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Informationsbrief Juli 2016

 

1  Prozesskosten  als  außergewöhnliche  Belastung?

Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG können Prozesskosten grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden; ein Abzug ist aber ausnahmsweise zulässig, wenn es sich um Aufwendungen handelt, „ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendi­gen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können“. Diese Vorschrift wurde 2013 als Reaktion auf eine Rechtsprechungsänderung des Bundesfinanzhofs in das Einkommensteuergesetz eingefügt; inzwischen ist das Gericht wieder zu seiner früheren – strengeren – Rechtsprechung zurückgekehrt. [1]

In mehreren Urteilen hat der Bundesfinanzhof seine Auffassung zur Berücksichtigung von (Zivil-)Prozess­kosten als außergewöhnliche Belastung konkretisiert. Danach können die Kosten von Schadensersatzpro­zessen z. B. wegen ärztlicher „Kunstfehler“ nur berücksichtigt werden, soweit die Klage „auf eine Erwerbs­unfähigkeitsrente oder eine existenziell wichtige Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen zielt“. Eine Klage wegen Schmerzensgeld fällt danach nicht darunter. Soweit die entstandenen Prozesskosten nur teilweise begünstigt sind, erfolgt eine Aufteilung anhand der Streitwerte.

 

2  Maximal  50 %  der  Gesamtkosten  eines  PKW  als  privater  Nutzungsanteil?

Wird ein betrieblicher PKW auch für private Zwecke genutzt, ist der auf die private Nutzung entfallende Aufwand für den PKW nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig, sondern als Entnahme zu behandeln. Sofern die betriebliche Nutzung mehr als 50 % beträgt, kann der private Nutzungsanteil pauschal mit monatlich 1 % des Bruttolistenpreises des PKW angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Maßgebend ist dabei der Listenpreis für ein Neufahrzeug, sodass diese Pauschalierung bei Gebrauchtfahrzeugen vergleichsweise ungünstig ist, weil die Absetzungen für Abnutzung bei einem geringeren Kaufpreis entsprechend kleiner ausfallen.

 

Beispiel:

Ein betrieblicher PKW wurde gebraucht für 30.000 € zzgl. Umsatzsteuer angeschafft. Der Bruttolistenpreis beträgt 70.000 €. Der PKW wird zu 40 % privat verwendet. Folgende PKW-Aufwendungen sind angefallen:

 

Absetzungen für Abnutzung 5.000 €
Versicherung, Steuern 1.000 €
Übrige Aufwendungen 2.000 €
     8.000 €

 

Der pauschale private Nutzungsanteil würde (1 % von 70.000 € × 12 =) 8.400 € betragen und damit sogar die Gesamtkosten über­steigen, obwohl die tatsächlichen, auf die private Nutzung entfallenden Aufwendungen nur (8.000 € x 40 % =) 3.200 € betragen haben.

Bei Anwendung der pauschalen 1 %-Regelung sieht die Finanzverwaltung eine sog. Kostendeckelung vor; danach kann der pauschal ermittelte Privatanteil die Gesamtkosten nicht übersteigen. Das würde bedeuten, dass im Beispiel 8.000 Euro – und damit die gesamten Aufwendungen – als Privatentnahme anzusetzen wären. Davon unabhängig besteht die Möglichkeit, einen eventuell geringeren Privatanteil durch den Einzel­nachweis und ein Fahrtenbuch darzulegen.

Im Hinblick darauf, dass die pauschale 1 %-Regelung nur dann anwendbar ist, wenn die private Nutzung weniger als 50 % beträgt, wird allerdings auch die Auffassung vertreten, dass der private Anteil auf maximal 50 % der Gesamtkosten (im Beispiel wären das 4.000 Euro) zu begrenzen sei.

Diese Frage ist Gegenstand eines Revisionsverfahrens; die Entscheidung des Bundesfinanzhofs bleibt inso­weit abzuwarten.

 

3  Erbschaftsteuerbefreiung  für  das  sog.  Familienheim:  Selbstnutzung  und  Eigentum  als  Voraussetzung

Erbt ein Ehegatte/Lebenspartner von seinem Partner eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilie oder Anteile daran, so bleibt dieser Erwerb beim überlebenden Ehepartner regelmäßig erbschaftsteuerfrei. Voraussetzung ist insbesondere, dass der Erblasser die Wohnung bzw. das (Einfamilien-)Haus bis zum Erb­fall selbst bewohnt hat und auch der Erbe eine Selbstnutzung vorgesehen hat.

Eine fehlende Selbstnutzung durch den verstorbenen Erblasser zu Lebzeiten ist nur dann unschädlich, wenn zwingende (z. B. gesundheitliche) Gründe vorlagen, die ihn an einer Selbstnutzung gehindert haben. Dies kann aufgrund eines längeren krankheitsbedingten Klinik- oder Sanatoriumsaufenthalts oder bei einer wegen Pflegebedürftigkeit erforderlichen Unterbringung in einem Altenheim der Fall sein.

Das Finanzgericht München hat entschieden, dass die strengen Voraussetzungen auch dann anzuwenden sind, wenn der Ehepartner vor Einzug in eine neue Familienwohnung schwer erkrankt und verstirbt.

Im Streitfall verzögerte sich der Umzug der Eheleute in eine neu angeschaffte Wohnung durch Umbau­maßnahmen. Obwohl der feste Entschluss der Eheleute, ihren Wohnsitz in die neue Wohnung zu verlegen, erkennbar war und der überlebende Ehepartner die Wohnung nach Fertigstellung auch bezog, verweigerte das Gericht die Steuerbefreiung. Diese komme nur in Frage, wenn vor dem Eintritt der Hinderungsgründe eine Selbstnutzung durch den Erblasser tatsächlich vorgelegen habe; die bloße Absicht, in die Wohnung einzuziehen, reiche nicht aus. In diesem Fall ist nach Auffassung des Gerichts auch die Erkrankung unerheb­lich.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Steuerbefreiung rückwirkend wegfällt, wenn der Erwerber das Familien­heim innerhalb von 10 Jahren nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, auch er ist daran durch zwingende Gründe gehindert.

Das Hessische Finanzgericht hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass bei gegebener Selbstnutzung in diesem Zeitraum auch die Beibehaltung des Eigentums an der Wohnung gewährleistet sein muss.

Im Streitfall übertrug der Erbe das von seiner Mutter geerbte Einfamilienhaus vier Jahre nach dem Erbfall wiederum auf seine Kinder, behielt sich aber ein Dauerwohnrecht an dem Haus vor. Obwohl die gesetzliche Formulierung die Beibehaltung des Eigentums nicht vorsieht, versagte das Gericht (rückwirkend) die Steuer­befreiung, weil hier eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung des Gesetzes geboten sei. Nach dem Gesetzeszweck – so das Gericht – sei die Eigentümerstellung des Erben für die Steuerbefreiung notwendig.

 

4  Nutzungsausfallentschädigung  als  Betriebseinnahme

Schadensersatz- oder Versicherungsleistungen für Wirtschaftsgüter, die zum Betriebsvermögen gehören, sind als Betriebseinnahme zu erfassen, da diese an die Stelle des beschädigten oder zerstörten Wirtschafts­guts treten. Dies gilt nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs [2] auch für eine Nutzungs­ausfallentschädigung; eine teilweise Privatnutzung ändert daran nichts.

Im Streitfall wurde für einen durch den Unternehmer teilweise auch privat genutzten PKW aufgrund eines Unfalls von der Versicherung des Unfallgegners eine Nutzungsausfallentschädigung gezahlt. Obwohl sich der Unfall auf einer privaten Fahrt ereignete, ist die Entschädigung in voller Höhe als Betriebseinnahme zu ver­steuern. Die Nutzungsausfallentschädigung hat nach Auffassung des Gerichts auch keine Auswirkung auf die Besteuerung nach der 1 %-Regelung.

Steht während eines längeren Zeitraums kein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung, kann dies jedoch dazu führen, dass für diese Zeit kein privater Nutzungsanteil nach der 1 %-Regelung zu erfassen ist.

Bei Ermittlung des privaten Nutzungsanteils nach der Fahrtenbuchmethode (Ermittlung der tatsächlichen auf die privaten Fahrten entfallenden Aufwendungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG) wirkt sich die Ent­schädigung anteilig aus und führt zu einem geringeren Entnahmewert, da die Nutzungsausfallentschädigung die Aufwendungen für das Fahrzeug mindert.

 

5  Gesetz  zur  Modernisierung  des  Besteuerungsverfahrens:  Änderungen  durch  Finanz­ausschuss

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens sollen die rechtlichen Voraussetzungen für ein zeitgemäßes und effizientes Besteuerungsverfahren unter verstärktem Einsatz der Informationstech­nologie geschaffen werden (siehe dazu auch Informationsbrief Februar 2016 Nr. 8).

Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens sind auf Empfehlung des Finanzausschusses u. a. folgende Änderun­gen in den Gesetzentwurf aufgenommen worden:

Der Abgabetermin für beratene Steuerpflichtige soll wie in der ersten Entwurfsfassung auf den letzten Tag des Februars, d. h. regelmäßig der 28. Februar des Zweitfolgejahrs, festgelegt werden (bisher: 31. Dezember des Folgejahrs). Davon abweichend soll die Finanzverwaltung eine Abgabe von Erklärungen vorzeitig, d. h. vor Ende Februar, verlangen können. Für diese sog. Vorabanforderungen gilt dann eine Abgabefrist von 4 Monaten.

Die Regelungen zu den Abgabefristen sollen erstmals für Besteuerungszeiträume anzuwenden sein, die nach dem 31. Dezember 2017 beginnen.

Der Verspätungszuschlag beträgt für jeden angefangenen Monat 0,25 % der festgesetzten Steuernachzah­lungen, mindestens jedoch 25 Euro monatlich; der Höchstbetrag bleibt bei insgesamt 25.000 Euro.

Insbesondere bei Rentenempfängern, die davon ausgegangen sind, keine Steuererklärungen abgeben zu müssen, wird der Verspätungszuschlag erst ab dem Monat berechnet, der der in der Aufforderung bezeich­neten Erklärungsfrist folgt, d. h. also nicht grundsätzlich rückwirkend seit Bezug der steuerpflichtigen Renteneinkünfte.

Die neuen Bestimmungen zum Verspätungszuschlag gelten erstmals für Steuererklärungen, die nach dem 31. Dezember 2018 einzureichen sind (d. h. regelmäßig die Steuererklärungen für 2018 und später).

 

6  Steuerermäßigung  für  haushaltsnahe  Dienstleistungen  und  Handwerkerleistungen

Für Aufwendungen im Zusammenhang mit Renovierungs-, Instandsetzungs- bzw. Modernisierungs­arbeiten in einem privaten Haushalt oder der Pflege des dazugehörigen Grundstücks kann eine Steuer­ermäßigung in Form eines Abzugs von der Einkommensteuer in Anspruch genommen werden (siehe § 35a Abs. 2 und 3 EStG). Begünstigt sind danach 20 % der Arbeitskosten für

 

        höchstmögliche Steuer-ermäßigung im Jahr
haushaltsnahe Dienstleistungen:
   z. B. Putz-, Reinigungsarbeiten in der Wohnung, Gartenpflege wie
   z. B. Rasenmähen, Heckenschneiden 4.000 €
     
Handwerkerleistungen:
   Renovierungs-, Modernisierungs- und Erweiterungsarbeiten durch
   Handwerker, Gartengestaltung, Reparatur bzw. Wartung von Heizung,
   Küchengeräten, Computern usw., Schornsteinfegerleistungen 1.200 €

 

Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist u. a., dass eine entsprechende Rechnung vorliegt und die Zah­lung unbar (auf das Konto des Dienstleisters) erfolgt ist; dies gilt auch für Abschlagszahlungen.

Für die Berücksichtigung der Steuerermäßigung im jeweiligen Kalenderjahr kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zahlung an. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass ein eventueller „Anrechnungs­überhang“ (Zahlungen, die über dem Höchstbetrag liegen) verloren ist, d. h., eine Anrechnung des überstei­genden Betrages kann auch nicht im folgenden Jahr nachgeholt werden.

Die Steuerermäßigung kann nicht nur von (Mit-)Eigentümern einer Wohnung, sondern auch von Mietern in Anspruch genommen werden. Dies setzt voraus, dass die vom Mieter zu zahlenden Nebenkosten Beträge umfassen, die für begünstigte haushaltsnahe Dienstleistungen und handwerkliche Tätigkeiten abgerechnet wurden; der auf den Mieter entfallende Anteil an den Aufwendungen muss aus einer Jahresabrechnung her­vorgehen oder durch eine Bescheinigung (des Vermieters bzw. Verwalters) nachgewiesen werden.

Nicht begünstigt sind Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme; hierunter fallen Arbeiten, die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung anfallen.

Das bedeutet, dass z. B. Arbeitskosten für einen nachträglichen Dachgeschossausbau (auch bei einer Nutz-/
Wohnflächenerweiterung), für eine spätere Gartenneuanlage, der nachträglichen Errichtung eines Carports, einer Fertiggarage, eines Wintergartens oder einer Terrassenüberdachung sowie für Außenanlagen wie Wege, Einzäunungen usw. grundsätzlich nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt sind.

Nach § 35a Abs. 4 EStG ist die Steuerermäßigung auf Leistungen begrenzt, die „im Haushalt“ erbracht werden. Das Finanzgericht München [3] hat auch den Werkstattarbeitslohn für die Herstellung einer neuen Haustür in einer Tischlerei mit anschließender Montage als begünstigt angesehen. Es handele sich hierbei um eine Tätigkeit, die in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt wurde und dem Haushalt dient. Das Gericht bezieht sich hierbei auf die neuere höchstrichterliche Rechtspre­chung zum Begriff „im Haushalt“, der räumlich funktional auszulegen ist.

Der Begriff „im Haushalt“ ist allerdings nicht in jedem Fall mit dem tatsächlichen Bewohnen gleichzusetzen. So können beim Umzug in eine andere Wohnung nicht nur die Umzugsdienstleistungen und Arbeitskosten im Zusammenhang mit der „neuen“ Wohnung, sondern z. B. auch die Renovierungsarbeiten an der bisherigen Wohnung berücksichtigt werden.

 

Quelle: Informationsbrief Juli 2016 Erich Fleischer Verlag