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Informationsbrief Juni 2017

1 Vermietungsabsicht  bei  einer  über  einen  längeren  Zeitraum  leer stehenden  sanierungsbedürftigen  Immobilie

Die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen als Werbungskosten im Zusammenhang mit der Ver­mietung eines Wohnobjekts setzt die Absicht des Eigentümers voraus, auf Dauer gesehen nachhaltig Über­schüsse zu erzielen.

Steht die Wohnung (zunächst) über einen längeren Zeitraum leer, z. B. weil umfangreiche Renovierungs­arbeiten oder Bau- bzw. Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen, erkennt die Finanzverwal­tung entsprechende Aufwendungen als Werbungskosten an, solange der Eigentümer der Wohnung den ursprünglichen Entschluss zur Einkunftserzielung nicht endgültig aufgegeben hat.

Der Bundesfinanzhof hat jetzt klargestellt, dass die grundsätzliche Absicht, Vermietungseinkünfte zu erzielen, dann in den Hintergrund tritt, wenn der Eigentümer „offenbar nicht in der Lage gewesen ist, eine Vermie­tung des Objekts zu erreichen“.

Im Streitfall sollte die Wohnung einer Gemeinschaftsanlage umfangreich saniert werden und konnte u. a. aufgrund finanzieller Schwierigkeiten innerhalb der Eigentümergemeinschaft mehr als 15 Jahre lang nicht fertiggestellt und vermietet werden. Obwohl die Vorinstanz den Eigentümern der betreffenden Wohnung das Bemühen um die Fertigstellung und Vermietung – z. B. auch durch Beteiligung an Sonderumlagen – nicht abgesprochen hatte, lehnte der Bundesfinanzhof eine Anerkennung der Aufwendungen ab. Nach Auf­fassung des Gerichts hatten die Eigentümer nicht die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, die Betriebs­bereitschaft und die Vermietung des Objekts zu erreichen. Aufgrund dieser objektiven Umstände konnte im vorliegenden Fall nicht von einer Einkunftserzielungsabsicht ausgegangen werden.

 

2  Außergewöhnliche  Belastungen:  Neue  Berechnung  der  zumutbaren  Belastung

Außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 EStG (z. B. Krankheitskosten) können nur insoweit steuer­mindernd abgezogen werden, als sie eine zumutbare Belastung übersteigen. Die zumutbare Belastung ist abhängig von der Einkommenshöhe und dem Familienstand und beträgt 1 % bis 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte (vgl. § 33 Abs. 3 EStG).

 

Beispiel:

Bei einem Ehepaar mit einem Kind beträgt die zumutbare Belastung bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte

 

bis 15.340 € 2 %
über 15.340 € bis 51.130 € 3 %
über 51.130 € 4 %

 

des Gesamtbetrags der Einkünfte.

Bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 60.000 € wurde für das Ehepaar bisher eine zumutbare Belastung von (60.000 € x 4 % =) 2.400 € ermittelt.

Nach neuester Auffassung des Bundesfinanzhofs ist die zumutbare Belastung jetzt stufenweise zu berech­nen, was für die Betroffenen regelmäßig zu einer größeren Steuerersparnis führt.

 

Beispiel:

Ehepaar mit einem Kind, Gesamtbetrag der Einkünfte 60.000 €:

 

bis 15.340 €: 15.340 € x 2 % 306,80 €
bis 51.130 €: (51.130 € / 15.340 €) x 3 % 1.073,70 €
bis 60.000 €: (60.000 € / 51.130 €) x 4 % 354,80 €
zumutbare Belastung 1.735,30 €

Das Ehepaar kann danach bis zu 664,70 € (2.400 € ./. 1.735,30 €) mehr als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abziehen.

Die neue Rechtsprechung führt dazu, dass die zumutbare Belastung im günstigsten Fall um 664,70 Euro niedriger ausfällt; das führt bei einem Einkommensteuersatz von z. B. 40 % zu einer Steuerersparnis von ca. 280 Euro (einschließlich Solidaritätszuschlag).

 

3  Aufbewahrungspflichten  für  elektronische  Kontoauszüge

Banken stellen Kontoauszüge als Alternative zur Papierform häufig auch in elektronischer Form zur Verfü­gung. Diese Kontoauszüge werden von der Finanzverwaltung regelmäßig anerkannt, und zwar unabhängig vom Datenformat. In Betracht kommen dabei sowohl Bildformate (tif, pdf) als auch maschinell auswertbare Formate (z. B. csv).

Hinsichtlich der Anerkennung von elektronischen Kontoauszügen orientiert sich die Finanzverwaltung an der Anerkennung von elektronischen Rechnungen. Danach ist es erforderlich,

  • den Kontoauszug bei Eingang auf seine Richtigkeit zu überprüfen und
  • die Prüfung zu dokumentieren und zu protokollieren.

Der elektronische Kontoauszug ist in dieser Form aufzubewahren; die Aufbewahrung eines Ausdrucks reicht nicht aus. Bei einer Betriebsprüfung sind diese elektronischen Belege ggf. dem Prüfer zur Verfügung zu stellen.

Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass die Aufbewahrungspflicht der elektronischen Kontoauszüge grundsätzlich nicht für den „Privatkundenbereich“ gilt, wenn also keine Buchführungs- und Aufzeichnungs­pflichten bestehen, insbesondere wenn keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit vorliegen.

 

4  Kosten  für  Einrichtungsgegenstände  bei  doppelter  Haushaltsführung

Aufwendungen für einen beruflich veranlassten doppelten Haushalt können als Werbungskosten bzw. Be­triebsausgaben abgezogen werden. Ein doppelter Haushalt in steuerlicher Hinsicht liegt insbesondere dann vor, wenn sich die Arbeitsstätte nicht am Wohnort befindet und am Beschäftigungsort eine weitere Woh­nung unterhalten wird.

Neben der Miete und den Nebenkosten können auch Kosten für Einrichtungsgegenstände der Wohnung am Beschäftigungsort (ggf. im Wege der Abschreibungen) berücksichtigt werden. Seit 2014 ist der Abzug von Kosten für „die Nutzung der Unterkunft“ am Beschäftigungsort allerdings auf 1.000 Euro monatlich be­schränkt (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 Satz 5 EStG). Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände in die 1.000 Euro-Grenze einzubeziehen sind.

 

Beispiel:

Im Zusammenhang mit dem Wechsel des Arbeitsplatzes wird ab 01.09.01 neben der Familienwohnung eine Wohnung am neuen Beschäftigungsort angemietet. Die monatliche Miete inkl. Nebenkosten beträgt 900 €. Für diverse Einrichtungsgegenstände (z. B. Möbel, Haushaltsartikel) sind im Jahr 01 3.000 € angefallen.

Obwohl insgesamt (Miete 900 € × 4 =) 3.600 € + 3.000 € = 6.600 € Aufwand entstanden ist, würde die Finanzverwaltung nur
(4 × 1.000 € =) 4.000 € berücksichtigen.

Ein Finanzgericht ist jedoch anderer Auffassung und berücksichtigt die Kosten für Einrichtungsgegen­stände neben dem Höchstbetrag für die Unterkunft, sodass im Beispiel der volle Aufwand abzugsfähig wäre. Gegen das Urteil wurde jedoch Revision eingelegt; die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist abzuwarten.

 

5  Erlass  von  Steuern  auf  Sanierungsgewinne  vorläufig

Der Bundesfinanzhof hatte entschieden, dass betriebliche Gewinne, die aufgrund eines Forderungsver­zichts durch Gläubiger zum Zweck der Sanierung des Schuldners entstehen, entgegen der bisherigen Praxis nicht generell von Ertragsteuern befreit werden dürfen.

Derzeit ist eine gesetzliche Regelung geplant, wonach Sanierungsgewinne (wieder) regelmäßig steuerfrei ge­stellt werden sollen. Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass bei Forderungsverzicht bzw. Schulden­erlass nach dem 8. Februar 2017 Steuerfestsetzungen, die eine entsprechende Steuerbefreiung oder eine Steuerstundung vorsehen, unter dem Vorbehalt des Widerrufs ergehen. Vom Widerruf der Steuerbefreiung soll ggf. unter Berücksichtigung einer neuen Befreiungsregelung Gebrauch gemacht werden.

 

6  Verlustverrechnung  bei  Einkünften  aus  Kapitalvermögen

Mit Einführung der Abgeltungsteuer ab 2009 werden auch Veräußerungsgewinne und -verluste in die Be­steuerung von Kapitalerträgen einbezogen. Ein Ausgleich von Verlusten aus Kapitalvermögen mit Über­schüssen aus anderen Einkunftsarten ist jedoch ausgeschlossen. Diese Verluste dürfen nur mit Überschüssen aus anderem Kapitalvermögen verrechnet oder zur Verrechnung in zukünftige Jahre vorgetragen werden; für Verluste aus Aktienveräußerungen ist sogar nur eine Verrechnung mit Überschüssen aus Aktienveräuße­rungen – bzw. ein entsprechender Vortrag – möglich.

Die Finanzverwaltung hatte bisher noch eine andere Einschränkung bei der Verlustverrechnung vorge­sehen. Hintergrund ist folgender:

Die meisten Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen der Abgeltungsteuer; sofern es günstiger ist, können diese Einkünfte in die Veranlagung einbezogen und mit dem persönlichen Steuersatz besteuert werden (sog. Günstigerprüfung). Für bestimmte Einkünfte besteht dieses Wahlrecht nicht; diese sind mit dem persön­lichen Steuersatz zu versteuern. Das sind z. B. Zinsen aus Darlehen zwischen Angehörigen. Die Finanzver­waltung hat die Verrechnung von solchen Zinsen mit z. B. Verlusten aus der Veräußerung von Wertpapieren bisher abgelehnt.

Dem hat der Bundesfinanzhof jetzt widersprochen. Wenn alle Einkünfte aus Kapitalvermögen im Rahmen der sog. Günstigerprüfung in die Veranlagung einbezogen werden, ist nach Auffassung des Gerichts insoweit eine Verrechnung von Überschüssen und Verlusten aus Kapitalvermögen möglich.

 

7  Private  Veräußerungsgeschäfte:  Verluste  bei  Ratenzahlung

Werden Grundstücke im Privatvermögen innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb veräußert, handelt es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft, dessen Gewinn oder Verlust einkommensteuerlich relevant ist; ausge­nommen davon sind insbesondere Häuser und Wohnungen, die (ausschließlich) zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Verluste aus steuerpflichtigen Veräußerungs­geschäften sind nur mit entsprechenden Gewinnen im gleichen oder im vorherigen Jahr ausgleichsfähig oder für folgende Jahre vor­tragsfähig (§ 23 Abs. 3 Sätze 7 und 8 EStG).

Bei einer Zahlung des Verkaufserlöses in Ratenbeträgen über mehrere Jahre ist die Frage von Bedeutung, wann der Gewinn oder Verlust steuerlich realisiert wird.

Der Bundesfinanzhof hat nun diese Frage für Verluste entschieden. Danach ist bei Ratenzahlungen über zwei oder mehrere Jahre der Verlust anteilig nach dem Verhältnis der Zahlungen zum Gesamterlös zu ver­teilen.

 

Beispiel:

S verkaufte zum 01.12.2016 ein unbebautes Grundstück für insgesamt 250.000 € (Anschaffungskosten: 300.000 €). Nach einer vorherigen Anzahlung durch den Käufer von 100.000 € im Jahr 2016 war der Restbetrag erst in 2017 fällig. In 2015 hatte S bereits einen Gewinn aus einem Grundstücksverkauf von 15.000 € erzielt.

Es handelt sich um ein privates Veräußerungsgeschäft. S entsteht insgesamt ein Verlust von 50.000 € (Verkaufspreis 250.000 €
./. Anschaffungskosten 300.000 €). Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist der Verlust anteilig mit 20.000 € (1. Rate 2016 100.000 € zu 250.000 € = 40 % von 50.000 €) dem Jahr 2016 zuzurechnen; die verbleibenden 30.000 € sind 2017 zu berück­sichtigen.

Von dem im Jahr 2016 entstandenen Verlust mindern 15.000 Euro den Gewinn im vorangegangenen Jahr 2015. Wäre der Veräußerungsverlust insgesamt erst in 2017 berücksichtigt worden, könnte der Verlust nur in den folgenden Jahren verrechnet werden.

 

8  Erstattung  von  Vorsteuerbeträgen  aus  sog.  Drittländern  (Nicht-EU-Staaten)

In Deutschland ansässige Unternehmer bzw. Unternehmen, die ausländische Leistungen in einem Nicht-EU-Staat bezogen und entsprechende Vorsteuerbeträge (z. B. anlässlich von Geschäftsreisen) entrichtet und selbst keine steuerpflichtigen Umsätze in dem jeweiligen Staat erbracht haben, können sich die ausländische Vor­steuer erstatten lassen. Eine Vergütung der Vorsteuer erfolgt jedoch nur in den Drittstaaten, zu denen bezüg­lich der Vorsteuererstattung eine sog. Gegenseitigkeit besteht.

Im Gegensatz zum elektronischen Verfahren bei der Erstattung von Vorsteuerbeträgen aus EU-Mitglied­staaten (über das BZStOnline-Portal) können Vergütungsanträge gegenüber Drittstaaten nur schriftlich und gesondert für jedes Land gestellt werden. Die Anträge können entweder direkt bei der ausländischen Erstattungsbehörde oder über die entsprechende ausländische Handelskammer eingereicht werden. Eine hierfür regelmäßig erforderliche Bestätigung der Unternehmereigenschaft stellt das zuständige Finanzamt aus; die Bescheinigung wird aber nur erteilt, wenn der Unternehmer vorsteuerabzugsberechtigt ist, also nicht, wenn er nur steuerfreie Umsätze ausführt oder Kleinunternehmer ist.

Vergütungsanträge sind spätestens bis zum 30. Juni des auf das Jahr der Ausstellung der Rechnung folgenden Kalenderjahres zu stellen. Beizufügen sind neben der Unternehmerbescheinigung Originalrechnungen bzw. Einfuhrbelege. Regelmäßig ausgeschlossen ist die Erstattung von Vorsteuerbeträgen, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Zu beachten ist, dass ggf. länderweise unterschiedliche Mindestvergütungsbeträge erreicht werden müssen.

 

Quelle: Informationsbrief Juni 2017 Erich Fleischer Verlag