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Informationsbrief August 2018

1 Gehaltsverzicht  im  Zusammenhang  mit  vorzeitigem  Ruhestand  kein  sofort  zufließender  Arbeitslohn

Grundsätzlich werden Einnahmen dann für Zwecke der Besteuerung erfasst, wenn sie dem Bezieher zuge­flossen sind. Laufender Arbeitslohn gilt regelmäßig in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohn­zahlungszeitraum (in der Regel der Monat) endet. Voraussetzung für die Besteuerung ist allerdings, dass der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zugeflossen ist und er wirtschaftlich darüber verfügen kann. Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass dem Arbeitnehmer künftig fällig werdender Arbeitslohn nicht sofort ausbezahlt, sondern einem Wertguthaben- bzw. Arbeitszeitkonto zugeführt wird, aus dem Vergütungen in einer späteren Freistellungsphase aufgebracht werden sollen, führt dies regelmäßig nicht zu einem (sofort steuerpflichtigen) Zufluss. Erst die spätere Auszahlung des Guthabens während der Freistel­lung löst den Zufluss von Arbeitslohn und damit eine Besteuerung aus.

Der Bundesfinanzhof hat jetzt entschieden, dass dies ebenso gilt, wenn ein (Fremd-)Geschäftsführer auf die Auszahlung laufender Bezüge verzichtet (im Streitfall 6.000 Euro je Monat) und der Arbeitgeber (GmbH) aus diesem Gehaltsverzicht die künftigen Lohnzahlungen während einer späteren Freistellungsphase zum Zwecke des vorzeitigen Ruhestands des Geschäftsführers finanziert.

Nach Auffassung des Gerichts stellen die Zuführungen zum Zeitwertkonto keinen gegenwärtig zufließenden Arbeitslohn dar. Der Arbeitnehmer hatte weder ein Recht, eine Auszahlung des Wertguthabenkontos zu ver­langen, noch konnte er über die Gutschriften in anderer Weise verfügen.

Ausdrücklich weist der Bundesfinanzhof darauf hin, dass die (günstige) steuerliche Behandlung entspre­chender Zeitwertmodelle – entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis – nicht nur für „normale“ Arbeit­nehmer, sondern auch für Fremd-Geschäftsführer einer GmbH gilt.

Zu beachten ist dagegen, dass bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft davon ausge­gangen wird, dass sie bereits bei Fälligkeit der Vergütung über diese verfügen können und ihnen damit ent­sprechende Einnahmen zugeflossen sind.

 

2  „Spekulationssteuer“  auch  auf  häusliches  Arbeitszimmer?

Private Grundstücke, Gebäude, Wohnungen etc., die gebaut bzw. erworben und danach innerhalb von 10 Jahren veräußert werden, unterliegen grundsätzlich einer Besteuerungsregelung: Dabei entstehende Gewinne sind als privates Veräußerungsgeschäft einkommensteuerpflichtig; entsprechende Verluste dürfen mit gleichartigen Gewinnen im selben Jahr bzw. mit Gewinnen im vorangegangenen Jahr oder in den fol­genden Jahren verrechnet werden.

Eine Ausnahme gilt regelmäßig für Objekte, die eine gewisse Zeit vor dem Verkauf selbst zu eigenen Wohn­zwecken genutzt wurden.

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung hat jetzt das Finanzgericht Köln entschieden, dass die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers in einer ansonsten zu eigenen Wohnzwecken genutzten – und damit insoweit steuerfreien – Wohnung keine anteilige „Spekulationssteuer“ auslöst. Nach Auffassung des Gerichts stellt das häusliche Arbeitszimmer kein selbständiges Wirtschaftsgut dar, weil es in den privaten Wohnbereich integriert und nicht unabhängig von den anderen Teilen der Wohnung veräußerbar ist. Dem­zufolge blieb im Streitfall der Gewinn aus dem Verkauf einer Eigentumswohnung einschließlich eines darin enthaltenen beruflich genutzten Arbeitszimmers in vollem Umfang steuerfrei.

Da gegen das Urteil Revision eingelegt wurde, bleibt die Entscheidung des Bundesfinanzhofs in dieser Frage abzuwarten.

 

3  Angabe  des  Leistungszeitpunkts  in  einer  Rechnung

In § 14 Abs. 4 UStG ist gesetzlich vorgeschrieben, welche Angaben eine ausgestellte Rechnung zwingend ent­halten muss. So ist z. B. neben der fortlaufenden Rechnungsnummer und dem Ausstellungsdatum auch der Zeitpunkt anzugeben, in dem die zugrunde liegende Lieferung oder sonstige Leistung erbracht wurde; dabei reicht als Zeitpunkt die Angabe des Kalendermonats aus, in dem die Leistung erfolgt ist (siehe hierzu § 31 UStDV). Die formalen Vorschriften zur Rechnungsausstellung sind zwar vom Erbringer der Leistung zu be­achten, Konsequenzen aus der Nichtbeachtung ergeben sich jedoch beim Leistungsempfänger: Unvollständi­ge Rechnungen ermöglichen keine Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 UStG); sie können jedoch durch den Aussteller ergänzt bzw. berichtigt werden. Bei Empfang einer Rechnung ist stets darauf zu achten, dass alle für den Vorsteuerabzug erforderlichen Angaben enthalten sind.

Zukünftig kann hier hinsichtlich der Angabe des Leistungszeitpunkts etwas großzügiger verfahren werden. Der Bundesfinanzhof hat nämlich entschieden, dass auf die Angabe verzichtet werden kann, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat des Ausstellungs- und damit des Rechnungsdatums erbracht wurde. Das ist z. B. der Fall, wenn die Rechnung branchenüblich immer im Zusammenhang mit der Leistungserbringung ausgestellt wird.

 

4  Aussetzung  der  Vollziehung  bei  Verzinsung  von  Steuernachzahlungen:  Anwendung  durch  die  Finanzverwaltung

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist die derzeitige gesetzliche Regelung, Steuererstattungen und Nach­zahlungen mit 0,5 % pro Monat zu verzinsen, zumindest ab dem Jahr 2015 nicht verfassungskonform. Das Gericht hatte einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines entsprechenden Zinsbescheides statt­gegeben. Die Finanzverwaltung will das Urteil für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015 grundsätz­lich in allen Fällen anwenden, in denen der Zinsschuldner gegen die Zinsfestsetzung Einspruch einlegt und die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Entsprechende Zinsfestsetzungen sollten daher angefochten und Aussetzung der Vollziehung beantragt werden.

Die Finanzverwaltung weist aber auch ausdrücklich darauf hin, dass diese Regelung nicht dahingehend zu verstehen sein soll, dass die Verwaltung die Verfassungsmäßigkeit der Verzinsung bezweifelt.

 

5  Steuerliche  Entlastung  für  Familien  ab  2019  geplant

Die Bundesregierung hat ein neues Familienentlastungsgesetz vorgelegt, das stufenweise ab dem Jahr 2019 Verbesserungen insbesondere beim Kindergeld und Kinderfreibetrag sowie beim Grundfreibetrag vorsieht. Flankiert werden diese Maßnahmen durch tarifliche Entlastungen zum Ausgleich der „kalten Progression“. Ein Abbau des Solidaritätszuschlags ist in dem Gesetzentwurf nicht enthalten. Der folgenden Übersicht können die wichtigsten Änderungen entnommen werden:

 

  aktuell ab 01.07.2019 ab 2019 ab 2020
Kindergeld        
1. und 2. Kind jeweils 194 € 204 €    
für das 3. Kind 200 € 210 €    
ab dem 4. Kind jeweils 225 € 235 €    
Kinderfreibeträge 7.428 €  –  7.620 € 7.812 €
Grundfreibetrag 9.000 € 9.168 € 9.408 €
Unterhaltshöchstbetrag (§ 33a Abs. 1 EStG) 9.000 € 9.168 € 9.408 €

 

Ein Ehepaar mit 2 Kindern und einem Einkommen von 100.000 Euro hätte dann im Jahr 2019 eine steuer­liche Entlastung gegenüber 2018 von 356 Euro und im Jahr 2020 von weiteren 388 Euro.

 

6  Baukostenzuschuss  für  öffentliche  Sammelnetze:  Keine  Steuerermäßigung

Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisie­rungsmaßnahmen kommt eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 % der Aufwendungen, höchstens jedoch 1.200 Euro pro Jahr, in Betracht. Auch Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem – beispielsweise öffentlichem – Grund erbracht werden, können begünstigt sein, wenn die Arbeiten in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Die Finanzverwaltung sieht bisher Maßnahmen, die von der öffentlichen Hand oder einem von ihr beauftragten Dritten erbracht werden, nicht als begünstigt an.

Der Bundesfinanzhof hat in einem früheren Urteil die Kosten für den Anschluss an das öffentliche Versor­gungsnetz als begünstigte Handwerkerleistung angesehen und die Aufwendungen für die Herstellung des Hausanschlusses anerkannt.

In einer aktuellen Entscheidung sah das Gericht den räumlich funktionalen Zusammenhang zum Haushalt nicht mehr als gegeben an, wenn für die Neuverlegung einer Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes ein Baukostenzuschuss erhoben wird; eine Steuerermäßigung kommt daher insoweit nicht in Betracht. Das Gericht führte dazu aus, dass die Herstellung des eigentlichen (begüns­tigten) Grundstücksanschlusses an der Abzweigstelle der Sammelleitung beginnt und an der Grundstücks­grenze endet.

Entsprechend nimmt das Finanzgericht Berlin-Brandenburg für Verkehrsanbindungen an, dass lediglich die Grundstückszufahrten ab der Abzweigung von der eigentlichen Straße begünstigt sind. Straßenausbau­beiträge seien nicht zu berücksichtigen, da die öffentliche Straße nicht haushaltsbezogen ist.

 

7  Überlassung  eines  PKW  an  geringfügig  beschäftigten  Ehepartner  zulässig?

Für ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis (Minijob) gelten besondere Regelungen: Übersteigt der Arbeits­lohn regelmäßig nicht 450 Euro im Monat, kommt für Zwecke der Lohnsteuer ein Pauschsteuersatz in Höhe von 2 % des Arbeitsentgelts in Betracht; bei der Sozialversicherung gelten z. T. besondere Beitrags­sätze.

Grundsätzlich kann im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses dem Arbeitnehmer auch ein Dienst-PKW für die private Nutzung überlassen werden, die nach der 1 %-Regelung besteuert wird. Das Finanzgericht Köln hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Kombination beider Regelungen (geringfügige Beschäftigung und 1 %-Regelung) auch zulässig ist, wenn es sich um ein Ehegatten-Arbeits­verhältnis handelt. In einem Streitfall wurde der geldwerte Vorteil aus der Privatnutzung des PKW auf das Entgelt aus der geringfügigen Beschäftigung angerechnet, wobei letztlich nur noch ein Arbeitslohn von 15 Euro monatlich ausgezahlt wurde. Das Gericht entschied, dass diese Vereinbarung einem Fremdvergleich standhält und damit das Ehegatten-Arbeitsverhältnis anzuerkennen ist. In die Beurteilung sind auch der Umfang der tatsächlichen betrieblichen Nutzung z. B. für Botenfahrten und die Wertigkeit des Fahrzeugs mit einzubeziehen. Der Arbeitgeber konnte daher die Aufwendungen für den PKW und den Arbeitslohn seines Ehegatten als Betriebsausgaben berücksichtigen.

Auch der Umstand, dass dem Ehegatten im Rahmen des Minijobs eine freie und unbegrenzte private Nut­zung ohne Kostenbeteiligung ermöglicht wurde, spielte für das Gericht keine Rolle. Dies sei auch deshalb nicht unangemessen, weil der nach der 1 %-Regelung ermittelte Lohnanteil unabhängig von der Höhe der privat gefahrenen Kilometer sei. Allerdings – so räumt das Gericht aber auch ein – bestehe kein allgemeiner Erfahrungssatz, in welchen Fällen die Überlassung eines PKW im Rahmen eines geringfügigen Beschäfti­gungsverhältnisses nicht (mehr) üblich sei.

Da in beiden Fällen Revision gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts Köln eingelegt worden ist, bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof diese Frage entscheiden wird.

 

8  Geplante  Änderungen  im  Zusammenhang  mit  den  Beiträgen  zur  Sozialversicherung

Die Bundesregierung plant u. a. Beitragssenkungen im Bereich der Krankenversicherung und Beitragssatz­änderungen bei der Pflege- und Arbeitslosenversicherung ab 2019. Im Einzelnen ist Folgendes vorgesehen:

 

  Beitragssatz Anteil
  bisher   ab 2019 Arbeitgeber   Arbeitnehmer
Gesetzliche Krankenversicherung            
• allgemeiner Beitragssatz unverändert 14,6 %      jeweils 50 %
• Zusatzbeitrag kassenindividuell bisher: –   100%
        ab 2019: 50%   50%
Pflegeversicherung 2,55%   2,85% grds. jeweils 50 %
Arbeitslosenversicherung 3,00%   2,70%      jeweils 50 %

 

9  Kleinunternehmerregelung  bei  Gebrauchtwarenhändlern

Nach der sog. Kleinunternehmerregelung wird die für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Um­satzsteuer von inländischen Unternehmern nicht erhoben, wenn deren „Gesamtumsatz“ (einschließlich Umsatzsteuer) im vorangegangenen Kalenderjahr höchstens 17.500 Euro betragen hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen wird. Der Gesamtumsatz wird nach verein­nahmten Entgelten bemessen, jedoch ohne bestimmte steuerfreie Umsätze und Erlöse aus dem Verkauf von Anlagevermögen.

Wie bei Gebrauchtwarenhändlern zu verfahren ist, die von der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG Ge­brauch machen, ist unklar. Bei dieser Besteuerungsform wird die geschuldete Umsatzsteuer grundsätzlich nach der Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis (sog. Marge) bemessen und nicht nach den insgesamt vereinnahmten Entgelten. Die Prüfung, ob ein Gebrauchtwarenhändler die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen kann, erfolgt bisher jedoch anhand der vereinnahmten Entgelte. Nach Auffassung des Bun­desfinanzhofs sieht das höherrangige EU-Recht dagegen vor, dass bei Gebrauchtwarenhändlern die Prüfung der Kleinunternehmergrenzen anhand der – gegenüber den vereinnahmten Entgelten deutlich geringeren – Margen erfolgen soll. Das Gericht hat die Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung vorgelegt.

 

Quelle: Informationsbrief August 2018 Erich Fleischer Verlag