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Informationsbrief Juli 2017

1 Grenze  für  die  „Sofortabschreibung“  von  geringwertigen  Wirtschaftsgütern  wird  angehoben

Nach derzeitigem Recht können Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten von abnutzbaren beweglichen Wirt­schaftsgütern (wie z. B. Büromöbel, Schreibtische, Lampen, Computer) im Jahr des Erwerbs in voller Höhe als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn die Anschaffungs-/Herstellungs­kosten 410 Euro je Wirtschaftsgut nicht übersteigen (sog. geringwertige Wirtschaftsgüter); maßgebend ist der reine Warenpreis ohne Vorsteuerbeträge.

Bei Überschreiten der Grenze können die Wirtschaftsgüter regelmäßig nur über die (mehrjährige) Nutzungs­dauer verteilt abgeschrieben werden.

Im Rahmen einer Gesetzesänderung wird die Grenze für die Behandlung als geringwertiges Wirtschaftsgut von 410 Euro auf 800 Euro angehoben. Dies gilt erstmals für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31. Dezember 2017 angeschafft (hergestellt) werden. Bei einer Bestellung ist maßgebend, wann das Wirtschaftsgut geliefert wird.

Eine weitere Änderung ergibt sich, soweit die für Gewinneinkünfte alternative sog. Sammelposten-Regelung angewendet wird. Nach dieser Vorschrift können Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs-/Herstellungskosten bis zu 1.000 Euro in einen mit 20 % jährlich abzuschreibenden Sammelposten eingestellt werden. Bei Inan­spruchnahme dieser Methode können derzeit Wirtschaftsgüter bis 150 Euro sofort abgeschrieben werden; dieser Betrag wird bei ab 2018 angeschafften Wirtschaftsgütern auf 250 Euro erhöht.

 

2  Zweites  Bürokratieentlastungsgesetz  beschlossen

Im Rahmen eines Zweiten Bürokratieentlastungsgesetzes werden u. a. folgende (steuerliche) Regelungen geändert:

  • Ergänzend zur Anhebung der Grenze für die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschafts­gütern werden die entsprechenden steuerlichen Aufzeichnungspflichten vereinfacht: Die Aufnahme in ein gesondertes Verzeichnis braucht für ab 2018 angeschaffte bzw. hergestellte Wirtschaftsgüter nicht mehr zu erfolgen, wenn deren Wert 250 Euro (bisher 150 Euro) nicht übersteigt.
  • Die umsatzsteuerliche Grenze für sog. Kleinbetragsrechnungen, wonach reduzierte Pflichtangaben dennoch zum Vorsteuerabzug berechtigen, wird von 150 Euro mit Wirkung ab 1. Januar 2017 auf 250 Euro angehoben.
  • Lohnsteuer-Anmeldungen brauchen künftig nur vierteljährlich abgegeben zu werden, wenn die abzu­führende Lohnsteuer im Vorjahr nicht mehr als 5.000 Euro (bisher 4.000 Euro) betragen hat. Die Grenze für die jährliche Abgabe von 1.080 Euro bleibt unverändert.
  • Lieferscheine, die keine Buchungsbelege sind, unterliegen grundsätzlich rückwirkend nicht mehr der Aufbewahrungspflicht.
  • Die Möglichkeit, Sozialversicherungsbeiträge, deren tatsächlicher Wert für den laufenden Monat noch nicht bekannt ist, auf Grundlage des tatsächlichen Werts des Vormonats zu zahlen, wird gesetzlich geregelt.

 

3  Aufwendungen  für  die  Erneuerung  einer  Einbauküche  in  einer  vermieteten  Wohnung

Der Bundesfinanzhof hatte entschieden, dass Aufwendungen für die Erneuerung einer Einbauküche in einer vermieteten Immobilie – auch soweit Spüle und Herd betroffen sind – nicht sofort als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden können. Die Einbauküche ist vielmehr als eigenständiges und einheitliches Wirtschaftsgut zu beurteilen und über eine 10-jährige Nut­zungsdauer verteilt abzuschreiben.

Die Finanzverwaltung will diese neue Rechtsprechung grundsätzlich in allen offenen Fällen anwenden. Für „Erstveranlagungen“ bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2016 lässt es die Finanzverwaltung auf Antrag zu, wenn bei der vollständigen Erneuerung einer Einbauküche nach der bisherigen Rechtsauffassung verfahren wird, wonach die Spüle und ggf. der Herd als Bestandteile des Gebäudes beurteilt und der Ersatz anteilig als sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen behandelt werden können.

 

4  Verlustabzugsverbot  bei  Kapitalgesellschaften  bis  2015  verfassungswidrig

Verlustvorträge einer Kapitalgesellschaft können dann verloren gehen, wenn Gesellschaftsanteile von einem Dritten erworben werden. Werden innerhalb von 5 Jahren mehr als 50 % der Kapitalanteile auf den Erwer­ber übertragen, entfällt der Verlustabzug vollständig; bei einem Anteilserwerb von mehr als 25 % wird der Verlustabzug der Gesellschaft anteilig gekürzt (vgl. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG).

Diese Regelung ist jetzt vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden. Nach Auf­fassung des Gerichts besteht für die Ungleichbehandlung von Kapitalgesellschaften (mit oder ohne „schäd­lichem“ Beteiligungserwerb) kein sachlicher Grund; die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft ändere sich nicht durch eine bloße Anteilsübertragung. Auch die Gefahr vermeintlicher missbräuchlicher Gestaltungen („Mantelkauf“) sei eher abstrakt und rechtfertige keine derart willkürliche Regelung.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgefordert, die verfassungswidrige Vorschrift bis zum 31. Dezember 2018 rückwirkend für die Zeit vom Inkrafttreten der Regelung am 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2015 zu beseitigen. Kommt der Gesetzgeber dieser Verpflichtung innerhalb dieser Frist nicht nach, wird die Vorschrift des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG rückwirkend für nichtig erklärt.

Ausdrücklich offengelassen hat das Gericht die Frage, ob diese Beurteilung durch den seit 2016 geltenden § 8d KStG (Verlustvortrag bei Fortführung des Betriebs) beeinflusst wird.

 

5  Grunderwerbsteuer:  Nachträgliche  Bebauung  eines  erworbenen  Grundstücks

Der Erwerb eines Grundstücks unterliegt regelmäßig der Grunderwerbsteuer mit je nach Bundesland unterschiedlichen Steuersätzen in Höhe von 3,5 % bis 6,5 % des Kaufpreises. Wird im Zusammenhang mit dem Erwerb eines unbebauten Grundstücks ein Vertrag über die Errichtung eines Gebäudes abgeschlossen, prüft die Finanzverwaltung ggf., ob ein sog. einheitlicher Erwerbsgegenstand vorliegt und damit auch die Bauerrichtungskosten der Grunderwerbsteuer unterliegen.

Dies kann der Fall sein, wenn beide Verträge – Kaufvertrag und Bauerrichtungsvertrag – in einem recht­lichen oder sachlichen Zusammenhang stehen. Dieser liegt z. B. vor, wenn der Erwerber des Grundstücks in seiner Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung nicht mehr frei ist, etwa durch vertragliche Regelungen oder faktische Zwänge (z. B. wenn der Verkäufer gleichzeitig der Bauunternehmer ist).

 

Beispiel:

Der Käufer K erwirbt das Grundstück von der Baugesellschaft X. Der Grundstückskaufvertrag enthält eine Verpflichtung, das Grund­stück innerhalb von 2 Jahren auf Grundlage der dem Vertrag beigefügten Zeichnungen des Architekten A zu bebauen. K beauftragt die Baugesellschaft X mit der Bauausführung.

Liegen die Voraussetzungen für einen einheitlichen Erwerbsgegenstand vor, wird regelmäßig das bebaute Grundstück für die Besteuerung herangezogen, selbst wenn das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags noch unbebaut ist bzw. war.

In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof jetzt zur Frage Stellung genommen, wie zu verfahren ist, wenn ein längerer Zeitraum (im Streitfall mehrere Monate) zwischen Grundstückserwerb und Bau­errichtungsvertrag liegt und im Nachhinein ein sog. einheitlicher Erwerbsgegenstand angenommen wird. Danach wird das erworbene Grundstück erst dann im bebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs, wenn auch der Bauerrichtungsvertrag geschlossen wird. Das bedeutet, dass die spätere Bebauung als „nachträgliches Ereignis“ angesehen wird; damit können auch bereits bestandskräftige Grunderwerbsteuer-Festsetzungen regelmäßig rückwirkend geändert werden.

 

6  Häusliches  Arbeitszimmer  bei  Selbständigen:  Verfügbarkeit  eines  „anderen“  Arbeitsplatzes

Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer können von Selbständigen nur dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn kein anderer betrieblicher Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Ein anderer Arbeitsplatz ist nur dann verfügbar, wenn er die entsprechende Ausstattung aufweist und der Selbständige ihn in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise zumutbar nutzen kann.

Ein Finanzgericht hatte das häusliche Arbeitszimmer eines selbständigen Logopäden anerkannt. Im Streitfall standen zwar vier Praxisräume zur Verfügung, die aber ausschließlich von den vier Angestellten für Therapiezwecke genutzt wurden.

Inzwischen hat der Bundesfinanzhof die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt. Die (Therapie-)Räume des Logopäden standen nur in den Abendstunden und am Wochenende zur Verfügung und waren wegen ihrer besonderen Ausstattung für die umfangreiche Verwaltungstätigkeit nur eingeschränkt nutzbar. Es sei im Streitfall auch nicht zumutbar gewesen, einen weiteren Arbeitsplatz oder einen Raum zur ausschließ­lichen Nutzung für Büro- und Verwaltungstätigkeiten zu Lasten von Behandlungsmöglichkeiten einzurichten; für das häusliche Arbeitszimmer wurde daher ein Betriebsausgabenabzug von 1.250 Euro (Höchstbetrag) anerkannt.

 

7  Private  Veräußerungsgeschäfte  mit  Ferienwohnungen

Private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken unterliegen nur dann der Einkommensteuer, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt (sog. Spekulations­geschäfte, vgl. § 23 EStG). Von der Besteuerung ausgenommen sind jedoch Objekte, die

–  im Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder

–  im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Unklar war bisher, wie bei Zweit- oder Ferienwohnungen die „Spekulationsgewinnbesteuerung“ durch Selbstnutzung ggf. vermieden werden kann.

Zu dieser Frage hat ein Finanzgericht eine sehr restriktive Auffassung vertreten. Danach ist eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei einer als Zweitwohnung genutzten Ferienwohnung nicht gegeben, wenn sie nicht aus beruflichen Gründen – z. B. bei doppelter Haushaltsführung – vorgehalten und genutzt wird, sondern im Wesentlichen für Erholungszwecke. Nach dieser Entscheidung wären Spekulationsgewinne mit Ferienwohnungen regelmäßig einkommensteuerpflichtig, wenn diese nur für Erholungszwecke selbst ge­nutzt wurden. Gegen das Urteil ist jedoch ein Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof anhängig, die Entscheidung bleibt abzuwarten.

 

8  Abzug  von  Beerdigungskosten  als  außergewöhnliche  Belastung

Aufwendungen für die Beerdigung eines nahen Angehörigen können als außergewöhnliche Belastung (§ 33 EStG) berücksichtigt werden, soweit sie nicht aus dem Nachlass bestritten werden können und auch nicht durch Ersatzleistungen, insbesondere von Sterbegeldversicherungen, gedeckt sind.

Die Finanzverwaltung hat die Regelungen zur steuerlichen Berücksichtigung von Beerdigungskosten zu­sammengefasst; danach sind nur die unmittelbar mit der Beerdigung im Zusammenhang stehenden Auf­wendungen begünstigt.

 

Abziehbare Beerdigungskosten  Nicht abziehbare Beerdigungskosten
Trauerfeier Bewirtung von Trauergästen
Trauerredner Trauerkleidung
Bestatterleistungen Reisekosten für die Teilnahme an der Bestattung
öffentliche Gebühren (z. B. für die Nutzung der Grabstätte)  
Überführung  
Sarg  
Blumenschmuck (weitere) Grabpflege und Bepflanzung
erstmalige Herrichtung des Grabes aufwendige Grabstätte
angemessenes Grabmal aufwendiges Grabmal

 

Generell können nur angemessene Aufwendungen berücksichtigt werden. Nach einer Finanzgerichts­entscheidung lag die Angemessenheitsgrenze für eine Beerdigung bei 7.500 Euro.

Von diesem Betrag sind noch etwaige Versicherungsleistungen usw. abzuziehen. Bei Sterbegeldversiche­rungen ist zu beachten, dass die Versicherungsleistung auch die sog. mittelbaren (nicht abziehbaren) Beerdi­gungskosten abdecken soll. Das bedeutet, dass die Leistungen aus der Sterbegeldversicherung nur anteilig auf die abziehbaren Beerdigungskosten angerechnet werden.

 

Beispiel:

Die Kosten für die Beerdigung eines nahen Angehörigen haben 5.000 € betragen; davon können 4.000 € als außergewöhnliche Be­lastung berücksichtigt werden, während Bewirtungskosten in Höhe von 1.000 € nicht abziehbar sind. Die Sterbegeldversicherung leistet 3.000 €.

Von den gesamten Beerdigungskosten von 5.000 € sind 4.000 € (= 80 %) begünstigt, die um 3.000 € x 80 % = 2.400 € zu kürzen sind. Die außergewöhnliche Belastung beträgt dann 4.000 € ./. 2.400 € = 1.600 € (vor Abzug der zumutbaren Belastung).

Bei der Ermittlung des „anrechenbaren“ Nachlasswerts bleiben Hausrat und Kleidung des Verstorbenen außer Ansatz; zuvor vom Verstorbenen erhaltene Schenkungen (z. B. ein Grundstück) werden

 

Quelle: Informationsbrief Juli 2017 Erich Fleischer Verlag