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Informationsbrief Oktober 2022

1 Sonderausgaben  2022

Bestimmte Aufwendungen, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten bei den einzelnen Einkunfts­arten sind, können als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Sie wirken sich zum Teil unbegrenzt, meistens jedoch nur begrenzt aus (siehe Anlage).

Sonderausgaben, die für das Kalenderjahr 2022 berücksichtigt werden sollen, sind regelmäßig bis spätestens 31.12.2022 zu leisten.

Bei einer Überweisung gilt als Zahlungszeitpunkt der Tag, an dem die Bank den Überweisungsauftrag erhält bzw. dieser online veranlasst wird.

Wird mittels Girocard oder Kreditkarte gezahlt, ist der Abfluss mit der Unterschrift auf dem Beleg (bzw. mit Eingabe der PIN-Nummer) erfolgt.

 

2  Abgeltungsteuer  verfassungswidrig?  –  Vorlagebeschluss  zurückgenommen

Einkünfte aus Kapitalvermögen werden grundsätzlich mit dem Abgeltungsteuersatz von in der Regel 25 % besteuert; die Steuer wird regelmäßig als Kapitalertragsteuer bereits bei Auszahlung der Kapitalerträge abge­zogen. Die Steuerpflicht der Einkünfte ist damit abgegolten. Da andere Einkünfte dem unter Umständen höheren persönlichen Steuersatz unterliegen, sah ein Finanzgericht in dieser Besteuerung einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz und legte die Frage, ob die Abgeltungsteuer verfassungswidrig ist, dem Bundes­verfassungsgericht zur Entscheidung vor.

Dieser Vorlagenbeschluss wurde nun aufgehoben, weil sich das zugrundeliegende Finanzgerichtsverfahren erledigt hatte. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist in dieser Frage daher insoweit nicht mehr zu erwarten.

 

3  Private  PKW-Nutzung:  Leasingsonderzahlung  und  Kostendeckelung

Nutzt ein Unternehmer einen betrieblichen PKW auch für private Zwecke, hat er dafür eine Nutzungs­entnahme zu versteuern. Dies kann bei Führung eines Fahrtenbuchs durch Ansatz der tatsächlichen Kosten entsprechend dem privaten Nutzungsanteil erfolgen. Der Nutzungswert kann jedoch auch pauschal für jeden Monat mit 1 % des Bruttolistenpreises angesetzt werden; Voraussetzung ist, dass der PKW zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird. Sind die Gesamtkosten niedriger als der nach der 1 %-Regelung ermittelte Jahreswert, kann die Nutzungsentnahme auf die tatsächlichen Kosten beschränkt werden (sog. Kosten­deckelung).

Im Fall der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung führen auch Einmalzahlungen regelmäßig zum sofortigen Betriebsausgabenabzug. Auf Kfz-Kosten bezogen, betrifft dies insbesondere die Leasingsonderzahlung. Der vollständige Betriebsausgabenabzug im ersten Jahr führt entsprechend zu niedrigeren Kfz-Kosten in den Folgejahren, dadurch kam in vielen Fällen die Kostendeckelung für die Nutzungsentnahme in Betracht.

Die Finanzverwaltung geht jedoch inzwischen davon aus, dass Einmalzahlungen von Kfz-Kosten, die für mehr als ein Jahr vorausgezahlt werden, hinsichtlich der Anwendung der Kostendeckelung gleichmäßig auf die gesamte Leasinglaufzeit zu verteilen sind.

Der Bundesfinanzhof hat die Ansicht der Finanzverwaltung in einem aktuellen Urteil bestätigt. Mit der Verteilung einer Leasingsonderzahlung im Zusammenhang mit der Anwendung der Kostendeckelung werden Einnahmen-Überschussrechner insoweit Bilanzierern gleichgestellt, die jahresübergreifenden Auf­wand ohnehin auf die Laufzeit verteilen müssen.

 

4  Erbschaftsteuer  für  Familienheim  –  Aufgabe  der  Selbstnutzung  wegen  Erkrankung

Erben Ehepartner oder Kinder das bisher vom Erblasser selbstgenutzte Familienheim, kann dies dann erb­schaftsteuerfrei bleiben, wenn der Erbe in das Familienheim einzieht und es dauerhaft selbst bewohnt. Eine Aufgabe der Selbstnutzung innerhalb von 10 Jahren nach dem Erbfall bleibt nur dann ohne steuerliche Folgen, wenn der Erbe aus zwingenden Gründen an einer weiteren Selbstnutzung gehindert ist.

Hierzu hatte der Bundesfinanzhof klargestellt, dass bereits die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung (z. B. wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen) für den Erhalt der Steuerbefreiung ausreichen kann. In diesem Fall zog die Tochter aus dem von ihrem Vater geerbten Einfamilienhaus wieder aus, weil sie dort u. a. auf­grund eines Rücken- und Hüftleidens ohne fremde Hilfe nicht mehr leben konnte.

In einem weiteren Urteil zu dieser Problematik hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass auch im Fall einer depressiven Erkrankung eine steuerunschädliche Unzumutbarkeit vorliegen kann. Im Urteilsfall zog die Ehefrau auf ärztlichen Rat aus der von ihrem Mann geerbten Wohnung aus, weil durch den Verbleib im ehemals gemeinsam bewohnten Haus eine zunehmende Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ein­getreten wäre.

Das Gericht weist darauf hin, dass das Vorliegen einer entsprechenden Erkrankung ggf. mit Hilfe ärztlicher Begutachtung geprüft und festgestellt werden muss.

 

5  Prämien  aus  der  Treibhausgasminderungs-Quote

Der Verkehrssektor zählt zu den größten Verursachern von CO2. Da (reine) Elektrofahrzeuge kein CO2 ausstoßen, können ihre Emissionseinsparungen auf die sog. Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote) angerechnet werden. Das bedeutet, dass die im Fahrzeugschein eingetragenen Halter von reinen Elektro­fahrzeugen ihre eingesparten CO2-Emissionen verkaufen können, z. B. an Unternehmen, die zu viel Treib­hausgase ausstoßen, oder an entsprechende Zwischenhändler. Hybrid- sowie Wasserstofffahrzeuge sind nicht begünstigt.

Unklar war bisher, wie die Einnahmen aus der Veräußerung von THG-Quoten steuerlich zu behandeln sind. Die Finanzverwaltung unterscheidet dabei, ob das Elektrofahrzeug zum Privat- oder zum Betriebsver­mögen gehört.

Bei Elektrofahrzeugen im Privatvermögen sind die durch den Verkauf der THG-Quote erhaltenen Einnah­men nicht einkommensteuerpflichtig. Bei Elektrofahrzeugen im Betriebsvermögen sind die Verkaufserlöse dagegen als Betriebseinnahmen zu erfassen und unterliegen damit der Einkommen- bzw. Körper­schaftsteuer und ggf. auch der Gewerbesteuer.

Hinsichtlich der Umsatzsteuer gilt sinngemäß das Gleiche. Wurde das Elektrofahrzeug dem nichtunter­nehmerischen Bereich zugeordnet, wird die (jährliche) Veräußerung der THG-Quote nicht als unter­nehmerische Tätigkeit angesehen, sodass dadurch keine Umsatzsteuer entsteht. Bei Zuordnung des Elektrofahrzeugs zum Unternehmen gehört die Vergütung aus dem Verkauf der THG-Quote zur unter­nehmerischen Tätigkeit und unterliegt damit regelmäßig der Umsatzsteuer.

Der Handel mit THG-Quoten, d. h. der An- und Weiterverkauf, ist als unternehmerische Tätigkeit einzu­stufen, die grundsätzlich der Umsatzsteuer unterliegt.

 

6  Pflegeleistungen  für  Angehörige  in  deren  Haushalt

Für haushaltsnahe Dienstleistungen wie z. B. Gartenpflege oder Reinigungsarbeiten kann pro Jahr ein Betrag von bis zu 20.000 Euro geltend gemacht werden; hierauf wird eine Steuerermäßigung von 20 % (höchstens 4.000 Euro jährlich) abgezogen. Hierzu gehören auch Aufwendungen für die Pflege von Angehörigen sowie die hauswirtschaftliche Versorgung. Anspruch auf die Steuerermäßigung besteht auch, wenn ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen für einen Dritten (z. B. Elternteil) entstehen, selbst dann, wenn die Leistun­gen nicht im eigenen Haushalt, sondern im Haushalt der betreuten oder gepflegten Person erbracht werden.

Der Bundesfinanzhof hat dies für einen Fall entschieden, in dem die Mutter des Klägers in einem 100 Kilo­meter entfernten Ort wohnte und dort ambulant gepflegt wurde. Entscheidend für den Abzug der Pflege- und Betreuungskosten ist dabei aber, dass der Angehörige, der die Aufwendungen trägt, auch Vertragspartner und Verpflichteter der Betreuungsleistungen (z. B. von Sozialstationen) ist.

 

7  Vom  Beteiligungsverhältnis  abweichende  Gewinnausschüttungen

Grundsätzlich erfolgt bei einer privaten Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft die Verteilung und Aus­schüttung der Gewinne im Verhältnis der Beteiligungsquoten am Stamm- oder Grundkapital. Sofern es satzungsgemäß vorgesehen ist, kann sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich eine von den Beteili­gungsquoten abweichende, inkongruente Gewinnausschüttung erfolgen.

Der Bundesfinanzhof hat jetzt auch die Möglichkeit von zeitlich versetzten Ausschüttungen an die Gesell­schafter anerkannt, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen war. Hierzu kann für einzelne Gesellschaf­ter innerhalb der Kapitalgesellschaft eine personenbezogene Gewinnrücklage gebildet werden, die bei diesem (noch) nicht als Zufluss von Kapitalerträgen behandelt wird und daher nicht dem Kapitalertragsteuerabzug und der Einkommensteuer unterliegt.

Dadurch können z. B. Minderheitsgesellschafter Dividenden erhalten, ohne dass der Mehrheitsgesellschafter seine Gewinnanteile ebenfalls versteuern muss. Die gebildeten Kapitalrücklagen können später jederzeit durch Gesellschafterbeschluss ausgeschüttet werden und unterliegen dann der Besteuerung.

 

8  Keine  Künstlersozialabgabe  bei  einmaliger  Erstellung  einer  Website

Auf Entgelte und Vergütungen für künstlerische oder publizistische Werke bzw. Leistungen ist eine Künstler­sozialabgabe von derzeit 4,2 % abzuführen, mit der die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung selb­ständiger Künstler usw. mitfinanziert wird. Die Abgabe ist vor allem von Unternehmen wie z. B. Theatern, Verlagen, Galerien, aus Funk und Fernsehen oder auch von Werbeagenturen zu zahlen, soweit sie entsprechende Leistungen in Anspruch nehmen.

Abgabepflichtig sind aber auch alle anderen Unternehmer, die regelmäßig Aufträge für Werbung, Internetauftritte, Layouts, Anzeigen, Prospekte, Kataloge oder Verpackungen an selbständige Auftrag­nehmer z. B. Texter, Grafiker oder Webdesigner erteilen. Von der Abgabepflicht befreit sind Unternehmen, deren an selbständige Auftragnehmer gezahlte Gesamtentgelte für Werbung, Öffentlichkeitsarbeit usw. 450 Euro (ohne Umsatzsteuer) im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Viele Unternehmen nehmen derartige Leistungen nur selten in Anspruch (z. B. für eine neugestaltete Home­page). In diesen Fällen war bisher unklar, ob die „Freigrenze“ von 450 Euro auch dann gelten soll, wenn diese nur bei einer gelegentlichen Beauftragung überschritten wird. Das Bundessozialgericht hat hierzu jetzt in einem Urteil klargestellt, dass z. B. bei nur einem Auftrag pro Jahr die Grenze von 450 Euro über­schritten werden kann, ohne dass die Künstlersozialabgabe fällig wird. Im Streitfall hatte ein Rechtsanwalt seine Homepage von einem Webdesigner für 1.750 Euro erstellen lassen.

 

9  Änderung  von  Ertragsteuerbescheid  infolge  von  Umsatzsteuerbescheidänderung

Bei bilanzierenden Unternehmern werden umsatzsteuerpflichtige Umsätze in der Form berücksichtigt, dass nur die Nettobeträge als Erlöse gebucht werden und so den Gewinn erhöhen, während die später an das Finanzamt abzuführende Umsatzsteuer gewinnneutral als Verbindlichkeit ausgewiesen wird.

Stellt sich später heraus, dass die umsatzsteuerliche Behandlung falsch war, weil die Umsätze richtigerweise umsatzsteuerfrei waren, kann der betreffende Umsatzsteuerbescheid z. B. im Einspruchsverfahren zugunsten des Unternehmers geändert werden. Infolge der geänderten umsatzsteuerlichen Behandlung ist der ermit­telte Gewinn aber nicht mehr korrekt, weil die bei diesen Umsätzen als Verbindlichkeit behandelten Umsatz­steuerbeträge dann richtigerweise als Teil der Erlöse zu buchen gewesen wären. Wie der Bundesfinanzhof jetzt bestätigt hat, kann das Finanzamt in diesen Fällen auch den Ertragsteuerbescheid unter den Vorausset­zungen des § 174 Abs. 4 AO ändern.

 

10  Entwurf  eines  Inflationsausgleichsgesetzes

Das Bundesfinanzministerium hat den Entwurf eines Inflationsausgleichsgesetzes vorgestellt. Damit sollen inflationsbedingte steuerliche Mehrbelastungen ausgeglichen werden, indem die Steuerlast an die Inflation angepasst wird. Insbesondere sind folgende Änderungen vorgesehen:

Für 2023 wird der Grundfreibetrag auf 10.632 Euro und für 2024 auf 10.932 Euro angehoben. Mit dieser Anhebung des in dem Einkommensteuertarif integrierten Grundfreibetrags soll die steuerliche Freistellung des Existenzminimums der steuerpflichtigen Bürger ab dem Jahr 2023 gewährleistet werden.

   Mit der Rechtsverschiebung weiterer Tarifeckwerte wird der Effekt der Kalten Progression ausgeglichen. So kommen trotz steigender Inflation Lohnsteigerungen und Entlastungen auch tatsächlich bei den Steuer­zahlern an und werden nicht durch eine progressionsbedingt höhere Einkommensbesteuerung gemindert.

Der Kinderfreibetrag soll schrittweise für jeden Elternteil von 2022 bis 2024 um insgesamt 264 Euro erhöht werden, bis er zum 01.01.2024 bei 2.994 Euro liegt.

Das Kindergeld wird ab dem 01.01.2023 monatlich für das erste, zweite und dritte Kind einheitlich auf jeweils 237 Euro angehoben; für das vierte und jedes weitere Kind bleibt es bei 250 Euro. Die Erhöhung des Kindergeldes gilt auch für einkommensschwache Familien, die keine Einkommensteuer zahlen.

Der Höchstbetrag für den steuerlichen Abzug von Unterhaltsleistungen wird rückwirkend ab dem Jahr 2022 durch die Einführung eines Verweises auf den Grundfreibetrag angepasst.

Diese Maßnahmen erfolgen im Vorgriff auf die voraussichtlichen Ergebnisse des im Herbst 2022 vorliegenden Existenzminimumberichts und des Steuerprogressionsberichts. Änderungen sind noch möglich.

 

Anlage zum Informationsbrief Oktober 2022 [1]

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Quelle: Informationsbrief Oktober 2022 Erich Fleischer Verlag