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Informationsbrief Mai 2024

1 Prozesskosten  bei  nachehelichem  Unterhalt  keine  Werbungskosten

Unterhaltszahlungen an Kinder sind grundsätzlich durch das Kindergeld abgegolten; bei Unterhalt an andere unterhaltsberechtigte Personen wird der Höchstbetrag der abziehbaren Aufwendungen von derzeit 11.604 Euro um eigene Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängers gekürzt, soweit diese 624 Euro im Kalenderjahr übersteigen (vgl. § 33a Abs. 1 EStG).

Für Unterhalt an den geschiedenen oder getrennt lebenden Ehepartner gilt eine Sonderregelung durch das sog. Realsplitting (§ 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG). Danach können bis zu 13.805 Euro6 als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Der Empfänger der Zahlungen muss diese jedoch als sonstige Einkünfte versteuern (§ 22 Nr. 1a EStG). Daher ist der Abzug beim Leistenden auch von einer Zustimmung des Zahlungsempfängers abhängig.

Bei Streitigkeiten über die Höhe des Unterhalts fallen regelmäßig Anwalts- und ggf. Gerichtskosten an. Da der Unterhaltsempfänger diese Kosten bei Anwendung des Realsplittings letztlich aufwendet, um höhere steuerpflichtige Einnahmen zu erzielen, liegt der Gedanke nahe, dass die Anwalts- und Gerichtskosten als (vorweggenommene) Werbungskosten den steuerpflichtigen Unterhalt mindern. Der Bundesfinanzhof hat dies jedoch abgelehnt. Erst mit dem jedes Jahr vom Verpflichteten neu zu stellenden Antrag auf Sonderaus­gabenabzug werden die Unterhaltszahlungen beim Empfänger steuerpflichtig. Daher sei ein Zusammenhang der Aufwendungen mit zukünftigen Einnahmen im Zeitpunkt der Entstehung der Prozesskosten noch nicht gegeben und ein Werbungskostenabzug nicht möglich.

2 Vorsteuerabzug  aus  Heizungsanlage  bei  Wohnungsvermietung?

Die Vermietung von Wohnungen an Privatpersonen ist grundsätzlich umsatzsteuerfrei, die Lieferung von Strom, Gas und Wärme ist dagegen regelmäßig umsatzsteuerpflichtig. Tätigt der Vermieter (Unternehmer) derartige Lieferungen an seine Mieter neben der Wohnungsvermietung, hängt die umsatzsteuerliche Be­handlung der Energielieferung davon ab, ob die Lieferung als Nebenleistung zur Hauptleistung „Wohnungs­vermietung“ oder als selbständige Hauptleistung zusätzlich zur Vermietung anzusehen ist.

Die Finanzverwaltung behandelt insbesondere die Lieferung von Wärme, die Versorgung mit Wasser und die Lieferung von Strom durch den Vermieter als umsatzsteuerliche Nebenleistungen zur Vermietung, die dann zusammen mit der Vermietung grundsätzlich umsatzsteuerfrei sind. Das bedeutet, dass der Vermieter die ihm in diesem Zusammenhang in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

Der Bundesfinanzhof hat diese Auffassung in einem Fall bestätigt, in dem ein Vermieter die Versorgung mit Wärme und Warmwasser mit seinen Mietern als gesonderte Leistung umsatzsteuerpflichtig abrechnete, um die bei der Installation der neuen Heizungsanlage mit Warmwasseraufbereitung anfallende Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen zu können. Das Gericht behandelte die Lieferung von Wärme und Warm­wasser jedoch als unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung, sodass ein Vorsteuer­abzug für die neue Heizungsanlage ausschied.

Dagegen beurteilte das Niedersächsische Finanzgericht die Lieferung von selbst erzeugtem Photovoltaik­strom an die eigenen Mieter als umsatzsteuerpflichtige selbständige Hauptleistung – neben der umsatz­steuerfreien Wohnungsvermietung –, sodass der Vermieter insbesondere die bei der Anschaffung der Anlage zum damaligen Zeitpunkt noch angefallenen Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer geltend machen konnte. Wichtig war dabei, dass die Mieter die Stromlieferverträge unabhängig vom Mietvertrag kündigen und den Stromanbieter frei wählen konnten. Diese Möglichkeit hatten die Mieter im obigen „Heizungsfall“ nicht.

3  Pauschalierung  der  Einkommensteuer  nach  § 37b  EStG

Erhalten Geschäftspartner oder eigene Arbeitnehmer z. B. zur Pflege von Geschäftsbeziehungen, zur Verbesse­rung des Arbeitsklimas oder zur Belohnung für erbrachte Leistungen Sachzuwendungen, wie Einladungen zu sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen oder Sachgeschenke, sind diese grundsätzlich als steuer­pflichtige Einnahmen beim Zuwendungsempfänger zu versteuern. Die steuerliche Belastung der Zuwen­dungsempfänger widerspricht jedoch der Absicht des Zuwendenden.

  • 37b EStG gibt daher dem Zuwendenden die Möglichkeit zur Übernahme der pauschalen Versteuerung einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten, betrieblich veranlassten, nicht in Geld be­stehenden Zuwendungen, die an Geschäftspartner oder zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn an eigene Arbeitnehmer erbracht werden. Die Besteuerung erfolgt dann mit einem Pauschsteuersatz von 30 % der aufgewendeten Kosten inkl. Umsatzsteuer. Wird von der pauschalen Versteuerung Gebrauch gemacht, kann auf die Benennung der Empfänger und die individuelle steuerliche Erfassung des durch sie erlangten geldwerten Vorteils verzichtet werden.

Auch die unentgeltliche Zurverfügungstellung von Plätzen in einer VIP-Loge an Geschäftspartner und Arbeitnehmer ist eine Sachzuwendung, die nach § 37b EStG versteuert werden kann. Die Finanzverwaltung lässt aus Vereinfachungsgründen eine Aufteilung der Gesamtaufwendungen für eine Loge in 40 % Werbe­kostenanteil, 30 % Bewirtung und 30 % Geschenke zu. Macht der Zuwendende von der Regelung des § 37b EStG Gebrauch, sind 60 % (= Bewirtungs- und Geschenkeanteil) der Aufwendungen der pauschalen Versteuerung zu unterwerfen.

Umfasst der Nutzungsvertrag für die VIP-Loge jedoch keine Bewirtung, ist die Aufteilung in Werbeaufwand und Sachzuwendung (Ticketanteil) sachgerecht zu schätzen. Der Bundesfinanzhof hat hierzu jüngst ent­schieden, dass Gegenstand der Sachzuwendung die unentgeltliche Überlassung des einzelnen Logenplatzes ist und nicht – vergleichbar mit einer Weihnachtsfeier – der veranstaltungsbezogene Besuch der VIP-Loge als solcher. Bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Sachzuwendungen an Dritte sind Leerplätze daher nicht zu berücksichtigen. Auch die auf die zur Betreuung der Geschäftsfreunde teilnehmenden Arbeit­nehmer entfallenden Platzkosten stellen keine Zuwendung dar, da die Arbeitnehmer ganz überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse des Zuwendenden teilgenommen haben. Mangels Zuwendung eines Vorteils fallen diese Aufwendungen nicht in den Anwendungsbereich der Pauschalversteuerung nach § 37b EStG.

4  Private  Kapitalerträge  in  der  Einkommensteuer-Erklärung

Die Besteuerung von privaten Kapitalerträgen ist grundsätzlich durch einen Kapitalertragsteuerabzug in Höhe von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer abgegolten. Kapitalerträge müssen daher regelmäßig nicht in der Einkommensteuer-Erklärung angegeben werden.

Die Angabe von privaten Kapitalerträgen in der Steuererklärung kann aber zwingend erforderlich oder empfehlenswert sein; siehe dazu folgende Beispiele:

Die Angabe der Kapitalerträge ist erforderlich, wenn

  • für Kapitalerträge keine Kapitalertragsteuer einbehalten wurde (z. B. bei Darlehen an Angehörige, Gesellschafter-Darlehen,16 Steuererstattungszinsen nach § 233a AO, Zinsen von ausländischen Banken). Der Steuersatz für diese Erträge im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung entspricht dann regelmäßig dem Abgeltungsteuersatz von 25 % (vgl. § 32d EStG).
  • trotz Kirchensteuerpflicht keine Kirchensteuer von den Kapitalerträgen einbehalten wurde (z. B. wegen Abgabe eines Sperrvermerks). In diesem Fall reicht es aus, nur die darauf entfallende Kapitalertragsteuer anzugeben. Die Kirchensteuer wird dann im Rahmen der Veranlagung festgesetzt.

Eine Minderung der Abgeltungsteuer wegen Kirchensteuerpflicht15 kann in diesen Fällen nur erreicht werden, wenn die gesamten Kapitalerträge angegeben werden.

Die Angabe der Kapitalerträge ist sinnvoll, wenn

  • die Besteuerung von Gewinnausschüttungen aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von 60 % der Erträge mit dem persönlichen Steuersatz günstiger ist als der Kapitalertragsteuerabzug (sog. Teileinkünfteverfahren). Das Teileinkünfteverfahren kann auch dann vorteilhaft sein, wenn z. B. Zinsen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Kapitalanteils angefallen sind und (teilweise) als Werbungs­kosten berücksichtigt werden sollen.

   Ein entsprechender Antrag ist möglich bei einer Kapitalbeteiligung von mindestens 25 % oder bei mindes­tens 1 % und beruflicher Tätigkeit mit maßgeblichem unternehmerischen Einfluss auf die Gesellschaft.

  • die Besteuerung sämtlicher Kapitalerträge mit dem persönlichen Einkommensteuersatz günstiger ist als der 25 %ige Kapitalertragsteuerabzug (sog. Günstigerprüfung). Dies kann z. B. auch durch Berücksich­tigung von Verlusten aus anderen Einkunftsarten eintreten.
  • der Kapitalertragsteuerabzug zu hoch gewesen ist; das ist u. a. möglich, wenn kein Freistellungsauftrag erteilt wurde und deshalb der Sparer-Pauschbetrag von aktuell 1.000 Euro (Ehepartner: 2.000 Euro) nicht – oder nicht vollständig – berücksichtigt werden konnte.
  • (Veräußerungs-)Verluste aus Kapitalvermögen mit positiven Kapitaleinkünften verrechnet werden sollen.

Soweit z. B. Banken, Sparkassen oder Finanzdienstleister bei privaten Kapitalerträgen Steuerbescheinigun­gen teilweise nicht mehr automatisch ausstellen, sind diese ggf. anzufordern, wenn die Einbeziehung von Kapitalerträgen in die Einkommensteuer-Veranlagung beabsichtigt ist.

Für Verluste, die in einem Bankdepot angefallen sind und nicht in diesem Depot zur zukünftigen Verlust­verrechnung vorgetragen, sondern im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung mit anderen (Veräuße­rungs-)Gewinnen verrechnet werden sollen, ist eine entsprechende Bescheinigung der Bank erforderlich.

5  Vorsteueraufteilung  bei  gemischt  genutzten  Gebäuden

Bei Gebäuden, die sowohl für die Ausführung von umsatzsteuerpflichtigen (z. B. Nutzung als eigenes Laden­geschäft oder Vermietung an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer) als auch von umsatzsteuerfreien Umsätzen (z. B. Wohnungsvermietung) verwendet werden, sind die Vorsteuerbeträge den jeweiligen Umsät­zen zuzuordnen. Ist eine direkte Zuordnung nicht möglich (z. B. bei einer Dachreparatur), sind die Vorsteuer­beträge aufzuteilen. Das Gesetz sieht als Aufteilungsmaßstab das Verhältnis der jeweiligen Umsätze nur dann vor, „wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist“. Bei Gebäuden wird deshalb regel­mäßig der sog. Flächenschlüssel verwendet.

Aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hat die Finanzverwaltung den Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend modifiziert. Danach bleibt der „Flächenschlüssel“ die bevorzugte Vorsteuer-­Aufteilungsmethode bei Gebäuden. Wenn diese Methode nicht zu sachgerechten Ergebnissen führt, kommt ein Umsatzschlüssel als Alternative in Betracht. Dabei ist der „Gesamtumsatzschlüssel“ (Verhältnis der Netto­umsätze mit Vorsteuerabzugsberechtigung zu den gesamten Nettoumsätzen) nur anzuwenden, wenn kein präziserer Aufteilungsschlüssel wie z. B. ein objekt- oder abteilungsbezogener Umsatzschlüssel möglich ist.

Zu weiteren Details und zur Anwendung der Vorsteuer-Aufteilung in anderen Branchen siehe Abschn. 15.15 bis 15.17 UStAE.

6  Wachstumschancengesetz  verabschiedet

Der Bundesrat hat dem Entwurf eines Wachstumschancengesetzes in der Fassung des Vermittlungsaus­schusses zugestimmt. Im Folgenden die wichtigsten Änderungen, die überwiegend ab 2024 anzuwenden sind:

  • Anhebung der Grenzen für die Buchführungspflicht beim Umsatz von 600.000 Euro auf 800.000 Euro und beim Gewinn von 60.000 Euro auf 80.000 Euro
  • Anhebung der Betriebsausgaben-Abzugsgrenze für Geschenke an Geschäftsfreunde von 35 Euro auf 50 Euro
  • Befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung von beweglichen Wirtschaftsgütern (§ 7 Abs. 2 EStG) mit 20 % bzw. der doppelten linearen Abschreibung vom 01.04.2024 bis 31.12.2024
  • Befristete Einführung einer degressiven Abschreibung für neue Wohngebäude mit 5 % vom jeweiligen Restwert in der Zeit vom 01.10.2023 bis 30.09.2029 (Bauantrag bzw. Kaufvertrag; § 7 Abs. 5a EStG n. F.)
  • Verbesserung der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau nach § 7b EStG und Verlängerung des Anwendungszeitraums um 2 Jahre und 9 Monate
  • Anhebung der Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG von 20 % auf 40 % der Investitionskosten
  • Anhebung der Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte von 600 Euro auf 1.000 Euro
  • Anpassung der Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung: Anstieg des Besteuerungsanteils bzw. Kürzung des Versorgungsfreibetrags und des Altersentlastungsbetrags werden ab dem Jahr 2023 zeitlich gestreckt, sodass die vollständige Besteuerung von Renten nicht bereits 2040, sondern erst bei Renten­beginn ab 2058 erfolgt.
  • Der Sockelbetrag von 1 Mio. Euro bzw. 2 Mio. Euro beim Verlustabzug wird nicht angehoben; der abzieh­bare Anteil der übersteigenden Verluste steigt auf 4 Jahre befristet von 60 % auf 70 %.
  • Erhöhung der Grenze für die Befreiung von der Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 Euro auf 2.000 Euro erst ab 2025
  • Anhebung der Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung (Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten) von 600.000 Euro auf 800.000 Euro

Von den ursprünglich geplanten Änderungen sind u. a. folgende gestrichen worden:

  • Das geplante Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz
  • Anhebung der Grenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro
  • Anhebung der Reisekostenpauschalen für Verpflegungsmehraufwand auf 15 bzw. 30 Euro
  • Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen auf 150 Euro
  • Freigrenze für Vermietungseinnahmen von 1.000 Euro pro Jahr

Quelle: Informationsbrief Mai 2024 Erich Fleischer Verlag