1 Entscheidungen zur Grundsteuerwertfeststellung
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2018 die bisherige Ermittlung der Grundsteuer wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (vgl. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zur Neuregelung verpflichtet.
Im Rahmen der Grundsteuerreform wurde die Grundstücksbewertung neu geregelt (sog. Bundesmodell). In diesem Zusammenhang wurde den Ländern die Möglichkeit zu einer abweichenden Gesetzgebung eingeräumt (sog. Länderöffnungsklausel), wovon einige Bundesländer Gebrauch gemacht haben.
In der Folgezeit wurden die Grundstückseigentümer zur Abgabe von Feststellungserklärungen aufgefordert, auf deren Grundlage die Finanzämter zwischenzeitlich einen Grundsteuerwert- und einen Grundsteuermessbescheid erlassen haben. Im nächsten Schritt müssen die Gemeinden – sofern noch nicht geschehen – die Hebesätze festlegen und ab 2025 auf Basis der neuen Grundsteuermessbeträge die Grundsteuer festsetzen.
Der Bundesfinanzhof hat nun in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu den neuen Bewertungsregelungen nach dem Bundesmodell entschieden, dass Zweifel an der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte bestehen und Aussetzung der Vollziehung gewährt. Nach Auffassung des Gerichts muss im Einzelfall die Möglichkeit bestehen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert des Grundstücks nachzuweisen, sofern der Grundsteuerwert erheblich über dem Verkehrswert liegt. Nach bisheriger Rechtsprechung zu anderen pauschalierenden und typisierenden Bewertungsverfahren ist dies der Fall, wenn der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren Wert um mindestens 40 % übersteigt.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs betrifft nur den vorläufigen Rechtsschutz. Eine abschließende Entscheidung ist damit nicht verbunden, insbesondere nicht hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsrechts insgesamt. Die Entwicklung der Rechtsprechung ist daher weiterhin abzuwarten.
2 Unterhaltsaufwendungen: Geringes Vermögen der unterhaltenen Person
Unterhaltsleistungen für gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen (z. B. Eltern oder Kinder) oder für Personen, denen zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel gekürzt werden (z. B. der unverheiratete Partner), können im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt werden. Die Leistungen sind bis zur Höhe des Grundfreibetrags (2023: 10.908 Euro, 2024: 11.604 Euro) abzugsfähig. Voraussetzung ist zudem, dass kein Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag für die unterstützte Person besteht. Eigene Einkünfte und Bezüge des Empfängers, die den Betrag von 624 Euro im Jahr übersteigen, sowie Ausbildungshilfen (z. B. BAföG oder Stipendien) mindern den Höchstbetrag.
Darüber hinaus ist Voraussetzung, dass die unterhaltene Person nur ein geringes Vermögen besitzt; ein angemessenes Hausgrundstück bleibt dabei unberücksichtigt. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist darunter Vermögen bis zu einem gemeinen Wert (Verkehrswert) von 15.500 Euro zu verstehen; die Höhe ist jedoch seit 1975 unverändert.
Der Bundesfinanzhof hat jetzt über die Angemessenheit der Wertgrenze und über die Ermittlung des geringen Vermögens entschieden. Das Gericht sah die Vermögensgrenze noch als angemessen an, da das Schonvermögen im Streitjahr 2019 noch deutlich oberhalb des steuerlichen Grundfreibetrags (2019: 9.168 Euro, 2024: 11.604 Euro) liegt und auch nicht den sog. „Notgroschen“ von 10.000 Euro i. S. des Zivil- und Sozialrechts unterschreitet.
Zur Ermittlung der Höhe des zu berücksichtigenden Vermögens entschied das Gericht, dass angesparte und noch nicht verbrauchte Unterhaltsleistungen grundsätzlich erst nach Ablauf des Kalenderjahrs ihres Zuflusses zu (abzugsschädlichem) Vermögen werden. Ende Dezember erhaltene Unterhaltszahlungen für Januar sind daher als regelmäßig wiederkehrende Einnahme i. S. von § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG erst im Folgejahr zu berücksichtigen.
3 Verkauf eines PKW aus dem gewillkürten Betriebsvermögen –
Verfassungsbeschwerde abgewiesen
Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt werden oder dazu bestimmt sind, stellen notwendiges Betriebsvermögen dar.
Dagegen können Wirtschaftsgüter, die nicht überwiegend betrieblich genutzt werden, aber in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen, dem Betriebsvermögen zugeordnet werden, wenn die betriebliche Nutzung mindestens 10 % und höchstens 50 % beträgt (sog. gewillkürtes Betriebsvermögen). Dies gilt unabhängig von der Gewinnermittlungsart, d. h. sowohl für Bilanzierende als auch für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln (z. B. Freiberufler).
Der Bundesfinanzhof hatte entschieden, dass der Gewinn aus dem Verkauf eines PKW, der dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet wurde, in voller Höhe der Einkommensteuer zu unterwerfen ist.
Im Streitfall wurde ein PKW, der zu 25 % betrieblich (freiberuflich) und zu 75 % für private Zwecke genutzt wurde, in vollem Umfang dem Betriebsvermögen zugeordnet. Trotz der jährlichen Nutzungsentnahme von 75 % sah das Gericht weder Gründe für eine anteilige Kürzung des Veräußerungserlöses bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns noch für eine gewinnmindernde Korrektur des Veräußerungsgewinns in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden Abschreibungen.
Der Bundesfinanzhof begründete dies damit, dass die Besteuerung der Nutzungsentnahme unter Berücksichtigung der Abschreibungen in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Bemessung des Veräußerungsgewinns steht, da es sich um unterschiedliche Vorgänge handelt, die getrennt zu betrachten sind. Im Streitfall hatte der Freiberufler Beschwerde gegen diese Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Die Beschwerde ist nicht angenommen worden. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist damit rechtskräftig.
4 Jahressteuergesetz 2024: Neues Mobilitätsbudget
Der Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024 enthält eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen, die überwiegend technischen Charakter haben. Inhaltlich hervorzuheben ist insbesondere die neue Pauschalbesteuerung von Mobilitätsbudgets.
Durch diese Regelung sollen Arbeitgeber die Möglichkeit erhalten, die Lohnsteuer auf ein Mobilitätsbudget für die außerdienstliche Nutzung von Mobilitätsleistungen in Form eines Sachbezugs oder eines Zuschusses pauschal mit 25 % zu erheben. Dies gilt aber nur, soweit das Mobilitätsbudget zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung ist auf einen Höchstbetrag von 2.400 Euro im Kalenderjahr begrenzt.
Beim Mobilitätsbudget steht die kurzfristige, gelegentliche und bedarfsgerechte Bereitstellung verschiedener Mobilitätsformen an Arbeitnehmer im Vordergrund. Begünstigt sind Fortbewegungsmöglichkeiten wie beispielsweise E-Scooter, die gelegentliche Inanspruchnahme von Car-Sharing-, Bike-Sharing- sowie sonstige Sharing-Angebote und Fahrtdienstleistungen. Der Erwerb von Einzelfahrkarten, Zeitkarten und Ermäßigungskarten für den Bus- und Bahnverkehr fällt ebenfalls unter die Neuregelung.
Die dauerhafte und nicht nur gelegentlichen Nutzung von Kraftfahrzeugen (z. B. auf Dauer ausgelegte Mietwagen-, Leasing- oder Abo-Modelle) ist ausgeschlossen. Dies gilt ebenso für Luftfahrzeuge, private Kraftfahrzeuge der Arbeitnehmer und den Arbeitnehmern dauerhaft auch zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Kraftfahrzeuge. Die Regelungen zur sog. Dienstwagenbesteuerung bleiben unverändert.
Die neue Pauschalbesteuerung ist nur dann zulässig, wenn nicht bereits eine Pauschalbesteuerung des Sachbezugs oder Zuschusses nach § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG erfolgt. Beide Regelungen sind jeweils nur alternativ anwendbar. Das gilt sinngemäß auch für die Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG. Hier können die beiden Regelungen jeweils nur alternativ angewendet werden.
5 Umsatzsteuersatz bei Nebenleistungen zur Beherbergung
Die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung von Gästen in Hotels, Pensionen usw. sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen unterliegen gem. § 12 Abs. 1 Nr. 11 UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Das gilt jedoch nicht für (Neben-)Leistungen zur Beherbergung, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind; hierfür ist der Regelsteuersatz von 19 % anzuwenden. Das bedeutet, dass für Nebenleistungen wie Frühstück und die Bereitstellung von Parkplätzen, WLAN, Fitness- und Wellnesseinrichtungen usw. 19 % Umsatzsteuer abzuführen sind, auch wenn dafür kein besonderes Entgelt in der Rechnung ausgewiesen wurde. In diesem Fall ist der Nebenleistungsanteil zu schätzen.
Dieses Aufteilungsgebot widerspricht allerdings dem umsatzsteuerrechtlichen Grundsatz, dass eine Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt. Danach würden auch die Nebenleistungen bei einer Beherbergung dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % unterliegen.
Der Bundesfinanzhof hat Zweifel, ob das Aufteilungsgebot bei Beherbergungsleistungen mit EU-Recht vereinbar ist, und hat deshalb den Europäischen Gerichtshof zwecks Klärung angerufen.
6 Keine doppelte Haushaltsführung bei Hauptwohnsitz in der Nähe des Beschäftigungsorts
Notwendige Mehraufwendungen, die wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, können als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Dazu gehören u. a. die Miete für die Wohnung am Beschäftigungsort und in den ersten 3 Monaten auch Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand. Erforderlich ist, dass außerhalb des Orts der ersten Tätigkeitsstätte ein eigener Hausstand und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte eine Wohnung unterhalten wird.
Eine Mindestentfernung des eigenen Hausstands von der ersten Tätigkeitsstätte sieht das Gesetz zwar nicht vor; eine berufliche Veranlassung für den Zweitwohnsitz wird aber regelmäßig verneint, wenn die Arbeitsstätte innerhalb einer Stunde vom Hauptwohnsitz erreicht werden kann. Wie das Finanzgericht Münster jetzt entschieden hat, kommt es dabei nicht darauf an, dass die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwar zwei Stunden täglich beträgt, die erste Tätigkeitsstätte aber nur 30 km vom ersten Wohnsitz entfernt liegt und mit dem PKW auch im Berufsverkehr in ca. 50 Minuten zu erreichen ist. Die Aufwendungen für eine näher am Beschäftigungsort gelegene Zweitwohnung wurden daher als privat veranlasst angesehen und nicht zum Abzug zugelassen.
7 Erlass von Säumniszuschlägen für „pünktliche“ Steuerzahler
Werden Steuerzahlungen (z. B. für die Festsetzung bzw. Vorauszahlung von Einkommen- oder Körperschaftsteuer) nicht fristgemäß entrichtet, entstehen „automatisch“ – allein aufgrund des Zeitablaufs – Säumniszuschläge; diese betragen grundsätzlich 1 % des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags für jeden angefangenen Monat.
Erfolgt die Zahlung des Steuerbetrags durch Überweisung, werden Säumniszuschläge nicht erhoben, wenn der Fälligkeitstag (bei Vorauszahlungen in der Regel der 10. eines Monats) lediglich um bis zu 3 Tage überschritten wird (sog. Schonfrist); entscheidend ist die Gutschrift auf dem Konto der Finanzverwaltung.
Eine Besonderheit gilt bei Fälligkeitssteuern (z. B. Umsatzsteuer-Voranmeldung, Lohnsteueranmeldung): Hier werden Säumniszuschläge nicht vor Abgabe der Anmeldung festgesetzt.
Fallen Fälligkeitstag oder das Ende der 3-tägigen Schonfrist auf einen Samstag, Sonntag oder einen Feiertag, verschieben sich die jeweils betroffenen Termine auf den folgenden Werktag (§ 240 i. V. m. § 108 Abs. 3 AO).
Beispiele:
Die Einkommensteuer-Vorauszahlung wird grundsätzlich fällig am 10., | ||||
das ist ein | Fälligkeit | hinaus- geschobene Fälligkeit |
Ende der Schonfrist | hinausgeschobenes Ende der Schonfrist |
a) Freitag | 10. | – | Montag, der 13. | – |
b) Sonntag | – | Montag, der 11. | Donnerstag, der 14. | – |
c) Mittwoch | 10. | – | – | Montag, der 15. |
Das Finanzamt kann Säumniszuschläge (teilweise) erlassen, wenn die Erhebung „unbillig“ wäre (§ 227 AO). Dies kann z. B. der Fall sein, wenn wegen einer plötzlichen Erkrankung eine pünktliche Zahlung nicht möglich war oder bei Zahlungsunfähigkeit bzw. wirtschaftlichen Engpässen.
Ein Erlass von Säumniszuschlägen kommt auch in Betracht, wenn dem Fristversäumnis ein offenbares Versehen zugrunde liegt und der Steuerpflichtige ansonsten ein „pünktlicher“ Steuerzahler ist. Zu beachten ist hierbei allerdings, dass ein Steuerzahler, der die oben genannte 3-tägige Schonfrist „laufend“ ausnutzt, nicht als pünktlicher Zahler im Sinne dieser Regelung gilt.
Bei Zahlung nach dem Fälligkeitstermin, aber innerhalb der Schonfrist werden somit zwar keine Säumniszuschläge festgesetzt; allerdings kann jedes Ausnutzen der Schonfrist die Erlasswürdigkeit des Steuerzahlers – auch im Fall eines nur einmaligen Überschreitens der Frist – mindern.
Quelle: Informationsbrief August 2024 Erich Fleischer Verlag