliedstaaten

In Deutschland ansässige Unternehmer, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und im Zusammenhang mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit im Ausland Vorsteuerbeträge entrichtet haben (z. B. anlässlich einer Geschäftsreise oder als Aussteller bei einer Messe), können diese regelmäßig in einem besonderen Verfahren vergütet bekommen.

Das Vergütungsverfahren ist grundsätzlich für Unternehmer vorgesehen, die in dem Staat, in dem die Erstattung beantragt wird, keine steuerpflichtigen Umsätze erzielen, d. h. somit nicht dem „normalen“ Besteuerungsverfahren unterliegen und deshalb in diesem Staat keine Umsatzsteuer-Anmeldungen abzu­geben haben.

Anträge auf Erstattung von Vorsteuerbeträgen aus anderen EU-Ländern sind ausschließlich in elektro­nischer Form über das Portal des Bundeszentralamtes für Steuern (www.bzst.de) einzureichen; liegen die Voraussetzungen vor, leitet das Bundeszentralamt den Antrag an den Erstattungsstaat weiter.

Im Vergütungsantrag sind neben den unternehmerischen Daten und Erklärungen besondere Angaben für jede Rechnung oder jedes Einfuhrdokument zu machen. Beträgt das Entgelt für den Umsatz bzw. die Ein­fuhr 1.000 Euro oder mehr (bei Rechnungen über Kraftstoffe: mindestens 250 Euro), sind in einigen Staaten elektronische Kopien der Originalrechnungen und Einfuhrbelege dem Vergütungsantrag beizufügen.

Der Vergütungsantrag ist spätestens bis zum 30.09. des auf das Jahr der Ausstellung der Rechnung folgenden Kalenderjahres zu stellen (maßgebend ist der Eingang beim Bundeszentralamt für Steuern).

Zu beachten ist, dass regelmäßig nur die Vorsteuer vergütet werden kann, die auch ein im jeweiligen Erstattungsland ansässiger Unternehmer geltend machen könnte; hier gelten in einigen Mitgliedstaaten zum Teil erhebliche Einschränkungen (z. B. bei Repräsentations- und Bewirtungskosten, Fahrzeugen, Kraft­stoffen).

Der Vergütungsbetrag muss mindestens 50 Euro (bzw. den entsprechenden Betrag in der Landeswährung) betragen.26

Quelle: Informationsbrief September 2024 Erich Fleischer Verlag