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Informationsbrief Mai 2020

1 Maßnahmen  zur  Berücksichtigung  der  Auswirkungen  des  Coronavirus

Durch das Coronavirus sind bereits beträchtliche wirtschaftliche Schäden entstanden. Die Finanzverwal­tung will den Geschädigten durch folgende steuerliche Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten ent­gegenkommen:

  • Nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffene Unternehmer und Privatpersonen können be­antragen, die Einkommen- oder Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen herabzusetzen und bis zum 31.12.2020 fällig werdende Steuern zu stunden.
    Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für Stundungen sollen in diesen Fällen keine strengen Anfor­derungen gestellt werden, auch wenn die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachge­wiesen werden können. Stundungszinsen sollen grundsätzlich nicht erhoben werden.
  • Von Vollstreckungsmaßnahmen gegen vom Coronavirus stark Betroffene soll auf Antrag bis zum 31.12.2020 abgesehen werden.
  • Die Finanzämter können auf Antrag auch die Herabsetzung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen für 2020 veranlassen, insbesondere wenn sie bereits die Einkommen- oder Körperschaftsteuer-Vorauszahlun­gen angepasst haben.
  • Anträge auf Stundung und Erlass von Gewerbesteuerzahlungen sind an die für die Festsetzung und Erhe­bung der Gewerbesteuer zuständige Behörde zu richten.
  • Die Bundesländer haben beschlossen, dass die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen 2020 auf Antrag teilweise oder vollständig (d. h. auf 0 Euro) herabgesetzt und erstattet werden können.

Im Zeitraum vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020 zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlte Zuschüsse (Bar- oder Sachleistungen) an Arbeitnehmer bleiben bis zur Höhe von 1.500 Euro (lohn-)steuerfrei und beitragsfrei in der Sozialversicherung.

Darüber hinaus haben Bund, Länder und Kommunen verschiedene Fördermaßnahmen beschlossen:

  • Liquiditätszuschüsse für Klein- und Kleinstunternehmen (gestaffelt nach Mitarbeiterzahl), die nicht zurückgezahlt werden müssen, aber als steuerpflichtige Einnahmen gelten sollen.
  • Kredite als Liquiditätshilfe.

Anträge sollen bei der Förderbank des jeweiligen Bundeslandes gestellt werden. Kreditprogramme der KfW mit Haftungsfreistellung werden über die Hausbank des Antragstellers abgewickelt.

Die sozialversicherungsrechtlichen Grenzen für kurzfristige Beschäftigungen (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV) werden in der Zeit vom 01.03.2020 bis 31.10.2020 von 3 Monaten oder 70 Arbeitstagen auf 5 Monate oder 115 Arbeitstage angehoben.

Die gesetzlichen Krankenkassen können Arbeitgebern bei erheblichen Härten die fälligen Sozialversiche­rungsbeiträge für deren Mitarbeiter unter bestimmten Voraussetzungen zinslos stunden. Ist der Arbeitgeber selbst gesetzlich krankenversichert, kann er bei seiner Krankenkasse ggf. eine Beitragsermäßigung beantra­gen. In beiden Fällen empfiehlt sich Rücksprache mit der jeweiligen Krankenkasse.

Die Minijob-Zentrale hat unbürokratische Hilfe für Minijob-Arbeitgeber bei Zahlungsrückständen in Aus­sicht gestellt.

 

2  Steuerermäßigung  für  haushaltsnahe  Dienstleistungen  und  Handwerkerleistungen

Für Aufwendungen im Zusammenhang mit Erhaltungs-, Renovierungs-, Instandsetzungs- und Modernisie­rungs­arbeiten in einem im EU-/EWR-Raum liegenden privaten Haushalt oder der Pflege des dazugehörigen Grundstücks kann eine Steuerermäßigung in Form eines Abzugs von der Einkommensteuer in Anspruch genommen werden (siehe § 35a Abs. 2 und 3 EStG).

 

Die Steuerermäßigung beträgt 20 % der Arbeitskosten für

 

    höchstmögliche Steuer-
    ermäßigung im Jahr
haushaltsnahe Dienstleistungen:  
  z. B. Putz-, Reinigungsarbeiten in der Wohnung, Gartenpflege wie  
  Rasenmähen, Heckenschneiden usw., Betreuung von Haustieren;  
  haushaltsnahe Pflege- und Betreuungsleistungen (auch durch Angehörige)  
  sowie Dienstleistungen bei eigener Heimunterbringung 4.000 €
     
Handwerkerleistungen:  
  Renovierungs-, Modernisierungs- und Erweiterungsarbeiten durch  
  Handwerker, Gartengestaltung, Reparatur bzw. Wartung von Heizung,  
  Küchengeräten usw., Schornsteinfegerleistungen 1.200 €
 

Nach § 35a Abs. 4 EStG ist die Steuerermäßigung auf Leistungen begrenzt, die im Haushalt erbracht werden. Zum „Haushalt“ können auch mehrere räumlich voneinander getrennte Orte (z. B. Zweit-, Wochenend- oder Ferienwohnungen) gehören. Auch Leistungen, die außerhalb der Grundstücksgrenzen erbracht werden (z. B. Winterdienst oder Aufwendungen für Hausanschlüsse), können begünstigt sein, wenn die Arbeiten z. B. auf angrenzendem öffentlichen Grund durchgeführt werden.

Der Begriff „im Haushalt“ ist allerdings nicht in jedem Fall mit dem tatsächlichen Bewohnen gleichzusetzen. So können beim Umzug in eine andere Wohnung nicht nur die Umzugsdienstleistungen und Arbeitskosten im Zusammenhang mit der „neuen“ Wohnung, sondern z. B. auch die Renovierungsarbeiten an der bisheri­gen Wohnung berücksichtigt werden.

Die Steuerermäßigung kann nicht nur von (Mit-)Eigentümern einer Wohnung, sondern auch von Mietern in Anspruch genommen werden. Dies setzt voraus, dass das gezahlte Hausgeld bzw. die gezahlten Neben­kosten Beträge umfassen, die für begünstigte haushaltsnahe Dienstleistungen und handwerkliche Tätigkeiten abgerechnet wurden. Der auf den Mieter entfallende Anteil an den Aufwendungen muss aus einer Jahres­abrechnung hervorgehen oder durch eine Bescheinigung (des Vermieters bzw. Verwalters) nachgewiesen werden.

Nicht begünstigt sind handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme; hierunter fallen Arbeiten, die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung anfallen.

Das bedeutet, dass z. B. Arbeitskosten für einen nachträglichen Dachgeschossausbau (auch bei einer Nutz-/
Wohnflächenerweiterung), für eine nachträgliche Errichtung eines Carports, einer Fertiggarage, eines Win­tergartens oder einer Terrassenüberdachung, für eine spätere Gartenneuanlage sowie für Außenanlagen wie Wege, Einzäunungen usw. grundsätzlich nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt sind.

Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist u. a., dass eine entsprechende Rechnung vorliegt und die Zah­lung unbar (auf das Konto des Dienstleisters) erfolgt ist; dies gilt auch für Abschlagszahlungen.

Für die Berücksichtigung der Steuerermäßigung im jeweiligen Kalenderjahr kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zahlung an. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass ein eventueller „Anrech­nungsüberhang“ verloren ist, d. h., die Steuerermäßigung kann nicht zu einer „negativen“ Einkommen­steuer führen; eine Anrechnung des übersteigenden Betrags kann auch nicht im folgenden Jahr nachgeholt werden.

 

3  Prozesskosten  im  Zusammenhang  mit  nachehelichem  Unterhalt  als  Werbungskosten

Prozesskosten sind nur als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn man ohne den Prozess Gefahr liefe, die „Existenzgrundlage zu verlieren“ und die „lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen“ zu können. Diese Voraussetzung sieht der Bundesfinanzhof bei den Verfahrens­kosten einer Ehescheidung regelmäßig als nicht erfüllt an und hat den Abzug von Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung abgelehnt. Das Finanzgericht Münster hat jetzt jedoch eine Möglichkeit auf­gezeigt, wie ggf. ein Teil der Verfahrenskosten steuerlich berücksichtigt werden kann.

Wird nach der Trennung oder Scheidung von Ehepartnern von einem an den anderen Unterhalt gezahlt, so sind zwei Möglichkeiten zur steuerlichen Behandlung dieses Unterhalts denkbar:

  • Der Unterhaltsverpflichtete kann die Zahlungen bis maximal 9.408 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend machen (§ 33a Abs. 1 EStG). Eigene Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängers mindern diesen Höchstbetrag jedoch, soweit sie 624 Euro jährlich übersteigen, sodass häufig kein abzugsfähiger Be­trag mehr verbleibt.
  • Alternativ kann der Unterhalt – unabhängig von der Höhe der Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsemp­fängers – bis zu 13.805 Euro23 als Sonderausgaben abgezogen werden. In diesem Fall muss der Empfänger allerdings ausdrücklich zustimmen, weil er die Unterhaltszahlungen als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 1a EStG) zu versteuern hat (sog. Realsplitting).

Wird nach einer Scheidung die zweite Alternative für die Behandlung der Unterhaltszahlungen gewählt und entfällt ein Teil der Scheidungskosten auf die Festlegung des nachehelichen Unterhalts, so kann dieser Teil als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften des Unterhaltsempfängers abgezogen werden (soweit er von diesem zu tragen ist). Dies gilt nach der Entscheidung des Finanzgerichts auch dann, wenn das Verfahren mit einem Vergleich beendet wurde und bei Beendigung des Verfahrens noch nicht entschieden war, dass sich Unterhaltsverpflichteter und Empfänger auf das Realsplitting einigen würden.

 

4  Erschließungs-  und  Hausanschlusskosten:  Instandsetzung  eines  Abwasserkanals bei  Neuerrichtung  eines  Gebäudes

Im Rahmen des Neubaus eines Gebäudes entstehen regelmäßig auch Aufwendungen für den Anschluss des Hauses bzw. die Erschließung des Grundstücks z. B. für Verkehrsanbindung, Kanalisation oder den An­schluss an die Versorgungsnetze (für Wasser, Strom, Gas oder Fernwärme), die wie folgt steuerlich zu behan­deln sind:

  • Die Kosten für die erstmalige Erschließung des Grundstücks zählen – soweit sie auf den öffentlichen Grund entfallen – zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens.
  • Der erstmalige Anschluss des Hauses an das (bestehende) Abwasser- und Versorgungsnetz auf privatem Grund führt dagegen zu Herstellungskosten des Gebäudes.
  • Werden bereits vorhandene Erschließungsanlagen wie die Kanalisation oder eine Straße ersetzt bzw.
    modernisiert, führt dies zu sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen.

Hinsichtlich der Erschließungs- und Hausanschlusskosten, die im Zuge der Neuerrichtung eines Gebäu­des – nach einem vorhergehenden Gebäudeabriss – entstehen, hat der Bundesfinanzhof seine Rechtspre­chung konkretisiert. In dem vorliegenden Fall wurde der bereits vorhandene Abwasserkanal in Stand gesetzt. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich sowohl bei dem auf den öffentlichen als auch bei dem auf den privaten Grund entfallenden Anteil um sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen.

Lediglich die Aufwendungen für die Verbindung des (sanierten) Abwasserkanals mit dem neuen Gebäude führen zu Herstellungskosten, die sich nur über die Abschreibungen steuerlich auswirken.

 

5  Rentenangleichung  Ost/West  nicht  steuerfrei  –  Unzulässige  Doppelversteuerung bei  Renten?

Seit 2005 werden Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder aus berufsständischen Versorgungs­einrichtungen grundsätzlich mit einem Anteil der Besteuerung als „sonstige Einkünfte“ unterworfen.

Der Besteuerungsanteil – und damit auch der steuerfreie Teil der Rente – wird im Jahr des Rentenbeginns festgelegt und richtet sich danach, wann der Rentenempfänger erstmals Leistungen erhält: Für den Renten­beginn bis 2005 gilt ein Besteuerungsanteil in Höhe von 50 % der Rentenzahlungen, bei Beginn im Jahr 2020 beträgt er z. B. 80 %; für Renten, die 2040 beginnen, werden 100 % der Rentenleistungen besteuert. Auf­grund dieses Prozentsatzes wird ein steuerfreier Rentenbetrag ermittelt, der dann von Rentenbeginn an grundsätzlich in unveränderter Höhe gilt, solange der Rentner Leistungen erhält.

Regelmäßige Rentenanpassungen (z. B. aufgrund der Lohnentwicklung) führen nicht zu einer Neuberech­nung des steuerfreien Teils der Rente. Die in der Regel jährlichen Rentenerhöhungen fließen vielmehr in den jeweiligen steuerpflichtigen Besteuerungsanteil ein und sind mit diesem zu versteuern.

Der Bundesfinanzhof hat jetzt entschieden, dass auch die für die Angleichung der Renten in den neuen Bundesländern an das Westrentenniveau (zusätzlich) gezahlten Rentenbeträge wie reguläre jährliche Renten­erhöhungen zu behandeln sind. Auch diese Rententeile führen nicht zu einer Erhöhung des „Rentenfrei­betrags“ und sind daher zusammen mit der normalen Rente den steuerpflichtigen sonstigen Einkünften zuzurechnen.

Die Regelungen zur Besteuerung von Rentenleistungen werden immer wieder kritisiert, weil sie möglicher­weise gegen das Verbot der doppelten Besteuerung verstoßen. Eine doppelte Besteuerung liegt vor, wenn die durch den (beschränkten) Abzug von Rentenbeiträgen als Sonderausgaben eingetretene steuerliche Entlastung geringer ist als die Belastung durch die nachgelagerte Besteuerung der darauf beruhenden Alters­renten.

Der Bundesfinanzhof hatte bereits entschieden, dass ein eventueller Verstoß gegen das Doppelversteue­rungsverbot genau überprüft werden müsse.

Aktuell ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund neuer mathematischer Berechnungen der Nachweis der Dop­pelversteuerung einfacher möglich sein soll. Hierzu ist ein Musterverfahren vor dem Finanzgericht Saarland anhängig.

Es ist daher zu prüfen, ob unter Hinweis auf das anhängige Verfahren Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens für die betroffenen Fälle beantragt werden soll.

 

Quelle: Informationsbrief Mai 2020 Erich Fleischer Verlag